Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 3. Leipzig, 1848.

Bild:
<< vorherige Seite

Marienbad zu einer jungen Dame gefaßt und die er
jetzt zu bekämpfen sucht, als Hauptursache seiner jetzigen
Krankheit zu betrachten ist.


Der erste Theil von Meyers Kunstgeschichte, der so
eben erschienen, scheint Goethe sehr angenehm zu be¬
schäftigen. Er sprach darüber heute in Ausdrücken des
höchsten Lobes.


Ich brachte Goethen einige Mineralien, besonders
ein Stück thonigen Oker, den Deschamps zu Cormayan
gefunden, und wovon Herr Massot viel Rühmens macht.
Wie sehr aber war Goethe erstaunt, als er in dieser
Farbe ganz dieselbige erkannte, die Angelika Kaufmann
zu den Fleischpartieen ihrer Gemälde zu benutzen pflegte!
"Sie schätzte das Wenige, das sie davon besaß, sagte
er, nach dem Gewicht des Goldes. Der Ort indeß, wo
es herstammte und wo es zu finden, war ihr unbekannt."
Goethe meinte gegen seine Tochter, ich behandele ihn
wie einen Sultan, dem man täglich neue Geschenke
bringe. Er behandelt Sie vielmehr wie ein Kind!
erwiederte Frau v. Goethe; worüber er sich denn nicht
enthalten konnte zu lächeln.


Marienbad zu einer jungen Dame gefaßt und die er
jetzt zu bekämpfen ſucht, als Haupturſache ſeiner jetzigen
Krankheit zu betrachten iſt.


Der erſte Theil von Meyers Kunſtgeſchichte, der ſo
eben erſchienen, ſcheint Goethe ſehr angenehm zu be¬
ſchäftigen. Er ſprach darüber heute in Ausdrücken des
höchſten Lobes.


Ich brachte Goethen einige Mineralien, beſonders
ein Stück thonigen Oker, den Deſchamps zu Cormayan
gefunden, und wovon Herr Maſſot viel Rühmens macht.
Wie ſehr aber war Goethe erſtaunt, als er in dieſer
Farbe ganz dieſelbige erkannte, die Angelika Kaufmann
zu den Fleiſchpartieen ihrer Gemälde zu benutzen pflegte!
„Sie ſchätzte das Wenige, das ſie davon beſaß, ſagte
er, nach dem Gewicht des Goldes. Der Ort indeß, wo
es herſtammte und wo es zu finden, war ihr unbekannt.“
Goethe meinte gegen ſeine Tochter, ich behandele ihn
wie einen Sultan, dem man täglich neue Geſchenke
bringe. Er behandelt Sie vielmehr wie ein Kind!
erwiederte Frau v. Goethe; worüber er ſich denn nicht
enthalten konnte zu lächeln.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="3">
        <div n="4">
          <p><pb facs="#f0045" n="23"/>
Marienbad zu einer jungen Dame gefaßt und die er<lb/>
jetzt zu bekämpfen &#x017F;ucht, als Hauptur&#x017F;ache &#x017F;einer jetzigen<lb/>
Krankheit zu betrachten i&#x017F;t.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        </div>
        <div n="4">
          <dateline rendition="#right">Freitag, den 28. November 1823*.<lb/></dateline>
          <p>Der er&#x017F;te Theil von Meyers Kun&#x017F;tge&#x017F;chichte, der &#x017F;o<lb/>
eben er&#x017F;chienen, &#x017F;cheint Goethe &#x017F;ehr angenehm zu be¬<lb/>
&#x017F;chäftigen. Er &#x017F;prach darüber heute in Ausdrücken des<lb/>
höch&#x017F;ten Lobes.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        </div>
        <div n="4">
          <dateline rendition="#right">Freitag, den 5. December 1823*.<lb/></dateline>
          <p>Ich brachte Goethen einige Mineralien, be&#x017F;onders<lb/>
ein Stück thonigen Oker, den De&#x017F;champs zu Cormayan<lb/>
gefunden, und wovon Herr Ma&#x017F;&#x017F;ot viel Rühmens macht.<lb/>
Wie &#x017F;ehr aber war Goethe er&#x017F;taunt, als er in die&#x017F;er<lb/>
Farbe ganz die&#x017F;elbige erkannte, die Angelika Kaufmann<lb/>
zu den Flei&#x017F;chpartieen ihrer Gemälde zu benutzen pflegte!<lb/>
&#x201E;Sie &#x017F;chätzte das Wenige, das &#x017F;ie davon be&#x017F;aß, &#x017F;agte<lb/>
er, nach dem Gewicht des Goldes. Der Ort indeß, wo<lb/>
es her&#x017F;tammte und wo es zu finden, war ihr unbekannt.&#x201C;<lb/>
Goethe meinte gegen &#x017F;eine Tochter, ich behandele ihn<lb/>
wie einen Sultan, dem man täglich neue Ge&#x017F;chenke<lb/>
bringe. Er behandelt Sie vielmehr wie ein Kind!<lb/>
erwiederte Frau v. Goethe; worüber er &#x017F;ich denn nicht<lb/>
enthalten konnte zu lächeln.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[23/0045] Marienbad zu einer jungen Dame gefaßt und die er jetzt zu bekämpfen ſucht, als Haupturſache ſeiner jetzigen Krankheit zu betrachten iſt. Freitag, den 28. November 1823*. Der erſte Theil von Meyers Kunſtgeſchichte, der ſo eben erſchienen, ſcheint Goethe ſehr angenehm zu be¬ ſchäftigen. Er ſprach darüber heute in Ausdrücken des höchſten Lobes. Freitag, den 5. December 1823*. Ich brachte Goethen einige Mineralien, beſonders ein Stück thonigen Oker, den Deſchamps zu Cormayan gefunden, und wovon Herr Maſſot viel Rühmens macht. Wie ſehr aber war Goethe erſtaunt, als er in dieſer Farbe ganz dieſelbige erkannte, die Angelika Kaufmann zu den Fleiſchpartieen ihrer Gemälde zu benutzen pflegte! „Sie ſchätzte das Wenige, das ſie davon beſaß, ſagte er, nach dem Gewicht des Goldes. Der Ort indeß, wo es herſtammte und wo es zu finden, war ihr unbekannt.“ Goethe meinte gegen ſeine Tochter, ich behandele ihn wie einen Sultan, dem man täglich neue Geſchenke bringe. Er behandelt Sie vielmehr wie ein Kind! erwiederte Frau v. Goethe; worüber er ſich denn nicht enthalten konnte zu lächeln.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe03_1848
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe03_1848/45
Zitationshilfe: Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 3. Leipzig, 1848, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe03_1848/45>, abgerufen am 21.11.2024.