Diesen Mittag ein halbes Stündchen bei Goethe. Ich hatte ihm die Nachricht zu bringen, daß die Frau Großherzogin beschlossen habe, der Direction des hie¬ sigen Theaters ein Geschenk von tausend Thalern zu¬ stellen zu lassen, um zur Ausbildung hoffnungsvoller junger Talente verwandt zu werden. Diese Nachricht machte Goethen, dem das fernere Gedeihen des Thea¬ ters am Herzen liegt, sichtbare Freude.
Sodann hatte ich einen Auftrag anderer Art mit ihm zu bereden. Es ist nämlich die Absicht der Frau Großherzogin, den jetzigen besten deutschen Schriftsteller, insofern er ohne Amt und Vermögen wäre und bloß von den Früchten seines Talentes leben müßte, nach Weimar berufen zu lassen und ihm hier eine sorgenfreie Lage zu bereiten, dergestalt, daß er die gehörige Muße fände, jedes seiner Werke zu möglichster Vollendung heranreifen zu lassen, und nicht in den traurigen Fall käme, aus Noth flüchtig und übereilt zu arbeiten, zum Nachtheil seines eigenen Talents und der Literatur.
"Die Intention der Frau Großherzogin, erwiederte Goethe, ist wahrhaft Fürstlich, und ich beuge mich vor ihrer edlen Gesinnung; allein es wird sehr schwer hal¬ ten, irgend eine passende Wahl zu treffen. Die vor¬ züglichsten unserer jetzigen Talente sind bereits durch Anstellung im Staatsdienst, Pensionen, oder eigenes Vermögen, in einer sorgenfreien Lage. Auch paßt nicht
Mittwoch, den 10. März 1831*.
Dieſen Mittag ein halbes Stündchen bei Goethe. Ich hatte ihm die Nachricht zu bringen, daß die Frau Großherzogin beſchloſſen habe, der Direction des hie¬ ſigen Theaters ein Geſchenk von tauſend Thalern zu¬ ſtellen zu laſſen, um zur Ausbildung hoffnungsvoller junger Talente verwandt zu werden. Dieſe Nachricht machte Goethen, dem das fernere Gedeihen des Thea¬ ters am Herzen liegt, ſichtbare Freude.
Sodann hatte ich einen Auftrag anderer Art mit ihm zu bereden. Es iſt nämlich die Abſicht der Frau Großherzogin, den jetzigen beſten deutſchen Schriftſteller, inſofern er ohne Amt und Vermögen wäre und bloß von den Früchten ſeines Talentes leben müßte, nach Weimar berufen zu laſſen und ihm hier eine ſorgenfreie Lage zu bereiten, dergeſtalt, daß er die gehörige Muße fände, jedes ſeiner Werke zu möglichſter Vollendung heranreifen zu laſſen, und nicht in den traurigen Fall käme, aus Noth flüchtig und übereilt zu arbeiten, zum Nachtheil ſeines eigenen Talents und der Literatur.
„Die Intention der Frau Großherzogin, erwiederte Goethe, iſt wahrhaft Fürſtlich, und ich beuge mich vor ihrer edlen Geſinnung; allein es wird ſehr ſchwer hal¬ ten, irgend eine paſſende Wahl zu treffen. Die vor¬ züglichſten unſerer jetzigen Talente ſind bereits durch Anſtellung im Staatsdienſt, Penſionen, oder eigenes Vermögen, in einer ſorgenfreien Lage. Auch paßt nicht
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Mittwoch, den 10. März 1831*.
Dieſen Mittag ein halbes Stündchen bei Goethe.
Ich hatte ihm die Nachricht zu bringen, daß die Frau
Großherzogin beſchloſſen habe, der Direction des hie¬
ſigen Theaters ein Geſchenk von tauſend Thalern zu¬
ſtellen zu laſſen, um zur Ausbildung hoffnungsvoller
junger Talente verwandt zu werden. Dieſe Nachricht
machte Goethen, dem das fernere Gedeihen des Thea¬
ters am Herzen liegt, ſichtbare Freude.
Sodann hatte ich einen Auftrag anderer Art mit
ihm zu bereden. Es iſt nämlich die Abſicht der Frau
Großherzogin, den jetzigen beſten deutſchen Schriftſteller,
inſofern er ohne Amt und Vermögen wäre und bloß
von den Früchten ſeines Talentes leben müßte, nach
Weimar berufen zu laſſen und ihm hier eine ſorgenfreie
Lage zu bereiten, dergeſtalt, daß er die gehörige Muße
fände, jedes ſeiner Werke zu möglichſter Vollendung
heranreifen zu laſſen, und nicht in den traurigen Fall
käme, aus Noth flüchtig und übereilt zu arbeiten, zum
Nachtheil ſeines eigenen Talents und der Literatur.
„Die Intention der Frau Großherzogin, erwiederte
Goethe, iſt wahrhaft Fürſtlich, und ich beuge mich vor
ihrer edlen Geſinnung; allein es wird ſehr ſchwer hal¬
ten, irgend eine paſſende Wahl zu treffen. Die vor¬
züglichſten unſerer jetzigen Talente ſind bereits durch
Anſtellung im Staatsdienſt, Penſionen, oder eigenes
Vermögen, in einer ſorgenfreien Lage. Auch paßt nicht
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Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 3. Leipzig, 1848, S. 349. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe03_1848/371>, abgerufen am 21.11.2024.
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