Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 2. Leipzig, 1836.Mittwoch den 25. Mai 1831. Wir sprachen über Wallensteins Lager. Ich hatte "Im Grunde, sagte er, ist alles Schillers eigene "Daß einzelne Stellen von mir herrühren, erinnere Ein Hauptmann, den ein andrer erstach, Ließ mir ein paar glückliche Würfel nach. Denn da ich gerne motivirt wissen wollte, wie der Mittwoch den 25. Mai 1831. Wir ſprachen uͤber Wallenſteins Lager. Ich hatte „Im Grunde, ſagte er, iſt alles Schillers eigene „Daß einzelne Stellen von mir herruͤhren, erinnere Ein Hauptmann, den ein andrer erſtach, Ließ mir ein paar gluͤckliche Wuͤrfel nach. Denn da ich gerne motivirt wiſſen wollte, wie der <TEI> <text> <body> <div n="3"> <div n="4"> <pb facs="#f0356" n="346"/> </div> <div n="4"> <dateline rendition="#right">Mittwoch den 25. Mai 1831.<lb/></dateline> <p>Wir ſprachen uͤber Wallenſteins Lager. Ich hatte<lb/> naͤmlich haͤufig erwaͤhnen hoͤren, daß <hi rendition="#g">Goethe</hi> an die¬<lb/> ſem Stuͤcke Theil gehabt, und daß beſonders die Capu¬<lb/> zinerpredigt von ihm herruͤhre. Ich fragte ihn deßhalb<lb/> heute bey Tiſch, und er gab mir folgende Antwort.</p><lb/> <p>„Im Grunde, ſagte er, iſt alles Schillers eigene<lb/> Arbeit. Da wir jedoch in ſo e<gap/>nem Verhaͤltniß mit<lb/> einander lebten, und Schiller mir nicht allein den<lb/> Plan mittheilte und mit mir durchſprach, ſondern auch<lb/> die Ausfuͤhrung, ſo wie ſie taͤglich heranwuchs, commu¬<lb/> nicirte und meine Bemerkungen hoͤrte und nutzte, ſo<lb/> mag ich auch wohl daran einigen Theil haben. Zu der<lb/> Capuziner-Predigt ſchickte ich ihm die Reden des <hi rendition="#g">Abra¬<lb/> ham a Sancta Clara</hi>, woraus er denn ſogleich jene<lb/> Predigt mit großem Geiſte zuſammenſtellte.“</p><lb/> <p xml:id="p-0356a" next="p-0356b">„Daß einzelne Stellen von mir herruͤhren, erinnere<lb/> ich mich kaum, außer jenen zwey Verſen:</p><lb/> <lg type="poem"> <l>Ein Hauptmann, den ein andrer erſtach,</l><lb/> <l>Ließ mir ein paar gluͤckliche Wuͤrfel nach.</l><lb/> </lg> <p xml:id="p-0356b" prev="p-0356a">Denn da ich gerne motivirt wiſſen wollte, wie der<lb/> Bauer zu den falſchen Wuͤrfeln gekommen, ſo ſchrieb<lb/> ich dieſe Verſe eigenhaͤndig in das Manuſcript hinein.<lb/> Schiller hatte daran nicht gedacht, ſondern in ſeiner kuͤh¬<lb/> nen Art dem Bauer geradezu die Wuͤrfel gegeben, ohne<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [346/0356]
Mittwoch den 25. Mai 1831.
Wir ſprachen uͤber Wallenſteins Lager. Ich hatte
naͤmlich haͤufig erwaͤhnen hoͤren, daß Goethe an die¬
ſem Stuͤcke Theil gehabt, und daß beſonders die Capu¬
zinerpredigt von ihm herruͤhre. Ich fragte ihn deßhalb
heute bey Tiſch, und er gab mir folgende Antwort.
„Im Grunde, ſagte er, iſt alles Schillers eigene
Arbeit. Da wir jedoch in ſo e_ nem Verhaͤltniß mit
einander lebten, und Schiller mir nicht allein den
Plan mittheilte und mit mir durchſprach, ſondern auch
die Ausfuͤhrung, ſo wie ſie taͤglich heranwuchs, commu¬
nicirte und meine Bemerkungen hoͤrte und nutzte, ſo
mag ich auch wohl daran einigen Theil haben. Zu der
Capuziner-Predigt ſchickte ich ihm die Reden des Abra¬
ham a Sancta Clara, woraus er denn ſogleich jene
Predigt mit großem Geiſte zuſammenſtellte.“
„Daß einzelne Stellen von mir herruͤhren, erinnere
ich mich kaum, außer jenen zwey Verſen:
Ein Hauptmann, den ein andrer erſtach,
Ließ mir ein paar gluͤckliche Wuͤrfel nach.
Denn da ich gerne motivirt wiſſen wollte, wie der
Bauer zu den falſchen Wuͤrfeln gekommen, ſo ſchrieb
ich dieſe Verſe eigenhaͤndig in das Manuſcript hinein.
Schiller hatte daran nicht gedacht, ſondern in ſeiner kuͤh¬
nen Art dem Bauer geradezu die Wuͤrfel gegeben, ohne
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