Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 2. Leipzig, 1836.

Bild:
<< vorherige Seite

Die baldige Herausgabe meiner Conversationen hatte
Goethe nicht gebilligt, und somit war denn an eine er¬
folgreiche Eröffnung einer rein literarischen Laufbahn
nicht mehr zu denken.

Sodann das Wiedersehen meiner seit Jahren innigst
Geliebten, und das täglich erneute Gefühl ihrer großen
Tugenden, erregten den Wunsch ihres baldigen Besitzes
und das Verlangen nach einer sichern Existenz auf das
lebhafteste.

Unter solchen Umständen erreichte mich eine Botschaft
aus Weimar, von der Frau Großherzogin befohlen,
die ich mit Freuden ergriff, wie aus folgendem Brief
an Goethe näher hervorgeht.


Der Mensch denkt und Gott lenkt, und ehe man
eine Hand umwendet, sind unsere Zustände und Wün¬
sche anders als wir es voraus dachten.

Vor einigen Wochen hatte ich eine gewisse Furcht,
nach Weimar zurückzukehren, und jetzt stehen die Sachen
so, daß ich nicht allein bald und gerne zurückkomme,
sondern auch mit Gedanken umgehe, mich dort häuslich
einzurichten und für immer zu befestigen.

Ich habe vor einigen Tagen ein Schreiben von

Die baldige Herausgabe meiner Converſationen hatte
Goethe nicht gebilligt, und ſomit war denn an eine er¬
folgreiche Eroͤffnung einer rein literariſchen Laufbahn
nicht mehr zu denken.

Sodann das Wiederſehen meiner ſeit Jahren innigſt
Geliebten, und das taͤglich erneute Gefuͤhl ihrer großen
Tugenden, erregten den Wunſch ihres baldigen Beſitzes
und das Verlangen nach einer ſichern Exiſtenz auf das
lebhafteſte.

Unter ſolchen Umſtaͤnden erreichte mich eine Botſchaft
aus Weimar, von der Frau Großherzogin befohlen,
die ich mit Freuden ergriff, wie aus folgendem Brief
an Goethe naͤher hervorgeht.


Der Menſch denkt und Gott lenkt, und ehe man
eine Hand umwendet, ſind unſere Zuſtaͤnde und Wuͤn¬
ſche anders als wir es voraus dachten.

Vor einigen Wochen hatte ich eine gewiſſe Furcht,
nach Weimar zuruͤckzukehren, und jetzt ſtehen die Sachen
ſo, daß ich nicht allein bald und gerne zuruͤckkomme,
ſondern auch mit Gedanken umgehe, mich dort haͤuslich
einzurichten und fuͤr immer zu befeſtigen.

Ich habe vor einigen Tagen ein Schreiben von

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="3">
        <div n="4">
          <div n="5">
            <pb facs="#f0254" n="244"/>
            <p>Die baldige Herausgabe meiner Conver&#x017F;ationen hatte<lb/>
Goethe nicht gebilligt, und &#x017F;omit war denn an eine er¬<lb/>
folgreiche Ero&#x0364;ffnung einer rein literari&#x017F;chen Laufbahn<lb/>
nicht mehr zu denken.</p><lb/>
            <p>Sodann das Wieder&#x017F;ehen meiner &#x017F;eit Jahren innig&#x017F;t<lb/>
Geliebten, und das ta&#x0364;glich erneute Gefu&#x0364;hl ihrer großen<lb/>
Tugenden, erregten den Wun&#x017F;ch ihres baldigen Be&#x017F;itzes<lb/>
und das Verlangen nach einer &#x017F;ichern Exi&#x017F;tenz auf das<lb/>
lebhafte&#x017F;te.</p><lb/>
            <p>Unter &#x017F;olchen Um&#x017F;ta&#x0364;nden erreichte mich eine Bot&#x017F;chaft<lb/>
aus Weimar, von der Frau <hi rendition="#g">Großherzogin</hi> befohlen,<lb/>
die ich mit Freuden ergriff, wie aus folgendem Brief<lb/>
an Goethe na&#x0364;her hervorgeht.</p><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          </div>
        </div>
        <div n="4">
          <dateline rendition="#right">Nordheim, den 6. November 1830.<lb/></dateline>
          <p>Der Men&#x017F;ch denkt und Gott lenkt, und ehe man<lb/>
eine Hand umwendet, &#x017F;ind un&#x017F;ere Zu&#x017F;ta&#x0364;nde und Wu&#x0364;<lb/>
&#x017F;che anders als wir es voraus dachten.</p><lb/>
          <p>Vor einigen Wochen hatte ich eine gewi&#x017F;&#x017F;e Furcht,<lb/>
nach Weimar zuru&#x0364;ckzukehren, und jetzt &#x017F;tehen die Sachen<lb/>
&#x017F;o, daß ich nicht allein bald und gerne zuru&#x0364;ckkomme,<lb/>
&#x017F;ondern auch mit Gedanken umgehe, mich dort ha&#x0364;uslich<lb/>
einzurichten und fu&#x0364;r immer zu befe&#x017F;tigen.</p><lb/>
          <p>Ich habe vor einigen Tagen ein Schreiben von<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[244/0254] Die baldige Herausgabe meiner Converſationen hatte Goethe nicht gebilligt, und ſomit war denn an eine er¬ folgreiche Eroͤffnung einer rein literariſchen Laufbahn nicht mehr zu denken. Sodann das Wiederſehen meiner ſeit Jahren innigſt Geliebten, und das taͤglich erneute Gefuͤhl ihrer großen Tugenden, erregten den Wunſch ihres baldigen Beſitzes und das Verlangen nach einer ſichern Exiſtenz auf das lebhafteſte. Unter ſolchen Umſtaͤnden erreichte mich eine Botſchaft aus Weimar, von der Frau Großherzogin befohlen, die ich mit Freuden ergriff, wie aus folgendem Brief an Goethe naͤher hervorgeht. Nordheim, den 6. November 1830. Der Menſch denkt und Gott lenkt, und ehe man eine Hand umwendet, ſind unſere Zuſtaͤnde und Wuͤn¬ ſche anders als wir es voraus dachten. Vor einigen Wochen hatte ich eine gewiſſe Furcht, nach Weimar zuruͤckzukehren, und jetzt ſtehen die Sachen ſo, daß ich nicht allein bald und gerne zuruͤckkomme, ſondern auch mit Gedanken umgehe, mich dort haͤuslich einzurichten und fuͤr immer zu befeſtigen. Ich habe vor einigen Tagen ein Schreiben von

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe02_1836
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe02_1836/254
Zitationshilfe: Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 2. Leipzig, 1836, S. 244. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe02_1836/254>, abgerufen am 22.12.2024.