die uns umgeben, haben auf uns ihren Einfluß; der Theelöffel geniert uns, wenn er von Gold ist, da er von Silber seyn sollte, und so, durch tausend Rücksich¬ ten paralysirt, kommen wir nicht dazu, was etwa Großes in unserer Natur seyn möchte, frey auszulassen. Wir sind die Sclaven der Gegenstände, und erscheinen ge¬ ringe oder bedeutend, je nachdem uns diese zusammen¬ ziehen oder zu freyer Ausdehnung Raum geben."
Goethe schwieg, das Gespräch mischte sich anders, ich aber bedachte diese merkwürdigen, auch mein eigenes Innere berührenden und aussprechenden Worte in mei¬ nem Herzen.
Mittwoch, den 1. October 1828.
Herr Hönninghausen aus Crefeld, Chef eines großen Handelshauses, zugleich Liebhaber der Naturwissenschaf¬ ten, besonders der Mineralogie, ein durch große Reisen und Studien vielseitig unterrichteter Mann, war heute bey Goethe zu Tisch. Er kam von der Versammlung der Naturforscher aus Berlin zurück, und es ward über dahinschlagende Dinge, besonders über mineralogische Gegenstände manches gesprochen.
Auch von den Vulkanisten war die Rede und von der Art und Weise, wie die Menschen über die Natur zu Ansichten und Hypothesen kommen; bey welcher Ge¬ legenheit denn großer Naturforscher und auch des
die uns umgeben, haben auf uns ihren Einfluß; der Theeloͤffel geniert uns, wenn er von Gold iſt, da er von Silber ſeyn ſollte, und ſo, durch tauſend Ruͤckſich¬ ten paralyſirt, kommen wir nicht dazu, was etwa Großes in unſerer Natur ſeyn moͤchte, frey auszulaſſen. Wir ſind die Sclaven der Gegenſtaͤnde, und erſcheinen ge¬ ringe oder bedeutend, je nachdem uns dieſe zuſammen¬ ziehen oder zu freyer Ausdehnung Raum geben.“
Goethe ſchwieg, das Geſpraͤch miſchte ſich anders, ich aber bedachte dieſe merkwuͤrdigen, auch mein eigenes Innere beruͤhrenden und ausſprechenden Worte in mei¬ nem Herzen.
Mittwoch, den 1. October 1828.
Herr Hoͤnninghauſen aus Crefeld, Chef eines großen Handelshauſes, zugleich Liebhaber der Naturwiſſenſchaf¬ ten, beſonders der Mineralogie, ein durch große Reiſen und Studien vielſeitig unterrichteter Mann, war heute bey Goethe zu Tiſch. Er kam von der Verſammlung der Naturforſcher aus Berlin zuruͤck, und es ward uͤber dahinſchlagende Dinge, beſonders uͤber mineralogiſche Gegenſtaͤnde manches geſprochen.
Auch von den Vulkaniſten war die Rede und von der Art und Weiſe, wie die Menſchen uͤber die Natur zu Anſichten und Hypotheſen kommen; bey welcher Ge¬ legenheit denn großer Naturforſcher und auch des
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die uns umgeben, haben auf uns ihren Einfluß; der
Theeloͤffel geniert uns, wenn er von Gold iſt, da er
von Silber ſeyn ſollte, und ſo, durch tauſend Ruͤckſich¬
ten paralyſirt, kommen wir nicht dazu, was etwa Großes
in unſerer Natur ſeyn moͤchte, frey auszulaſſen. Wir
ſind die Sclaven der Gegenſtaͤnde, und erſcheinen ge¬
ringe oder bedeutend, je nachdem uns dieſe zuſammen¬
ziehen oder zu freyer Ausdehnung Raum geben.“
Goethe ſchwieg, das Geſpraͤch miſchte ſich anders,
ich aber bedachte dieſe merkwuͤrdigen, auch mein eigenes
Innere beruͤhrenden und ausſprechenden Worte in mei¬
nem Herzen.
Mittwoch, den 1. October 1828.
Herr Hoͤnninghauſen aus Crefeld, Chef eines großen
Handelshauſes, zugleich Liebhaber der Naturwiſſenſchaf¬
ten, beſonders der Mineralogie, ein durch große Reiſen
und Studien vielſeitig unterrichteter Mann, war heute
bey Goethe zu Tiſch. Er kam von der Verſammlung
der Naturforſcher aus Berlin zuruͤck, und es ward uͤber
dahinſchlagende Dinge, beſonders uͤber mineralogiſche
Gegenſtaͤnde manches geſprochen.
Auch von den Vulkaniſten war die Rede und von
der Art und Weiſe, wie die Menſchen uͤber die Natur
zu Anſichten und Hypotheſen kommen; bey welcher Ge¬
legenheit denn großer Naturforſcher und auch des
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Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 2. Leipzig, 1836, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe02_1836/22>, abgerufen am 21.11.2024.
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