sehr bald an, viel über preußische Tresorscheine zu reden und daß man sie über den Werth bezahle. Während der junge Goethe so sprach, blickte ich den Vater an mit einigem Lächeln, welches er erwiederte und wodurch wir uns zu verstehen gaben, wie sehr das Dargestellte an der Zeit sey.
Mittwoch, den 30. December 1829.
Heute nach Tisch las Goethe mir die fernere Scene.
"Nachdem sie nun am Kaiserlichen Hofe Geld haben, sagte er, wollen sie amüsirt seyn. Der Kaiser wünscht Paris und Helena zu sehen, und zwar sollen sie durch Zau¬ berkünste in Person erscheinen. Da aber Mephistopheles mit dem griechischen Alterthum nichts zu thun und über solche Figuren keine Gewalt hat, so bleibt dieses Werk Fausten zugeschoben, dem es auch vollkommen gelingt. Was aber Faust unternehmen muß um die Erscheinung möglich zu machen, ist noch nicht ganz vollendet, und ich lese es Ihnen das nächste Mal. Die Erscheinung von Paris und Helena selbst aber sollen Sie heute hören."
Ich war glücklich im Vorgefühl des Kommenden und Goethe fing an zu lesen. In dem alten Ritter¬
ſehr bald an, viel uͤber preußiſche Treſorſcheine zu reden und daß man ſie uͤber den Werth bezahle. Waͤhrend der junge Goethe ſo ſprach, blickte ich den Vater an mit einigem Laͤcheln, welches er erwiederte und wodurch wir uns zu verſtehen gaben, wie ſehr das Dargeſtellte an der Zeit ſey.
Mittwoch, den 30. December 1829.
Heute nach Tiſch las Goethe mir die fernere Scene.
„Nachdem ſie nun am Kaiſerlichen Hofe Geld haben, ſagte er, wollen ſie amuͤſirt ſeyn. Der Kaiſer wuͤnſcht Paris und Helena zu ſehen, und zwar ſollen ſie durch Zau¬ berkuͤnſte in Perſon erſcheinen. Da aber Mephiſtopheles mit dem griechiſchen Alterthum nichts zu thun und uͤber ſolche Figuren keine Gewalt hat, ſo bleibt dieſes Werk Fauſten zugeſchoben, dem es auch vollkommen gelingt. Was aber Fauſt unternehmen muß um die Erſcheinung moͤglich zu machen, iſt noch nicht ganz vollendet, und ich leſe es Ihnen das naͤchſte Mal. Die Erſcheinung von Paris und Helena ſelbſt aber ſollen Sie heute hoͤren.“
Ich war gluͤcklich im Vorgefuͤhl des Kommenden und Goethe fing an zu leſen. In dem alten Ritter¬
<TEI><text><body><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0174"n="164"/>ſehr bald an, viel uͤber preußiſche Treſorſcheine zu reden<lb/>
und daß man ſie uͤber den Werth bezahle. Waͤhrend<lb/>
der junge Goethe ſo ſprach, blickte ich den Vater an<lb/>
mit einigem Laͤcheln, welches er erwiederte und wodurch<lb/>
wir uns zu verſtehen gaben, wie ſehr das Dargeſtellte<lb/>
an der Zeit ſey.</p><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/></div><divn="4"><datelinerendition="#right">Mittwoch, den 30. December 1829.<lb/></dateline><p>Heute nach Tiſch las Goethe mir die fernere<lb/>
Scene.</p><lb/><p>„Nachdem ſie nun am Kaiſerlichen Hofe Geld haben,<lb/>ſagte er, wollen ſie amuͤſirt ſeyn. Der Kaiſer wuͤnſcht<lb/>
Paris und Helena zu ſehen, und zwar ſollen ſie durch Zau¬<lb/>
berkuͤnſte in Perſon erſcheinen. Da aber Mephiſtopheles<lb/>
mit dem griechiſchen Alterthum nichts zu thun und uͤber<lb/>ſolche Figuren keine Gewalt hat, ſo bleibt dieſes Werk<lb/>
Fauſten zugeſchoben, dem es auch vollkommen gelingt.<lb/>
Was aber Fauſt unternehmen muß um die Erſcheinung<lb/>
moͤglich zu machen, iſt noch nicht ganz vollendet, und<lb/>
ich leſe es Ihnen das naͤchſte Mal. Die Erſcheinung<lb/>
von Paris und Helena ſelbſt aber ſollen Sie heute<lb/>
hoͤren.“</p><lb/><p>Ich war gluͤcklich im Vorgefuͤhl des Kommenden<lb/>
und Goethe fing an zu leſen. In dem alten Ritter¬<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[164/0174]
ſehr bald an, viel uͤber preußiſche Treſorſcheine zu reden
und daß man ſie uͤber den Werth bezahle. Waͤhrend
der junge Goethe ſo ſprach, blickte ich den Vater an
mit einigem Laͤcheln, welches er erwiederte und wodurch
wir uns zu verſtehen gaben, wie ſehr das Dargeſtellte
an der Zeit ſey.
Mittwoch, den 30. December 1829.
Heute nach Tiſch las Goethe mir die fernere
Scene.
„Nachdem ſie nun am Kaiſerlichen Hofe Geld haben,
ſagte er, wollen ſie amuͤſirt ſeyn. Der Kaiſer wuͤnſcht
Paris und Helena zu ſehen, und zwar ſollen ſie durch Zau¬
berkuͤnſte in Perſon erſcheinen. Da aber Mephiſtopheles
mit dem griechiſchen Alterthum nichts zu thun und uͤber
ſolche Figuren keine Gewalt hat, ſo bleibt dieſes Werk
Fauſten zugeſchoben, dem es auch vollkommen gelingt.
Was aber Fauſt unternehmen muß um die Erſcheinung
moͤglich zu machen, iſt noch nicht ganz vollendet, und
ich leſe es Ihnen das naͤchſte Mal. Die Erſcheinung
von Paris und Helena ſelbſt aber ſollen Sie heute
hoͤren.“
Ich war gluͤcklich im Vorgefuͤhl des Kommenden
und Goethe fing an zu leſen. In dem alten Ritter¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 2. Leipzig, 1836, S. 164. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe02_1836/174>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.