bedenken Sie nur, was alles in jener tollen Nacht zur Sprache kommt! Fausts Rede an die Proserpina, um diese zu bewegen, daß sie die Helena herausgiebt, was muß das nicht für eine Rede seyn, da die Proserpina selbst zu Thränen davon gerührt wird! -- Dieses alles ist nicht leicht zu machen und hängt sehr viel vom Glück ab, ja fast ganz von der Stimmung und Kraft des Augenblicks."
Mittwoch den 17. Januar 1827.
In der letzten Zeit, wo Goethe sich mitunter nicht ganz wohl befand, hatten wir in seiner nach dem Gar¬ ten gehenden Arbeitsstube gegessen. Heute war wieder in dem sogenannten Urbino-Zimmer gedeckt, welches ich als ein gutes Zeichen nahm. Als ich hereintrat, fand ich Goethe und seinen Sohn; beyde bewillkommten mich freundlich in ihrer naiven liebevollen Art; Goethe selbst schien in der heitersten Stimmung, wie dieses an seinem höchst belebten Gesicht zu bemerken war. Durch die offene Thür des angrenzenden sogenannten Decken-Zim¬ mers sah ich, über einen großen Kupferstich gebogen, den Herrn Canzler von Müller; er trat bald zu uns herein und ich freute mich, ihn als angenehme Tisch¬ gesellschaft zu begrüßen. Frau von Goethe wurde noch erwartet, doch setzten wir uns vorläufig zu Tisch. Es
bedenken Sie nur, was alles in jener tollen Nacht zur Sprache kommt! Fauſts Rede an die Proſerpina, um dieſe zu bewegen, daß ſie die Helena herausgiebt, was muß das nicht fuͤr eine Rede ſeyn, da die Proſerpina ſelbſt zu Thraͤnen davon geruͤhrt wird! — Dieſes alles iſt nicht leicht zu machen und haͤngt ſehr viel vom Gluͤck ab, ja faſt ganz von der Stimmung und Kraft des Augenblicks.“
Mittwoch den 17. Januar 1827.
In der letzten Zeit, wo Goethe ſich mitunter nicht ganz wohl befand, hatten wir in ſeiner nach dem Gar¬ ten gehenden Arbeitsſtube gegeſſen. Heute war wieder in dem ſogenannten Urbino-Zimmer gedeckt, welches ich als ein gutes Zeichen nahm. Als ich hereintrat, fand ich Goethe und ſeinen Sohn; beyde bewillkommten mich freundlich in ihrer naiven liebevollen Art; Goethe ſelbſt ſchien in der heiterſten Stimmung, wie dieſes an ſeinem hoͤchſt belebten Geſicht zu bemerken war. Durch die offene Thuͤr des angrenzenden ſogenannten Decken-Zim¬ mers ſah ich, uͤber einen großen Kupferſtich gebogen, den Herrn Canzler von Muͤller; er trat bald zu uns herein und ich freute mich, ihn als angenehme Tiſch¬ geſellſchaft zu begruͤßen. Frau von Goethe wurde noch erwartet, doch ſetzten wir uns vorlaͤufig zu Tiſch. Es
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bedenken Sie nur, was alles in jener tollen Nacht zur
Sprache kommt! Fauſts Rede an die Proſerpina, um
dieſe zu bewegen, daß ſie die Helena herausgiebt, was
muß das nicht fuͤr eine Rede ſeyn, da die Proſerpina
ſelbſt zu Thraͤnen davon geruͤhrt wird! — Dieſes alles
iſt nicht leicht zu machen und haͤngt ſehr viel vom
Gluͤck ab, ja faſt ganz von der Stimmung und Kraft
des Augenblicks.“
Mittwoch den 17. Januar 1827.
In der letzten Zeit, wo Goethe ſich mitunter nicht
ganz wohl befand, hatten wir in ſeiner nach dem Gar¬
ten gehenden Arbeitsſtube gegeſſen. Heute war wieder
in dem ſogenannten Urbino-Zimmer gedeckt, welches ich
als ein gutes Zeichen nahm. Als ich hereintrat, fand
ich Goethe und ſeinen Sohn; beyde bewillkommten mich
freundlich in ihrer naiven liebevollen Art; Goethe ſelbſt
ſchien in der heiterſten Stimmung, wie dieſes an ſeinem
hoͤchſt belebten Geſicht zu bemerken war. Durch die
offene Thuͤr des angrenzenden ſogenannten Decken-Zim¬
mers ſah ich, uͤber einen großen Kupferſtich gebogen,
den Herrn Canzler von Muͤller; er trat bald zu uns
herein und ich freute mich, ihn als angenehme Tiſch¬
geſellſchaft zu begruͤßen. Frau von Goethe wurde noch
erwartet, doch ſetzten wir uns vorlaͤufig zu Tiſch. Es
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Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 1. Leipzig, 1836, S. 290. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe01_1836/310>, abgerufen am 22.12.2024.
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