Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 1. Leipzig, 1836.

Bild:
<< vorherige Seite

Bey seinem großen Interesse für die englische Nation
hatte Goethe mich ersucht, die hier anwesenden jungen
Engländer ihm nach und nach vorzustellen. Heute um
fünf Uhr erwartete er mich mit dem englischen Ingenieur-
Officier, Herrn H., von welchem ich ihm vorläufig
viel Gutes hatte sagen können. Wir gingen also zur
bestimmten Stunde hin und wurden durch den Bedien¬
ten in ein angenehm erwärmtes Zimmer geführt, wo
Goethe in der Regel Nachmittags und Abends zu seyn
pflegt. Drey Lichter brannten auf dem Tisch; aber
Goethe war nicht darin, wir hörten ihn in dem an¬
stoßenden Saale sprechen.

Herr H. sah sich derweile um und bemerkte, außer
den Gemälden und einer großen Gebirgscharte an den
Wänden, ein Repositorium mit vielen Mappen, von
welchen ich ihm sagte, daß sie viele Handzeichnungen
berühmter Meister und Kupferstiche nach den besten Ge¬
mälden aller Schulen enthielten, die Goethe im Leben

12*

Bey ſeinem großen Intereſſe fuͤr die engliſche Nation
hatte Goethe mich erſucht, die hier anweſenden jungen
Englaͤnder ihm nach und nach vorzuſtellen. Heute um
fuͤnf Uhr erwartete er mich mit dem engliſchen Ingenieur-
Officier, Herrn H., von welchem ich ihm vorlaͤufig
viel Gutes hatte ſagen koͤnnen. Wir gingen alſo zur
beſtimmten Stunde hin und wurden durch den Bedien¬
ten in ein angenehm erwaͤrmtes Zimmer gefuͤhrt, wo
Goethe in der Regel Nachmittags und Abends zu ſeyn
pflegt. Drey Lichter brannten auf dem Tiſch; aber
Goethe war nicht darin, wir hoͤrten ihn in dem an¬
ſtoßenden Saale ſprechen.

Herr H. ſah ſich derweile um und bemerkte, außer
den Gemaͤlden und einer großen Gebirgscharte an den
Waͤnden, ein Repoſitorium mit vielen Mappen, von
welchen ich ihm ſagte, daß ſie viele Handzeichnungen
beruͤhmter Meiſter und Kupferſtiche nach den beſten Ge¬
maͤlden aller Schulen enthielten, die Goethe im Leben

12*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0199" n="[179]"/>
        <div n="2">
          <dateline rendition="#right">Montag den 10. Januar 1825.<lb/></dateline>
          <p><hi rendition="#in">B</hi>ey &#x017F;einem großen Intere&#x017F;&#x017F;e fu&#x0364;r die engli&#x017F;che Nation<lb/>
hatte Goethe mich er&#x017F;ucht, die hier anwe&#x017F;enden jungen<lb/>
Engla&#x0364;nder ihm nach und nach vorzu&#x017F;tellen. Heute um<lb/>
fu&#x0364;nf Uhr erwartete er mich mit dem engli&#x017F;chen Ingenieur-<lb/>
Officier, Herrn H., von welchem ich ihm vorla&#x0364;ufig<lb/>
viel Gutes hatte &#x017F;agen ko&#x0364;nnen. Wir gingen al&#x017F;o zur<lb/>
be&#x017F;timmten Stunde hin und wurden durch den Bedien¬<lb/>
ten in ein angenehm erwa&#x0364;rmtes Zimmer gefu&#x0364;hrt, wo<lb/>
Goethe in der Regel Nachmittags und Abends zu &#x017F;eyn<lb/>
pflegt. Drey Lichter brannten auf dem Ti&#x017F;ch; aber<lb/>
Goethe war nicht darin, wir ho&#x0364;rten ihn in dem an¬<lb/>
&#x017F;toßenden Saale &#x017F;prechen.</p><lb/>
          <p>Herr H. &#x017F;ah &#x017F;ich derweile um und bemerkte, außer<lb/>
den Gema&#x0364;lden und einer großen Gebirgscharte an den<lb/>
Wa&#x0364;nden, ein Repo&#x017F;itorium mit vielen Mappen, von<lb/>
welchen ich ihm &#x017F;agte, daß &#x017F;ie viele Handzeichnungen<lb/>
beru&#x0364;hmter Mei&#x017F;ter und Kupfer&#x017F;tiche nach den be&#x017F;ten Ge¬<lb/>
ma&#x0364;lden aller Schulen enthielten, die Goethe im Leben<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">12*<lb/></fw>
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[179]/0199] Montag den 10. Januar 1825. Bey ſeinem großen Intereſſe fuͤr die engliſche Nation hatte Goethe mich erſucht, die hier anweſenden jungen Englaͤnder ihm nach und nach vorzuſtellen. Heute um fuͤnf Uhr erwartete er mich mit dem engliſchen Ingenieur- Officier, Herrn H., von welchem ich ihm vorlaͤufig viel Gutes hatte ſagen koͤnnen. Wir gingen alſo zur beſtimmten Stunde hin und wurden durch den Bedien¬ ten in ein angenehm erwaͤrmtes Zimmer gefuͤhrt, wo Goethe in der Regel Nachmittags und Abends zu ſeyn pflegt. Drey Lichter brannten auf dem Tiſch; aber Goethe war nicht darin, wir hoͤrten ihn in dem an¬ ſtoßenden Saale ſprechen. Herr H. ſah ſich derweile um und bemerkte, außer den Gemaͤlden und einer großen Gebirgscharte an den Waͤnden, ein Repoſitorium mit vielen Mappen, von welchen ich ihm ſagte, daß ſie viele Handzeichnungen beruͤhmter Meiſter und Kupferſtiche nach den beſten Ge¬ maͤlden aller Schulen enthielten, die Goethe im Leben 12*

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe01_1836
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe01_1836/199
Zitationshilfe: Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 1. Leipzig, 1836, S. [179]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe01_1836/199>, abgerufen am 03.12.2024.