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Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 1. Leipzig, 1836.

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Ich ging gegen Abend zu Goethe. Er reichte mir
freundlich die Hand entgegen und begrüßte mich mit
dem Lobe meines Gedichtes zu Schellhorn's Jubiläum.
Ich brachte ihm dagegen die Nachricht, daß ich geschrie¬
ben und das englische Anerbieten abgelehnt habe.

"Gottlob, sagte er, daß Sie wieder frey und in
Ruhe sind. Nun will ich Sie gleich noch vor etwas
warnen. Es werden die Componisten kommen und eine
Oper haben wollen; aber da seyn Sie gleichfalls nur
standhaft und lehnen Sie ab, denn das ist auch eine
Sache, die zu nichts führt und womit man seine Zeit
verdirbt."

Goethe erzählte mir darauf, daß er dem Verfasser
des Paria durch Nees von Esenbeck den Comödienzettel
nach Bonn geschickt habe, woraus der Dichter sehen
möge, daß sein Stück hier gegeben worden. "Das
Leben ist kurz, fügte er hinzu, man muß sich einander
einen Spaß zu machen suchen."

Die Berliner Zeitungen lagen vor ihm und er er¬
zählte mir von der großen Wasserfluth in Petersburg. Er
gab mir das Blatt, daß ich es lesen möchte. Er sprach
dann über die schlechte Lage von Petersburg und lachte
beyfällig über eine Äußerung Rousseau's, welcher gesagt
habe, daß man ein Erdbeben dadurch nicht verhindern

Ich ging gegen Abend zu Goethe. Er reichte mir
freundlich die Hand entgegen und begruͤßte mich mit
dem Lobe meines Gedichtes zu Schellhorn's Jubilaͤum.
Ich brachte ihm dagegen die Nachricht, daß ich geſchrie¬
ben und das engliſche Anerbieten abgelehnt habe.

„Gottlob, ſagte er, daß Sie wieder frey und in
Ruhe ſind. Nun will ich Sie gleich noch vor etwas
warnen. Es werden die Componiſten kommen und eine
Oper haben wollen; aber da ſeyn Sie gleichfalls nur
ſtandhaft und lehnen Sie ab, denn das iſt auch eine
Sache, die zu nichts fuͤhrt und womit man ſeine Zeit
verdirbt.“

Goethe erzaͤhlte mir darauf, daß er dem Verfaſſer
des Paria durch Nees von Eſenbeck den Comoͤdienzettel
nach Bonn geſchickt habe, woraus der Dichter ſehen
moͤge, daß ſein Stuͤck hier gegeben worden. „Das
Leben iſt kurz, fuͤgte er hinzu, man muß ſich einander
einen Spaß zu machen ſuchen.“

Die Berliner Zeitungen lagen vor ihm und er er¬
zaͤhlte mir von der großen Waſſerfluth in Petersburg. Er
gab mir das Blatt, daß ich es leſen moͤchte. Er ſprach
dann uͤber die ſchlechte Lage von Petersburg und lachte
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[175/0195] Donnerstag den 9. December 1824. Ich ging gegen Abend zu Goethe. Er reichte mir freundlich die Hand entgegen und begruͤßte mich mit dem Lobe meines Gedichtes zu Schellhorn's Jubilaͤum. Ich brachte ihm dagegen die Nachricht, daß ich geſchrie¬ ben und das engliſche Anerbieten abgelehnt habe. „Gottlob, ſagte er, daß Sie wieder frey und in Ruhe ſind. Nun will ich Sie gleich noch vor etwas warnen. Es werden die Componiſten kommen und eine Oper haben wollen; aber da ſeyn Sie gleichfalls nur ſtandhaft und lehnen Sie ab, denn das iſt auch eine Sache, die zu nichts fuͤhrt und womit man ſeine Zeit verdirbt.“ Goethe erzaͤhlte mir darauf, daß er dem Verfaſſer des Paria durch Nees von Eſenbeck den Comoͤdienzettel nach Bonn geſchickt habe, woraus der Dichter ſehen moͤge, daß ſein Stuͤck hier gegeben worden. „Das Leben iſt kurz, fuͤgte er hinzu, man muß ſich einander einen Spaß zu machen ſuchen.“ Die Berliner Zeitungen lagen vor ihm und er er¬ zaͤhlte mir von der großen Waſſerfluth in Petersburg. Er gab mir das Blatt, daß ich es leſen moͤchte. Er ſprach dann uͤber die ſchlechte Lage von Petersburg und lachte beyfaͤllig uͤber eine Äußerung Rouſſeau's, welcher geſagt habe, daß man ein Erdbeben dadurch nicht verhindern

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Zitationshilfe: Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 1. Leipzig, 1836, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe01_1836/195>, abgerufen am 22.12.2024.