ihr viel Freundliches erwiesen. Goethe erinnerte sich dieser Fürstin, die als sehr junge Prinzeß eine Zeitlang bey seiner Mutter gewohnt, mit besonderer Neigung.
Abends hatte ich bey Goethe einen musikalischen Kunstgenuß bedeutender Art, indem ich den Messias von Händel theilweise vortragen hörte, wozu einige treffliche Sänger sich unter Eberweins Leitung vereinigt hatten. Auch Gräfin Caroline von Egloffstein, Fräulein von Froriep, so wie Frau v. Pogwisch und Frau v. Goethe hatten sich den Sängerinnen angeschlossen und wirkten dadurch zur Erfüllung eines lange gehegten Wunsches von Goethe auf das Freundlichste mit.
Goethe, in einiger Ferne sitzend, im Zuhören ver¬ tieft, verlebte einen glücklichen Abend, voll Bewunderung des großartigen Werkes.
Montag den 19. April 1824.
Der größte Philologe unserer Zeit, Friedrich Au¬ gust Wolf aus Berlin, ist hier, auf seiner Durchreise nach dem südlichen Frankreich begriffen. Goethe gab ihm zu Ehren heute ein Diner, wobey von Weimarischen Freun¬ den: General-Superintendent Röhr, Canzler v. Müller, Oberbaudirector Coudray, Professor Riemer und Hofrath Rehbein außer mir anwesend waren. Über Tisch ging es äußerst heiter zu; Wolf gab manchen geistreichen Ein¬
ihr viel Freundliches erwieſen. Goethe erinnerte ſich dieſer Fuͤrſtin, die als ſehr junge Prinzeß eine Zeitlang bey ſeiner Mutter gewohnt, mit beſonderer Neigung.
Abends hatte ich bey Goethe einen muſikaliſchen Kunſtgenuß bedeutender Art, indem ich den Meſſias von Haͤndel theilweiſe vortragen hoͤrte, wozu einige treffliche Saͤnger ſich unter Eberweins Leitung vereinigt hatten. Auch Graͤfin Caroline von Egloffſtein, Fraͤulein von Froriep, ſo wie Frau v. Pogwiſch und Frau v. Goethe hatten ſich den Saͤngerinnen angeſchloſſen und wirkten dadurch zur Erfuͤllung eines lange gehegten Wunſches von Goethe auf das Freundlichſte mit.
Goethe, in einiger Ferne ſitzend, im Zuhoͤren ver¬ tieft, verlebte einen gluͤcklichen Abend, voll Bewunderung des großartigen Werkes.
Montag den 19. April 1824.
Der groͤßte Philologe unſerer Zeit, Friedrich Au¬ guſt Wolf aus Berlin, iſt hier, auf ſeiner Durchreiſe nach dem ſuͤdlichen Frankreich begriffen. Goethe gab ihm zu Ehren heute ein Diner, wobey von Weimariſchen Freun¬ den: General-Superintendent Roͤhr, Canzler v. Muͤller, Oberbaudirector Coudray, Profeſſor Riemer und Hofrath Rehbein außer mir anweſend waren. Über Tiſch ging es aͤußerſt heiter zu; Wolf gab manchen geiſtreichen Ein¬
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0168"n="148"/>
ihr viel Freundliches erwieſen. Goethe erinnerte ſich<lb/>
dieſer Fuͤrſtin, die als ſehr junge Prinzeß eine Zeitlang<lb/>
bey ſeiner Mutter gewohnt, mit beſonderer Neigung.</p><lb/><p>Abends hatte ich bey Goethe einen muſikaliſchen<lb/>
Kunſtgenuß bedeutender Art, indem ich den Meſſias von<lb/>
Haͤndel theilweiſe vortragen hoͤrte, wozu einige treffliche<lb/>
Saͤnger ſich unter Eberweins Leitung vereinigt hatten.<lb/>
Auch Graͤfin Caroline von Egloffſtein, Fraͤulein von<lb/>
Froriep, ſo wie Frau v. Pogwiſch und Frau v. Goethe<lb/>
hatten ſich den Saͤngerinnen angeſchloſſen und wirkten<lb/>
dadurch zur Erfuͤllung eines lange gehegten Wunſches<lb/>
von Goethe auf das Freundlichſte mit.</p><lb/><p>Goethe, in einiger Ferne ſitzend, im Zuhoͤren ver¬<lb/>
tieft, verlebte einen gluͤcklichen Abend, voll Bewunderung<lb/>
des großartigen Werkes.</p><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/></div><divn="2"><datelinerendition="#right">Montag den 19. April 1824.<lb/></dateline><p>Der groͤßte Philologe unſerer Zeit, <hirendition="#g">Friedrich Au¬<lb/>
guſt Wolf</hi> aus Berlin, iſt hier, auf ſeiner Durchreiſe<lb/>
nach dem ſuͤdlichen Frankreich begriffen. Goethe gab ihm<lb/>
zu Ehren heute ein Diner, wobey von Weimariſchen Freun¬<lb/>
den: General-Superintendent Roͤhr, Canzler v. Muͤller,<lb/>
Oberbaudirector Coudray, Profeſſor Riemer und Hofrath<lb/>
Rehbein außer mir anweſend waren. Über Tiſch ging es<lb/>
aͤußerſt heiter zu; Wolf gab manchen geiſtreichen Ein¬<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[148/0168]
ihr viel Freundliches erwieſen. Goethe erinnerte ſich
dieſer Fuͤrſtin, die als ſehr junge Prinzeß eine Zeitlang
bey ſeiner Mutter gewohnt, mit beſonderer Neigung.
Abends hatte ich bey Goethe einen muſikaliſchen
Kunſtgenuß bedeutender Art, indem ich den Meſſias von
Haͤndel theilweiſe vortragen hoͤrte, wozu einige treffliche
Saͤnger ſich unter Eberweins Leitung vereinigt hatten.
Auch Graͤfin Caroline von Egloffſtein, Fraͤulein von
Froriep, ſo wie Frau v. Pogwiſch und Frau v. Goethe
hatten ſich den Saͤngerinnen angeſchloſſen und wirkten
dadurch zur Erfuͤllung eines lange gehegten Wunſches
von Goethe auf das Freundlichſte mit.
Goethe, in einiger Ferne ſitzend, im Zuhoͤren ver¬
tieft, verlebte einen gluͤcklichen Abend, voll Bewunderung
des großartigen Werkes.
Montag den 19. April 1824.
Der groͤßte Philologe unſerer Zeit, Friedrich Au¬
guſt Wolf aus Berlin, iſt hier, auf ſeiner Durchreiſe
nach dem ſuͤdlichen Frankreich begriffen. Goethe gab ihm
zu Ehren heute ein Diner, wobey von Weimariſchen Freun¬
den: General-Superintendent Roͤhr, Canzler v. Muͤller,
Oberbaudirector Coudray, Profeſſor Riemer und Hofrath
Rehbein außer mir anweſend waren. Über Tiſch ging es
aͤußerſt heiter zu; Wolf gab manchen geiſtreichen Ein¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 1. Leipzig, 1836, S. 148. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckermann_goethe01_1836/168>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.