Eckermann, Johann Peter: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Bd. 1. Leipzig, 1836.Freytag den 21. November 1823. Goethe ließ mich rufen. Ich fand ihn zu meiner Ich versprach, mich daran zu versuchen. "Es ist bey den Ghaselen das Eigenthümliche, fuhr Montag den 24. November 1823. Sonnabend und Sonntag studirte ich die Gedichte. Heute gegen Abend ließ er mich dennoch rufen. Freytag den 21. November 1823. Goethe ließ mich rufen. Ich fand ihn zu meiner Ich verſprach, mich daran zu verſuchen. „Es iſt bey den Ghaſelen das Eigenthuͤmliche, fuhr Montag den 24. November 1823. Sonnabend und Sonntag ſtudirte ich die Gedichte. Heute gegen Abend ließ er mich dennoch rufen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0115" n="95"/> </div> <div n="2"> <dateline rendition="#right">Freytag den 21. November 1823.<lb/></dateline> <p>Goethe ließ mich rufen. Ich fand ihn zu meiner<lb/> großen Freude wieder auf und in ſeinem Zimmer umher¬<lb/> gehen. Er gab mir ein kleines Buch: <hi rendition="#g">Ghaſelen</hi> des<lb/> Grafen <hi rendition="#g">Platen</hi>. „Ich hatte mir vorgenommen, ſagte<lb/> er, in Kunſt und Alterthum etwas daruͤber zu ſagen,<lb/> denn die Gedichte verdienen es. Mein Zuſtand laͤßt<lb/> mich aber zu nichts kommen. Sehen Sie doch zu, ob<lb/> es Ihnen gelingen will einzudringen und den Gedichten<lb/> etwas abzugewinnen.“</p><lb/> <p>Ich verſprach, mich daran zu verſuchen.</p><lb/> <p>„Es iſt bey den Ghaſelen das Eigenthuͤmliche, fuhr<lb/> Goethe fort, daß ſie eine große Fuͤlle von Gehalt ver¬<lb/> langen; der ſtets wiederkehrende gleiche Reim will immer<lb/> einen Vorrath aͤhnlicher Gedanken bereit finden. De߬<lb/> halb gelingen ſie nicht Jedem; dieſe aber werden Ihnen<lb/> gefallen.“ Der Arzt trat herein und ich ging.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> <div n="2"> <dateline rendition="#right">Montag den 24. November 1823.<lb/></dateline> <p>Sonnabend und Sonntag ſtudirte ich die Gedichte.<lb/> Dieſen Morgen ſchrieb ich meine Anſicht daruͤber und<lb/> ſchickte ſie Goethen zu, denn ich hatte erfahren, daß er<lb/> ſeit einigen Tagen niemanden vor ſich laſſe, indem der<lb/> Arzt ihm alles Reden verboten.</p><lb/> <p>Heute gegen Abend ließ er mich dennoch rufen.<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [95/0115]
Freytag den 21. November 1823.
Goethe ließ mich rufen. Ich fand ihn zu meiner
großen Freude wieder auf und in ſeinem Zimmer umher¬
gehen. Er gab mir ein kleines Buch: Ghaſelen des
Grafen Platen. „Ich hatte mir vorgenommen, ſagte
er, in Kunſt und Alterthum etwas daruͤber zu ſagen,
denn die Gedichte verdienen es. Mein Zuſtand laͤßt
mich aber zu nichts kommen. Sehen Sie doch zu, ob
es Ihnen gelingen will einzudringen und den Gedichten
etwas abzugewinnen.“
Ich verſprach, mich daran zu verſuchen.
„Es iſt bey den Ghaſelen das Eigenthuͤmliche, fuhr
Goethe fort, daß ſie eine große Fuͤlle von Gehalt ver¬
langen; der ſtets wiederkehrende gleiche Reim will immer
einen Vorrath aͤhnlicher Gedanken bereit finden. De߬
halb gelingen ſie nicht Jedem; dieſe aber werden Ihnen
gefallen.“ Der Arzt trat herein und ich ging.
Montag den 24. November 1823.
Sonnabend und Sonntag ſtudirte ich die Gedichte.
Dieſen Morgen ſchrieb ich meine Anſicht daruͤber und
ſchickte ſie Goethen zu, denn ich hatte erfahren, daß er
ſeit einigen Tagen niemanden vor ſich laſſe, indem der
Arzt ihm alles Reden verboten.
Heute gegen Abend ließ er mich dennoch rufen.
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