Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 4. Hildesheim, 1747.

Bild:
<< vorherige Seite
Unverhoft kommt oft.
Unverhoft kommt oft.
Es ist der Ausspruch wahr, daß unverhoft
erscheint,

Das was man nicht gehoft, und was
man nicht gemeint:

So woll in glüklichen, als auch in Un-
glüksfällen,

Kommt oft dasjenige, was wir uns nicht vorstellen.
Die Ursach davon ist, weil wir nicht allzeit sehn,
Die Folgen solcher Ding die in der Welt entstehn.
Des Geistes Blödigkeit, das irdische Getümmel,
Und auch bisweilen selbst der Rathschlus den im Him-
mel

Die ewge Vorsicht macht, behindert uns daran,
Das man nicht jederzeit zum voraus sehen kan,
Was uns begegnen wird. Es ist uns stets verbor-
borgen,

Was uns begegnen kan, auch an den nechsten Mor-
gen.

Das Schiksahl daß der Mensch zulezt zu hoffen hat,
Das ist der Tod der kommt bald früh, bald aber
spat.

Das Sterben ist gewis nach jenem alten Bunde,
Doch es bleibt ungewis die allerlezte Stunde,
Da unsre Lebens Uhr, die sich beständig dreht,
Bei dem erstarrten Blut im Pulsschlag stille steht:
Sie
Unverhoft kommt oft.
Unverhoft kommt oft.
Es iſt der Ausſpruch wahr, daß unverhoft
erſcheint,

Das was man nicht gehoft, und was
man nicht gemeint:

So woll in gluͤklichen, als auch in Un-
gluͤksfaͤllen,

Kommt oft dasjenige, was wir uns nicht vorſtellen.
Die Urſach davon iſt, weil wir nicht allzeit ſehn,
Die Folgen ſolcher Ding die in der Welt entſtehn.
Des Geiſtes Bloͤdigkeit, das irdiſche Getuͤmmel,
Und auch bisweilen ſelbſt der Rathſchlus den im Him-
mel

Die ewge Vorſicht macht, behindert uns daran,
Das man nicht jederzeit zum voraus ſehen kan,
Was uns begegnen wird. Es iſt uns ſtets verbor-
borgen,

Was uns begegnen kan, auch an den nechſten Mor-
gen.

Das Schikſahl daß der Menſch zulezt zu hoffen hat,
Das iſt der Tod der kommt bald fruͤh, bald aber
ſpat.

Das Sterben iſt gewis nach jenem alten Bunde,
Doch es bleibt ungewis die allerlezte Stunde,
Da unſre Lebens Uhr, die ſich beſtaͤndig dreht,
Bei dem erſtarrten Blut im Pulsſchlag ſtille ſteht:
Sie
<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0202" n="186"/>
      <fw place="top" type="header">Unverhoft kommt oft.</fw><lb/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b">Unverhoft kommt oft.</hi> </head><lb/>
        <lg type="poem">
          <l><hi rendition="#in">E</hi>s i&#x017F;t der Aus&#x017F;pruch wahr, daß unverhoft<lb/><hi rendition="#et">er&#x017F;cheint,</hi></l><lb/>
          <l>Das was man nicht gehoft, und was<lb/><hi rendition="#et">man nicht gemeint:</hi></l><lb/>
          <l>So woll in glu&#x0364;klichen, als auch in Un-<lb/><hi rendition="#et">glu&#x0364;ksfa&#x0364;llen,</hi></l><lb/>
          <l>Kommt oft dasjenige, was wir uns nicht vor&#x017F;tellen.</l><lb/>
          <l>Die Ur&#x017F;ach davon i&#x017F;t, weil wir nicht allzeit &#x017F;ehn,</l><lb/>
          <l>Die Folgen &#x017F;olcher Ding die in der Welt ent&#x017F;tehn.</l><lb/>
          <l>Des Gei&#x017F;tes Blo&#x0364;digkeit, das irdi&#x017F;che Getu&#x0364;mmel,</l><lb/>
          <l>Und auch bisweilen &#x017F;elb&#x017F;t der Rath&#x017F;chlus den im Him-<lb/><hi rendition="#et">mel</hi></l><lb/>
          <l>Die ewge Vor&#x017F;icht macht, behindert uns daran,</l><lb/>
          <l>Das man nicht jederzeit zum voraus &#x017F;ehen kan,</l><lb/>
          <l>Was uns begegnen wird. Es i&#x017F;t uns &#x017F;tets verbor-<lb/><hi rendition="#et">borgen,</hi></l><lb/>
          <l>Was uns begegnen kan, auch an den nech&#x017F;ten Mor-<lb/><hi rendition="#et">gen.</hi></l><lb/>
          <l>Das Schik&#x017F;ahl daß der Men&#x017F;ch zulezt zu hoffen hat,</l><lb/>
          <l>Das i&#x017F;t der Tod der kommt bald fru&#x0364;h, bald aber<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;pat.</hi></l><lb/>
          <l>Das Sterben i&#x017F;t gewis nach jenem alten Bunde,</l><lb/>
          <l>Doch es bleibt ungewis die allerlezte Stunde,</l><lb/>
          <l>Da un&#x017F;re Lebens Uhr, die &#x017F;ich be&#x017F;ta&#x0364;ndig dreht,</l><lb/>
          <l>Bei dem er&#x017F;tarrten Blut im Puls&#x017F;chlag &#x017F;tille &#x017F;teht:</l><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Sie</fw><lb/>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[186/0202] Unverhoft kommt oft. Unverhoft kommt oft. Es iſt der Ausſpruch wahr, daß unverhoft erſcheint, Das was man nicht gehoft, und was man nicht gemeint: So woll in gluͤklichen, als auch in Un- gluͤksfaͤllen, Kommt oft dasjenige, was wir uns nicht vorſtellen. Die Urſach davon iſt, weil wir nicht allzeit ſehn, Die Folgen ſolcher Ding die in der Welt entſtehn. Des Geiſtes Bloͤdigkeit, das irdiſche Getuͤmmel, Und auch bisweilen ſelbſt der Rathſchlus den im Him- mel Die ewge Vorſicht macht, behindert uns daran, Das man nicht jederzeit zum voraus ſehen kan, Was uns begegnen wird. Es iſt uns ſtets verbor- borgen, Was uns begegnen kan, auch an den nechſten Mor- gen. Das Schikſahl daß der Menſch zulezt zu hoffen hat, Das iſt der Tod der kommt bald fruͤh, bald aber ſpat. Das Sterben iſt gewis nach jenem alten Bunde, Doch es bleibt ungewis die allerlezte Stunde, Da unſre Lebens Uhr, die ſich beſtaͤndig dreht, Bei dem erſtarrten Blut im Pulsſchlag ſtille ſteht: Sie

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen04_1747
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen04_1747/202
Zitationshilfe: Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 4. Hildesheim, 1747, S. 186. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen04_1747/202>, abgerufen am 30.12.2024.