Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 3. Hildesheim, 1747.

Bild:
<< vorherige Seite
Betrachtung.
Betrachtung über eine mit gel-
ben und saftigen Obst angefülle-
te Schüssel.
O! mein Schöpfer wie erquikkend,
Und wie lieblich ja entzükkend
Jst die Baumfrucht anzusehn,
Die so roth und sprenglicht schön,
Als wenn, wie in silbern Schaalen,
Güldne Aepfel herrlich strahlen!
Solche Schönheit läst du steigen;
Aus den troknen Stamm und Zweigen,
Wie bist du den Menschen hold,
Denen du ein esbar Gold
Wundernswürdig zubereitest,
Und durch zarte Röhren leitest.
Weil daraus die giergen Augen,
So viel süsse Anmuth saugen:
So zieht der vergnügte Blik,
Gleichsam meinen Mund zurük,
Und behindert im Verzehren,
Diese Schönheit zu zerstöhren.
Doch was lieblich anzusehen,
Bringt nicht allzeit solche Wehen,
Als
E 2
Betrachtung.
Betrachtung uͤber eine mit gel-
ben und ſaftigen Obſt angefuͤlle-
te Schuͤſſel.
O! mein Schoͤpfer wie erquikkend,
Und wie lieblich ja entzuͤkkend
Jſt die Baumfrucht anzuſehn,
Die ſo roth und ſprenglicht ſchoͤn,
Als wenn, wie in ſilbern Schaalen,
Guͤldne Aepfel herrlich ſtrahlen!
Solche Schoͤnheit laͤſt du ſteigen;
Aus den troknen Stamm und Zweigen,
Wie biſt du den Menſchen hold,
Denen du ein esbar Gold
Wundernswuͤrdig zubereiteſt,
Und durch zarte Roͤhren leiteſt.
Weil daraus die giergen Augen,
So viel ſuͤſſe Anmuth ſaugen:
So zieht der vergnuͤgte Blik,
Gleichſam meinen Mund zuruͤk,
Und behindert im Verzehren,
Dieſe Schoͤnheit zu zerſtoͤhren.
Doch was lieblich anzuſehen,
Bringt nicht allzeit ſolche Wehen,
Als
E 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0079" n="67"/>
      <fw place="top" type="header">Betrachtung.</fw><lb/>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <head> <hi rendition="#b">Betrachtung u&#x0364;ber eine mit gel-<lb/>
ben und &#x017F;aftigen Ob&#x017F;t angefu&#x0364;lle-<lb/>
te Schu&#x0364;&#x017F;&#x017F;el.</hi> </head><lb/>
          <lg n="1">
            <l><hi rendition="#in">O</hi>! mein Scho&#x0364;pfer wie erquikkend,</l><lb/>
            <l>Und wie lieblich ja entzu&#x0364;kkend</l><lb/>
            <l>J&#x017F;t die Baumfrucht anzu&#x017F;ehn,</l><lb/>
            <l>Die &#x017F;o roth und &#x017F;prenglicht &#x017F;cho&#x0364;n,</l><lb/>
            <l>Als wenn, wie in &#x017F;ilbern Schaalen,</l><lb/>
            <l>Gu&#x0364;ldne Aepfel herrlich &#x017F;trahlen!</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="2">
            <l><hi rendition="#in">S</hi>olche Scho&#x0364;nheit la&#x0364;&#x017F;t du &#x017F;teigen;</l><lb/>
            <l>Aus den troknen Stamm und Zweigen,</l><lb/>
            <l>Wie bi&#x017F;t du den Men&#x017F;chen hold,</l><lb/>
            <l>Denen du ein esbar Gold</l><lb/>
            <l>Wundernswu&#x0364;rdig zubereite&#x017F;t,</l><lb/>
            <l>Und durch zarte Ro&#x0364;hren leite&#x017F;t.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="3">
            <l><hi rendition="#in">W</hi>eil daraus die giergen Augen,</l><lb/>
            <l>So viel &#x017F;u&#x0364;&#x017F;&#x017F;e Anmuth &#x017F;augen:</l><lb/>
            <l>So zieht der vergnu&#x0364;gte Blik,</l><lb/>
            <l>Gleich&#x017F;am meinen Mund zuru&#x0364;k,</l><lb/>
            <l>Und behindert im Verzehren,</l><lb/>
            <l>Die&#x017F;e Scho&#x0364;nheit zu zer&#x017F;to&#x0364;hren.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="4">
            <l><hi rendition="#in">D</hi>och was lieblich anzu&#x017F;ehen,</l><lb/>
            <l>Bringt nicht allzeit &#x017F;olche Wehen,<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">E 2</fw><fw place="bottom" type="catch">Als</fw><lb/></l>
          </lg>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[67/0079] Betrachtung. Betrachtung uͤber eine mit gel- ben und ſaftigen Obſt angefuͤlle- te Schuͤſſel. O! mein Schoͤpfer wie erquikkend, Und wie lieblich ja entzuͤkkend Jſt die Baumfrucht anzuſehn, Die ſo roth und ſprenglicht ſchoͤn, Als wenn, wie in ſilbern Schaalen, Guͤldne Aepfel herrlich ſtrahlen! Solche Schoͤnheit laͤſt du ſteigen; Aus den troknen Stamm und Zweigen, Wie biſt du den Menſchen hold, Denen du ein esbar Gold Wundernswuͤrdig zubereiteſt, Und durch zarte Roͤhren leiteſt. Weil daraus die giergen Augen, So viel ſuͤſſe Anmuth ſaugen: So zieht der vergnuͤgte Blik, Gleichſam meinen Mund zuruͤk, Und behindert im Verzehren, Dieſe Schoͤnheit zu zerſtoͤhren. Doch was lieblich anzuſehen, Bringt nicht allzeit ſolche Wehen, Als E 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen03_1747
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen03_1747/79
Zitationshilfe: Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 3. Hildesheim, 1747, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen03_1747/79>, abgerufen am 30.12.2024.