Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 2. Hildesheim, 1747.Die Träume derer die da glauben Blüht woll ihr Blumen unterdessen Jhr Prediger der Sterblichkeit! Ach! Schöpfer laß uns nicht vergessen, Wenn uns derselben Schmuk erfreut, Daß wir daran mit Nuz und Seegen, HErr! deine Güt und weise Macht, Und deiner Vorsicht Kraft erwegen, Die alles hat herfür gebracht; Gib daß wir Tod und Auferstehen, An ihnen stets betrachtend sehen. Die Träume derer die da glau- ben daß die Seele nach dem To- de schlaffe.
[Abbildung]
Die Welt wird meist regiert von einen falschen Wahn, Der Menschen Aberwiz irrt von der rechten Bahn; Jndem er meint zu sehn, ist er oft doch erblindet, Da er statt Warheits-Schein des Jrthums Schatten findet. Was eitler Wiz erdacht, gefällt dem meisten woll; Weil man das sehen will, was man nur glauben soll. Das menschliche Gehirn von Einbildung betrogen, Gleicht einer Wageschal, die leicht wird überwogen Von
Die Traͤume derer die da glauben Bluͤht woll ihr Blumen unterdeſſen Jhr Prediger der Sterblichkeit! Ach! Schoͤpfer laß uns nicht vergeſſen, Wenn uns derſelben Schmuk erfreut, Daß wir daran mit Nuz und Seegen, HErr! deine Guͤt und weiſe Macht, Und deiner Vorſicht Kraft erwegen, Die alles hat herfuͤr gebracht; Gib daß wir Tod und Auferſtehen, An ihnen ſtets betrachtend ſehen. Die Traͤume derer die da glau- ben daß die Seele nach dem To- de ſchlaffe.
[Abbildung]
Die Welt wird meiſt regiert von einen falſchen Wahn, Der Menſchen Aberwiz irrt von der rechten Bahn; Jndem er meint zu ſehn, iſt er oft doch erblindet, Da er ſtatt Warheits-Schein des Jrthums Schatten findet. Was eitler Wiz erdacht, gefaͤllt dem meiſten woll; Weil man das ſehen will, was man nur glauben ſoll. Das menſchliche Gehirn von Einbildung betrogen, Gleicht einer Wageſchal, die leicht wird uͤberwogen Von
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0084" n="72"/> <fw place="top" type="header">Die Traͤume derer die da glauben</fw><lb/> <lg n="62"> <l><hi rendition="#in">B</hi>luͤht woll ihr Blumen unterdeſſen</l><lb/> <l>Jhr Prediger der Sterblichkeit!</l><lb/> <l>Ach! Schoͤpfer laß uns nicht vergeſſen,</l><lb/> <l>Wenn uns derſelben Schmuk erfreut,</l><lb/> <l>Daß wir daran mit Nuz und Seegen,</l><lb/> <l>HErr! deine Guͤt und weiſe Macht,</l><lb/> <l>Und deiner Vorſicht Kraft erwegen,</l><lb/> <l>Die alles hat herfuͤr gebracht;</l><lb/> <l>Gib daß wir Tod und Auferſtehen,</l><lb/> <l>An ihnen ſtets betrachtend ſehen.</l> </lg> </lg> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div n="1"> <head> <hi rendition="#b">Die Traͤume derer die da glau-<lb/> ben daß die Seele nach dem To-<lb/> de ſchlaffe.</hi> </head><lb/> <lg type="poem"> <figure/> <l><hi rendition="#in">D</hi>ie Welt wird meiſt regiert von<lb/><hi rendition="#et">einen falſchen Wahn,</hi></l><lb/> <l>Der Menſchen Aberwiz irrt<lb/><hi rendition="#et">von der rechten Bahn;</hi></l><lb/> <l>Jndem er meint zu ſehn, iſt er<lb/><hi rendition="#et">oft doch erblindet,</hi></l><lb/> <l>Da er ſtatt Warheits-Schein<lb/><hi rendition="#et">des Jrthums Schatten findet.</hi></l><lb/> <l>Was eitler Wiz erdacht, gefaͤllt dem meiſten woll;</l><lb/> <l>Weil man das ſehen will, was man nur glauben<lb/><hi rendition="#et">ſoll.</hi></l><lb/> <l>Das menſchliche Gehirn von Einbildung betrogen,</l><lb/> <l>Gleicht einer Wageſchal, die leicht wird uͤberwogen</l><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Von</fw><lb/> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [72/0084]
Die Traͤume derer die da glauben
Bluͤht woll ihr Blumen unterdeſſen
Jhr Prediger der Sterblichkeit!
Ach! Schoͤpfer laß uns nicht vergeſſen,
Wenn uns derſelben Schmuk erfreut,
Daß wir daran mit Nuz und Seegen,
HErr! deine Guͤt und weiſe Macht,
Und deiner Vorſicht Kraft erwegen,
Die alles hat herfuͤr gebracht;
Gib daß wir Tod und Auferſtehen,
An ihnen ſtets betrachtend ſehen.
Die Traͤume derer die da glau-
ben daß die Seele nach dem To-
de ſchlaffe.
[Abbildung]
Die Welt wird meiſt regiert von
einen falſchen Wahn,
Der Menſchen Aberwiz irrt
von der rechten Bahn;
Jndem er meint zu ſehn, iſt er
oft doch erblindet,
Da er ſtatt Warheits-Schein
des Jrthums Schatten findet.
Was eitler Wiz erdacht, gefaͤllt dem meiſten woll;
Weil man das ſehen will, was man nur glauben
ſoll.
Das menſchliche Gehirn von Einbildung betrogen,
Gleicht einer Wageſchal, die leicht wird uͤberwogen
Von
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen02_1747 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen02_1747/84 |
Zitationshilfe: | Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 2. Hildesheim, 1747, S. 72. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen02_1747/84>, abgerufen am 28.02.2025. |