Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 2. Hildesheim, 1747.Gedanken bei dem Anblik Gedanken bei dem Anblik eines leeren Feldes.
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Zur holden Frühlings-Zeit war hier noch alles grün, Der Sommer kam heran da ward der Felder blühn, Jn scheinend Gold verkehrt, das hatte kaum zu prangen Mit seinen gelben Schmuk im Reif- fen angefangen: So kam der Schnitter an mit seinem scharffen Schwerd, Und hat den Halm zerhaut und seine Pracht zer- stöhrt. Die Wagen folgten nach, als sie ins Seil gebun- den, Das Feld ist nunmehr leer, als wenn die Frucht ver- schwunden. Die Stoppeln sind noch da, die mit der Zeit ver- gehn, So ist vom Jahres Wuchs im Felde nichts zusehn. Es wird mit andern Korn, das Feld als neu besäet, Das aus den vorgen stammt, und wiederum auf- gehet. Mir deucht ich sehe hier an diesem Akkerfeld Ein Bildnis rührend an, von der bewohnten Welt. Die Menschen die gebohrn, die fangen an zu blü- hen, Die Zeit verläuft geschwind, da sie von dannen ziehen, Nach-
Gedanken bei dem Anblik Gedanken bei dem Anblik eines leeren Feldes.
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Zur holden Fruͤhlings-Zeit war hier noch alles gruͤn, Der Sommer kam heran da ward der Felder bluͤhn, Jn ſcheinend Gold verkehrt, das hatte kaum zu prangen Mit ſeinen gelben Schmuk im Reif- fen angefangen: So kam der Schnitter an mit ſeinem ſcharffen Schwerd, Und hat den Halm zerhaut und ſeine Pracht zer- ſtoͤhrt. Die Wagen folgten nach, als ſie ins Seil gebun- den, Das Feld iſt nunmehr leer, als wenn die Frucht ver- ſchwunden. Die Stoppeln ſind noch da, die mit der Zeit ver- gehn, So iſt vom Jahres Wuchs im Felde nichts zuſehn. Es wird mit andern Korn, das Feld als neu beſaͤet, Das aus den vorgen ſtammt, und wiederum auf- gehet. Mir deucht ich ſehe hier an dieſem Akkerfeld Ein Bildnis ruͤhrend an, von der bewohnten Welt. Die Menſchen die gebohrn, die fangen an zu bluͤ- hen, Die Zeit verlaͤuft geſchwind, da ſie von dannen ziehen, Nach-
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Gedanken bei dem Anblik
Gedanken
bei
dem Anblik eines leeren Feldes.
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Zur holden Fruͤhlings-Zeit war hier
noch alles gruͤn,
Der Sommer kam heran da ward
der Felder bluͤhn,
Jn ſcheinend Gold verkehrt, das
hatte kaum zu prangen
Mit ſeinen gelben Schmuk im Reif-
fen angefangen:
So kam der Schnitter an mit ſeinem ſcharffen
Schwerd,
Und hat den Halm zerhaut und ſeine Pracht zer-
ſtoͤhrt.
Die Wagen folgten nach, als ſie ins Seil gebun-
den,
Das Feld iſt nunmehr leer, als wenn die Frucht ver-
ſchwunden.
Die Stoppeln ſind noch da, die mit der Zeit ver-
gehn,
So iſt vom Jahres Wuchs im Felde nichts zuſehn.
Es wird mit andern Korn, das Feld als neu beſaͤet,
Das aus den vorgen ſtammt, und wiederum auf-
gehet.
Mir deucht ich ſehe hier an dieſem Akkerfeld
Ein Bildnis ruͤhrend an, von der bewohnten Welt.
Die Menſchen die gebohrn, die fangen an zu bluͤ-
hen,
Die Zeit verlaͤuft geſchwind, da ſie von dannen ziehen,
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