Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 2. Hildesheim, 1747.Die Welt ein Land der Eitelkeit. Die Welt ein Land der Eitelkeit.
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Wer diese Welt ansieht, das Haupt Geschöpf erweget, Den Menschen und sein Thun sich recht vor Augen leget, Der findet alsobald, wie wahr der König (*) sagt Der ihre Eitelkeit in seiner Schrift beklagt. Der Erden Wunderbau ist herrlich ausgezieret, Den eine ewge Macht nach weisen Rath regieret, Zur Wohnung und zur Lust ist er bequem gemacht, Und zur Ergözlichkeit für uns recht ausgedacht. Die Sinnen finden hier die allerschönste Weide, Die Augen sehen stets Gelegenheit zur Freude, Das Ohr das wird erquikt durch manchen Zauber- klang, Durch einen lieblichen vermischten Lustgesang, Wenn in der Frühlings-Zeit, im Sommer ganze Schaaren, Von Vögeln in der Luft mit hellen Stimmen fah- ren. Der süsse Blumen-Duft, der in den Lüften fliegt, Vergnüget das Gehirn, wenn man denselben riecht. Die Zunge labet sich an saftig süssen Früchten, Und büssen ihre Lust an mancherlei Gerichten. Allein so reizend schön, dies unsern Sinnen ist; So bleibet dennoch wahr, was man im Worte liest. Das (*) Salomo im Prediger Buche c. 1.
Die Welt ein Land der Eitelkeit. Die Welt ein Land der Eitelkeit.
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Wer dieſe Welt anſieht, das Haupt Geſchoͤpf erweget, Den Menſchen und ſein Thun ſich recht vor Augen leget, Der findet alſobald, wie wahr der Koͤnig (*) ſagt Der ihre Eitelkeit in ſeiner Schrift beklagt. Der Erden Wunderbau iſt herrlich ausgezieret, Den eine ewge Macht nach weiſen Rath regieret, Zur Wohnung und zur Luſt iſt er bequem gemacht, Und zur Ergoͤzlichkeit fuͤr uns recht ausgedacht. Die Sinnen finden hier die allerſchoͤnſte Weide, Die Augen ſehen ſtets Gelegenheit zur Freude, Das Ohr das wird erquikt durch manchen Zauber- klang, Durch einen lieblichen vermiſchten Luſtgeſang, Wenn in der Fruͤhlings-Zeit, im Sommer ganze Schaaren, Von Voͤgeln in der Luft mit hellen Stimmen fah- ren. Der ſuͤſſe Blumen-Duft, der in den Luͤften fliegt, Vergnuͤget das Gehirn, wenn man denſelben riecht. Die Zunge labet ſich an ſaftig ſuͤſſen Fruͤchten, Und buͤſſen ihre Luſt an mancherlei Gerichten. Allein ſo reizend ſchoͤn, dies unſern Sinnen iſt; So bleibet dennoch wahr, was man im Worte lieſt. Das (*) Salomo im Prediger Buche c. 1.
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Die Welt ein Land der Eitelkeit.
Die Welt ein Land der Eitelkeit.
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Wer dieſe Welt anſieht, das Haupt
Geſchoͤpf erweget,
Den Menſchen und ſein Thun ſich
recht vor Augen leget,
Der findet alſobald, wie wahr der
Koͤnig (*) ſagt
Der ihre Eitelkeit in ſeiner Schrift beklagt.
Der Erden Wunderbau iſt herrlich ausgezieret,
Den eine ewge Macht nach weiſen Rath regieret,
Zur Wohnung und zur Luſt iſt er bequem gemacht,
Und zur Ergoͤzlichkeit fuͤr uns recht ausgedacht.
Die Sinnen finden hier die allerſchoͤnſte Weide,
Die Augen ſehen ſtets Gelegenheit zur Freude,
Das Ohr das wird erquikt durch manchen Zauber-
klang,
Durch einen lieblichen vermiſchten Luſtgeſang,
Wenn in der Fruͤhlings-Zeit, im Sommer ganze
Schaaren,
Von Voͤgeln in der Luft mit hellen Stimmen fah-
ren.
Der ſuͤſſe Blumen-Duft, der in den Luͤften fliegt,
Vergnuͤget das Gehirn, wenn man denſelben
riecht.
Die Zunge labet ſich an ſaftig ſuͤſſen Fruͤchten,
Und buͤſſen ihre Luſt an mancherlei Gerichten.
Allein ſo reizend ſchoͤn, dies unſern Sinnen iſt;
So bleibet dennoch wahr, was man im Worte lieſt.
Das
(*) Salomo im Prediger Buche c. 1.
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