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Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 1. Hildesheim, 1747.

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Wie sich die Mensch. gemeiniglich den Him. vorst
Wie sich die Menschen gemei-
niglich den Himmel vorstellen?
Der seelgen Geister ewge Welt, der Gläu-
bigen gelobtes Land,
Jst denen Wandrern dieser Zeit nicht
vollenkommen hier bekannt;
Es ist uns nur in Schattenbildern, des Himmels
Lustrevier gemahlet,
Gleich wie ein Licht das nur durch Wolken, mit sei-
nen schönen Schimmer strahlet.
Kein Sterblicher hat diese Stadt der künftgen
Seeligkeit gesehn,
Drum können wir die Himmels-Lust und ihre Freu-
de nicht verstehn.
Der Offenbahrung heilge Lehren, die unter schönen
Reizungs-Bildern,
Die Pracht der Geister-Welt beschrieben, dersel-
ben Herrlichkeit abschildern,
Die haben unsrer Schwachheit nur, dasjenige hier
kund gethan,
Was unsrer eingeschränkter Geist, der sinnlich den-
ket, fassen kann.
Und dieses ist genug zum Glauben, bis einst der
Vorhang wird zerrissen,
Bis wir das Heiligste selbst schauen, da wir denn
vollenkommen wissen,
Worin der Frommen Seeligkeit die überschwenglich
ist, besteht.
Jedoch der Menschen Wisbegier, die in dem For-
schen weiter geht,
Als
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Wie ſich die Menſch. gemeiniglich den Him. vorſt
Wie ſich die Menſchen gemei-
niglich den Himmel vorſtellen?
Der ſeelgen Geiſter ewge Welt, der Glaͤu-
bigen gelobtes Land,
Jſt denen Wandrern dieſer Zeit nicht
vollenkommen hier bekannt;
Es iſt uns nur in Schattenbildern, des Himmels
Luſtrevier gemahlet,
Gleich wie ein Licht das nur durch Wolken, mit ſei-
nen ſchoͤnen Schimmer ſtrahlet.
Kein Sterblicher hat dieſe Stadt der kuͤnftgen
Seeligkeit geſehn,
Drum koͤnnen wir die Himmels-Luſt und ihre Freu-
de nicht verſtehn.
Der Offenbahrung heilge Lehren, die unter ſchoͤnen
Reizungs-Bildern,
Die Pracht der Geiſter-Welt beſchrieben, derſel-
ben Herrlichkeit abſchildern,
Die haben unſrer Schwachheit nur, dasjenige hier
kund gethan,
Was unſrer eingeſchraͤnkter Geiſt, der ſinnlich den-
ket, faſſen kann.
Und dieſes iſt genug zum Glauben, bis einſt der
Vorhang wird zerriſſen,
Bis wir das Heiligſte ſelbſt ſchauen, da wir denn
vollenkommen wiſſen,
Worin der Frommen Seeligkeit die uͤberſchwenglich
iſt, beſteht.
Jedoch der Menſchen Wisbegier, die in dem For-
ſchen weiter geht,
Als
X 5
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[329/0345] Wie ſich die Menſch. gemeiniglich den Him. vorſt Wie ſich die Menſchen gemei- niglich den Himmel vorſtellen? Der ſeelgen Geiſter ewge Welt, der Glaͤu- bigen gelobtes Land, Jſt denen Wandrern dieſer Zeit nicht vollenkommen hier bekannt; Es iſt uns nur in Schattenbildern, des Himmels Luſtrevier gemahlet, Gleich wie ein Licht das nur durch Wolken, mit ſei- nen ſchoͤnen Schimmer ſtrahlet. Kein Sterblicher hat dieſe Stadt der kuͤnftgen Seeligkeit geſehn, Drum koͤnnen wir die Himmels-Luſt und ihre Freu- de nicht verſtehn. Der Offenbahrung heilge Lehren, die unter ſchoͤnen Reizungs-Bildern, Die Pracht der Geiſter-Welt beſchrieben, derſel- ben Herrlichkeit abſchildern, Die haben unſrer Schwachheit nur, dasjenige hier kund gethan, Was unſrer eingeſchraͤnkter Geiſt, der ſinnlich den- ket, faſſen kann. Und dieſes iſt genug zum Glauben, bis einſt der Vorhang wird zerriſſen, Bis wir das Heiligſte ſelbſt ſchauen, da wir denn vollenkommen wiſſen, Worin der Frommen Seeligkeit die uͤberſchwenglich iſt, beſteht. Jedoch der Menſchen Wisbegier, die in dem For- ſchen weiter geht, Als X 5

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Zitationshilfe: Ebeling, Johann Justus: Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Bd. 1. Hildesheim, 1747, S. 329. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ebeling_betrachtungen01_1747/345>, abgerufen am 21.11.2024.