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Druskowitz, Helene von: Moderne Versuche eines Religionsersatzes. Heidelberg, 1886.

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X.

Unsere Untersuchung hat ergeben, daß Feuerbach, Düh-
ring, Duboc und Salter Elemente, die ein höherer Religions-
ersatz enthalten müsse, am befriedigendsten dargestellt haben,
ohne daß jedoch einer der genannten Denker diese Be-
standtheile zusammen in's Auge gefaßt und organisch mit
einander verbunden hätte, noch auch daß von jenen Denkern
sämmtliche Elemente, die ein Religionsersatz umfassen soll,
genügend betont worden wären.

Wir sehen, daß ein vollkommenerer Religionsersatz erstens
das Verhältniß des Menschen zum Weltganzen näher zu be-
stimmen und serner ein Jdeal für den strebenden und han-
delnden Menschen aufzustellen habe. Das Verhältniß des
Menschen zum Allgemeinen ist weder durch das Bewußtsein
der Bedingtheit, noch durch das des Vertrauens in die letzten
Weltmächte und in den Weltproceß, noch endlich durch die
Ehrfurcht vor den gestaltenden Kräften des Weltalls und der
Erkenntniß, daß ein Geheimniß uns umschwebe, wie tief wir
auch in die Erscheinungen eingedrungen sind, -- wenn man jede
dieser Beziehungen für sich selbst betrachtet -- genügend be-
stimmt. Es sind dies vielmehr nur verschiedene Seiten jenes
Verhältnisses, die erst zusammen genommen, ganz zum Aus-
drucke bringen, was der Mensch dem Allgemeinen gegenüber
empfinden soll. Jener Denker und jenes Werk, welche der
Lehre, die allein die Religion in vollkommenerer Weise er-
setzen könnte, nach allen Richtungen gerecht werden würden,
müßten also alle jene Beziehungen in wirksamer Weise zur
Darstellung bringen. Ferner aber müßte das Jdeal, nach

X.

Unſere Unterſuchung hat ergeben, daß Feuerbach, Düh-
ring, Duboc und Salter Elemente, die ein höherer Religions-
erſatz enthalten müſſe, am befriedigendſten dargeſtellt haben,
ohne daß jedoch einer der genannten Denker dieſe Be-
ſtandtheile zuſammen in’s Auge gefaßt und organiſch mit
einander verbunden hätte, noch auch daß von jenen Denkern
ſämmtliche Elemente, die ein Religionserſatz umfaſſen ſoll,
genügend betont worden wären.

Wir ſehen, daß ein vollkommenerer Religionserſatz erſtens
das Verhältniß des Menſchen zum Weltganzen näher zu be-
ſtimmen und ſerner ein Jdeal für den ſtrebenden und han-
delnden Menſchen aufzuſtellen habe. Das Verhältniß des
Menſchen zum Allgemeinen iſt weder durch das Bewußtſein
der Bedingtheit, noch durch das des Vertrauens in die letzten
Weltmächte und in den Weltproceß, noch endlich durch die
Ehrfurcht vor den geſtaltenden Kräften des Weltalls und der
Erkenntniß, daß ein Geheimniß uns umſchwebe, wie tief wir
auch in die Erſcheinungen eingedrungen ſind, — wenn man jede
dieſer Beziehungen für ſich ſelbſt betrachtet — genügend be-
ſtimmt. Es ſind dies vielmehr nur verſchiedene Seiten jenes
Verhältniſſes, die erſt zuſammen genommen, ganz zum Aus-
drucke bringen, was der Menſch dem Allgemeinen gegenüber
empfinden ſoll. Jener Denker und jenes Werk, welche der
Lehre, die allein die Religion in vollkommenerer Weiſe er-
ſetzen könnte, nach allen Richtungen gerecht werden würden,
müßten alſo alle jene Beziehungen in wirkſamer Weiſe zur
Darſtellung bringen. Ferner aber müßte das Jdeal, nach

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[88/0097] X. Unſere Unterſuchung hat ergeben, daß Feuerbach, Düh- ring, Duboc und Salter Elemente, die ein höherer Religions- erſatz enthalten müſſe, am befriedigendſten dargeſtellt haben, ohne daß jedoch einer der genannten Denker dieſe Be- ſtandtheile zuſammen in’s Auge gefaßt und organiſch mit einander verbunden hätte, noch auch daß von jenen Denkern ſämmtliche Elemente, die ein Religionserſatz umfaſſen ſoll, genügend betont worden wären. Wir ſehen, daß ein vollkommenerer Religionserſatz erſtens das Verhältniß des Menſchen zum Weltganzen näher zu be- ſtimmen und ſerner ein Jdeal für den ſtrebenden und han- delnden Menſchen aufzuſtellen habe. Das Verhältniß des Menſchen zum Allgemeinen iſt weder durch das Bewußtſein der Bedingtheit, noch durch das des Vertrauens in die letzten Weltmächte und in den Weltproceß, noch endlich durch die Ehrfurcht vor den geſtaltenden Kräften des Weltalls und der Erkenntniß, daß ein Geheimniß uns umſchwebe, wie tief wir auch in die Erſcheinungen eingedrungen ſind, — wenn man jede dieſer Beziehungen für ſich ſelbſt betrachtet — genügend be- ſtimmt. Es ſind dies vielmehr nur verſchiedene Seiten jenes Verhältniſſes, die erſt zuſammen genommen, ganz zum Aus- drucke bringen, was der Menſch dem Allgemeinen gegenüber empfinden ſoll. Jener Denker und jenes Werk, welche der Lehre, die allein die Religion in vollkommenerer Weiſe er- ſetzen könnte, nach allen Richtungen gerecht werden würden, müßten alſo alle jene Beziehungen in wirkſamer Weiſe zur Darſtellung bringen. Ferner aber müßte das Jdeal, nach

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Zitationshilfe: Druskowitz, Helene von: Moderne Versuche eines Religionsersatzes. Heidelberg, 1886, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/druskowitz_religionsersatz_1886/97>, abgerufen am 21.11.2024.