Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Droste-Hülshoff, Annette von: Letzte Gaben. Nachgelassene Blätter. Hrsg. v. Levin Schücking. Hannover, 1860.

Bild:
<< vorherige Seite
1.

Die Physiognomie des Landes Paderborn, Münster, der
Grafschaft Mark und des Herzogthums Westphalen.

Wenn wir von Westphalen reden, so be-
greifen wir darunter einen großen, sehr verschiedenen
Landstrich, verschieden nicht nur den weit aus-
einanderliegenden Stammwurzeln seiner Bevölkerung
nach, sondern auch in Allem, was die Physiognomie
des Landes bildet, oder wesentlich darauf zurück-
wirkt, in Klima, Naturform, Erwerbsquellen, und,
als Folge dessen, in Cultur, Sitten, Charakter, und
selbst Körperbildung seiner Bewohner: daher möch-
ten wohl wenige Theile unseres Deutschlands einer
so vielseitigen Beleuchtung bedürfen.

Zwar giebt es ein Element, das dem Ganzen,
mit Ausnahme einiger kleinen Grenzprovinzen, für
den oberflächlichen Beobachter einen Anhauch von
Gleichförmigkeit verleiht, ich meine das des gleichen
(katholischen) Religionscultus und des gleichen frü-
heren Lebens unter den Krummstäben, was in seiner

1.

Die Phyſiognomie des Landes Paderborn, Münſter, der
Grafſchaft Mark und des Herzogthums Weſtphalen.

Wenn wir von Weſtphalen reden, ſo be-
greifen wir darunter einen großen, ſehr verſchiedenen
Landſtrich, verſchieden nicht nur den weit aus-
einanderliegenden Stammwurzeln ſeiner Bevölkerung
nach, ſondern auch in Allem, was die Phyſiognomie
des Landes bildet, oder weſentlich darauf zurück-
wirkt, in Klima, Naturform, Erwerbsquellen, und,
als Folge deſſen, in Cultur, Sitten, Charakter, und
ſelbſt Körperbildung ſeiner Bewohner: daher möch-
ten wohl wenige Theile unſeres Deutſchlands einer
ſo vielſeitigen Beleuchtung bedürfen.

Zwar giebt es ein Element, das dem Ganzen,
mit Ausnahme einiger kleinen Grenzprovinzen, für
den oberflächlichen Beobachter einen Anhauch von
Gleichförmigkeit verleiht, ich meine das des gleichen
(katholiſchen) Religionscultus und des gleichen frü-
heren Lebens unter den Krummſtäben, was in ſeiner

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0247" n="[231]"/>
        <div n="2">
          <head>1.</head><lb/>
          <argument>
            <p> <hi rendition="#c">Die Phy&#x017F;iognomie des Landes Paderborn, Mün&#x017F;ter, der<lb/>
Graf&#x017F;chaft Mark und des Herzogthums We&#x017F;tphalen.</hi> </p>
          </argument><lb/>
          <p><hi rendition="#in">W</hi>enn wir von We&#x017F;tphalen reden, &#x017F;o be-<lb/>
greifen wir darunter einen großen, &#x017F;ehr ver&#x017F;chiedenen<lb/>
Land&#x017F;trich, ver&#x017F;chieden nicht nur den weit aus-<lb/>
einanderliegenden Stammwurzeln &#x017F;einer Bevölkerung<lb/>
nach, &#x017F;ondern auch in Allem, was die Phy&#x017F;iognomie<lb/>
des Landes bildet, oder we&#x017F;entlich darauf zurück-<lb/>
wirkt, in Klima, Naturform, Erwerbsquellen, und,<lb/>
als Folge de&#x017F;&#x017F;en, in Cultur, Sitten, Charakter, und<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t Körperbildung &#x017F;einer Bewohner: daher möch-<lb/>
ten wohl wenige Theile un&#x017F;eres Deut&#x017F;chlands einer<lb/>
&#x017F;o viel&#x017F;eitigen Beleuchtung bedürfen.</p><lb/>
          <p>Zwar giebt es ein Element, das dem Ganzen,<lb/>
mit Ausnahme einiger kleinen Grenzprovinzen, für<lb/>
den oberflächlichen Beobachter einen Anhauch von<lb/>
Gleichförmigkeit verleiht, ich meine das des gleichen<lb/>
(katholi&#x017F;chen) Religionscultus und des gleichen frü-<lb/>
heren Lebens unter den Krumm&#x017F;täben, was in &#x017F;einer<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[231]/0247] 1. Die Phyſiognomie des Landes Paderborn, Münſter, der Grafſchaft Mark und des Herzogthums Weſtphalen. Wenn wir von Weſtphalen reden, ſo be- greifen wir darunter einen großen, ſehr verſchiedenen Landſtrich, verſchieden nicht nur den weit aus- einanderliegenden Stammwurzeln ſeiner Bevölkerung nach, ſondern auch in Allem, was die Phyſiognomie des Landes bildet, oder weſentlich darauf zurück- wirkt, in Klima, Naturform, Erwerbsquellen, und, als Folge deſſen, in Cultur, Sitten, Charakter, und ſelbſt Körperbildung ſeiner Bewohner: daher möch- ten wohl wenige Theile unſeres Deutſchlands einer ſo vielſeitigen Beleuchtung bedürfen. Zwar giebt es ein Element, das dem Ganzen, mit Ausnahme einiger kleinen Grenzprovinzen, für den oberflächlichen Beobachter einen Anhauch von Gleichförmigkeit verleiht, ich meine das des gleichen (katholiſchen) Religionscultus und des gleichen frü- heren Lebens unter den Krummſtäben, was in ſeiner

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Die "Letzten Gaben" (1860), postum von Levin Schü… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/droste_letzte_1860
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/droste_letzte_1860/247
Zitationshilfe: Droste-Hülshoff, Annette von: Letzte Gaben. Nachgelassene Blätter. Hrsg. v. Levin Schücking. Hannover, 1860, S. [231]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_letzte_1860/247>, abgerufen am 22.12.2024.