Droste-Hülshoff, Annette von: Letzte Gaben. Nachgelassene Blätter. Hrsg. v. Levin Schücking. Hannover, 1860.Verflucht. Was schäumt das Meer, was wälzt es sich Und bäumt an das Gestade? Ist's Strömung, was da drunten wühlt? Ist's unterirdisch Feuer? Nicht Strömung ist es, was da wühlt, Nicht unterirdisch Feuer, Ein Leichnam fiel in seinen Schooß, Ein siebenmal verfluchter, Des Kaufmanns, der um schnödes Gold Erschlug den eignen Bruder. Herrlich. Und wenn er aus der Pforte tritt Und weht sein Mantel über die Gasse, Dann steh'n die Männer, das Haupt geneigt, Sprechend: wo sind deine Vasallen? -- Und die Wittwen und Waisen knieend schrei'n: Hilf uns, du mächt'ger Gebieter. Verflucht. Was ſchäumt das Meer, was wälzt es ſich Und bäumt an das Geſtade? Iſt’s Strömung, was da drunten wühlt? Iſt’s unterirdiſch Feuer? Nicht Strömung iſt es, was da wühlt, Nicht unterirdiſch Feuer, Ein Leichnam fiel in ſeinen Schooß, Ein ſiebenmal verfluchter, Des Kaufmanns, der um ſchnödes Gold Erſchlug den eignen Bruder. Herrlich. Und wenn er aus der Pforte tritt Und weht ſein Mantel über die Gaſſe, Dann ſteh’n die Männer, das Haupt geneigt, Sprechend: wo ſind deine Vaſallen? — Und die Wittwen und Waiſen knieend ſchrei’n: Hilf uns, du mächt’ger Gebieter. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0155" n="139"/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Verflucht</hi>.</hi> </head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l><hi rendition="#in">W</hi>as ſchäumt das Meer, was wälzt es ſich</l><lb/> <l>Und bäumt an das Geſtade?</l><lb/> <l>Iſt’s Strömung, was da drunten wühlt?</l><lb/> <l>Iſt’s unterirdiſch Feuer?</l><lb/> <l>Nicht Strömung iſt es, was da wühlt,</l><lb/> <l>Nicht unterirdiſch Feuer,</l><lb/> <l>Ein Leichnam fiel in ſeinen Schooß,</l><lb/> <l>Ein ſiebenmal verfluchter,</l><lb/> <l>Des Kaufmanns, der um ſchnödes Gold</l><lb/> <l>Erſchlug den eignen Bruder.</l> </lg> </lg> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Herrlich</hi>.</hi> </head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l><hi rendition="#in">U</hi>nd wenn er aus der Pforte tritt</l><lb/> <l>Und weht ſein Mantel über die Gaſſe,</l><lb/> <l>Dann ſteh’n die Männer, das Haupt geneigt,</l><lb/> <l>Sprechend: wo ſind deine Vaſallen? —</l><lb/> <l>Und die Wittwen und Waiſen knieend ſchrei’n:</l><lb/> <l>Hilf uns, du mächt’ger Gebieter.</l> </lg> </lg> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </body> </text> </TEI> [139/0155]
Verflucht.
Was ſchäumt das Meer, was wälzt es ſich
Und bäumt an das Geſtade?
Iſt’s Strömung, was da drunten wühlt?
Iſt’s unterirdiſch Feuer?
Nicht Strömung iſt es, was da wühlt,
Nicht unterirdiſch Feuer,
Ein Leichnam fiel in ſeinen Schooß,
Ein ſiebenmal verfluchter,
Des Kaufmanns, der um ſchnödes Gold
Erſchlug den eignen Bruder.
Herrlich.
Und wenn er aus der Pforte tritt
Und weht ſein Mantel über die Gaſſe,
Dann ſteh’n die Männer, das Haupt geneigt,
Sprechend: wo ſind deine Vaſallen? —
Und die Wittwen und Waiſen knieend ſchrei’n:
Hilf uns, du mächt’ger Gebieter.
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