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Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844.

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So freundlich war das Himmelblau,
So klar im Grase lag der Thau;
Man dachte nur, zu Lust und Frieden
Ein solcher Morgen sey beschieden.
Im Sonnenlichte stand das Heer,
Glanzwellen brachen sich am Speer,
Und leise wallend an den Stäben
Die Fahnen hob der Lüfte Weben.
Ein leerer Kreis, ein Haufen Sand,
Und seitwärts an der Lanzenwand
Zwei Krieger ihrer Wehr beraubt,
Tief auf die Brust das bleiche Haupt.
Die sahen nicht nach Sonnenlicht,
Sie hörten Rosses Wiehern nicht;
Vor ihrem Ohre summt es nur,
Ein Spinngewebe schien die Flur.
O anders, frischen Tod erwerben,
Als schmählig vor dem Standrecht sterben!
Zur Seite, mit den Offizieren,
Die flüsternd rasche Reden führen,
Der General verdüstert stand.
Kopfschüttelnd redet Obrist Spar,
Der Styrum nickt und lächelt gar,
Und der Sergent und Reiter auch
Sich wahren ihrer Rechte Brauch:
Es ist vorbei, das Stäbchen brach,
Den beiden stieg der letzte Tag.
Wer diese bleichen Sünder sah,
War er kein Stein, es ging ihm nah.
So freundlich war das Himmelblau,
So klar im Graſe lag der Thau;
Man dachte nur, zu Luſt und Frieden
Ein ſolcher Morgen ſey beſchieden.
Im Sonnenlichte ſtand das Heer,
Glanzwellen brachen ſich am Speer,
Und leiſe wallend an den Stäben
Die Fahnen hob der Lüfte Weben.
Ein leerer Kreis, ein Haufen Sand,
Und ſeitwärts an der Lanzenwand
Zwei Krieger ihrer Wehr beraubt,
Tief auf die Bruſt das bleiche Haupt.
Die ſahen nicht nach Sonnenlicht,
Sie hörten Roſſes Wiehern nicht;
Vor ihrem Ohre ſummt es nur,
Ein Spinngewebe ſchien die Flur.
O anders, friſchen Tod erwerben,
Als ſchmählig vor dem Standrecht ſterben!
Zur Seite, mit den Offizieren,
Die flüſternd raſche Reden führen,
Der General verdüſtert ſtand.
Kopfſchüttelnd redet Obriſt Spar,
Der Styrum nickt und lächelt gar,
Und der Sergent und Reiter auch
Sich wahren ihrer Rechte Brauch:
Es iſt vorbei, das Stäbchen brach,
Den beiden ſtieg der letzte Tag.
Wer dieſe bleichen Sünder ſah,
War er kein Stein, es ging ihm nah.
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[518/0532] So freundlich war das Himmelblau, So klar im Graſe lag der Thau; Man dachte nur, zu Luſt und Frieden Ein ſolcher Morgen ſey beſchieden. Im Sonnenlichte ſtand das Heer, Glanzwellen brachen ſich am Speer, Und leiſe wallend an den Stäben Die Fahnen hob der Lüfte Weben. Ein leerer Kreis, ein Haufen Sand, Und ſeitwärts an der Lanzenwand Zwei Krieger ihrer Wehr beraubt, Tief auf die Bruſt das bleiche Haupt. Die ſahen nicht nach Sonnenlicht, Sie hörten Roſſes Wiehern nicht; Vor ihrem Ohre ſummt es nur, Ein Spinngewebe ſchien die Flur. O anders, friſchen Tod erwerben, Als ſchmählig vor dem Standrecht ſterben! Zur Seite, mit den Offizieren, Die flüſternd raſche Reden führen, Der General verdüſtert ſtand. Kopfſchüttelnd redet Obriſt Spar, Der Styrum nickt und lächelt gar, Und der Sergent und Reiter auch Sich wahren ihrer Rechte Brauch: Es iſt vorbei, das Stäbchen brach, Den beiden ſtieg der letzte Tag. Wer dieſe bleichen Sünder ſah, War er kein Stein, es ging ihm nah.

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Zitationshilfe: Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844, S. 518. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844/532>, abgerufen am 26.04.2024.