"Geht, Kinder, nicht zu weit in's Bruch, Die Sonne sinkt, schon surrt den Flug Die Biene matter, schlafgehemmt, Am Grunde schwimmt ein blasses Tuch, Der Haidemann kömmt! --"
Die Knaben spielen fort am Raine, Sie rupfen Gräser, schnellen Steine, Sie plätschern in des Teiches Rinne, Erhaschen die Phalän' am Ried, Und freu'n sich, wenn die Wasserspinne Langbeinig in die Binsen flieht.
"Ihr Kinder, legt euch nicht in's Gras, -- Seht, wo noch grad' die Biene saß, Wie weißer Rauch die Glocken füllt. Scheu aus dem Busche glotzt der Haas, Der Haidemann schwillt! --"
Kaum hebt ihr schweres Haupt die Schmehle Noch aus dem Dunst, in seine Höhle Schiebt sich der Käfer und am Halme Die träge Motte höher kreucht, Sich flüchtend vor dem feuchten Qualme, Der unter ihre Flügel steigt.
* Hier nicht das bekannte Gespenst, sondern die Nebelschicht, die sich zur Herbst- und Frühlingszeit Abends über den Haidegrund legt.
Der Haidemann.*
„Geht, Kinder, nicht zu weit in's Bruch, Die Sonne ſinkt, ſchon ſurrt den Flug Die Biene matter, ſchlafgehemmt, Am Grunde ſchwimmt ein blaſſes Tuch, Der Haidemann kömmt! —“
Die Knaben ſpielen fort am Raine, Sie rupfen Gräſer, ſchnellen Steine, Sie plätſchern in des Teiches Rinne, Erhaſchen die Phalän' am Ried, Und freu'n ſich, wenn die Waſſerſpinne Langbeinig in die Binſen flieht.
„Ihr Kinder, legt euch nicht in's Gras, — Seht, wo noch grad' die Biene ſaß, Wie weißer Rauch die Glocken füllt. Scheu aus dem Buſche glotzt der Haas, Der Haidemann ſchwillt! —“
Kaum hebt ihr ſchweres Haupt die Schmehle Noch aus dem Dunſt, in ſeine Höhle Schiebt ſich der Käfer und am Halme Die träge Motte höher kreucht, Sich flüchtend vor dem feuchten Qualme, Der unter ihre Flügel ſteigt.
* Hier nicht das bekannte Geſpenſt, ſondern die Nebelſchicht, die ſich zur Herbſt- und Frühlingszeit Abends über den Haidegrund legt.
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Der Haidemann. *
„Geht, Kinder, nicht zu weit in's Bruch,
Die Sonne ſinkt, ſchon ſurrt den Flug
Die Biene matter, ſchlafgehemmt,
Am Grunde ſchwimmt ein blaſſes Tuch,
Der Haidemann kömmt! —“
Die Knaben ſpielen fort am Raine,
Sie rupfen Gräſer, ſchnellen Steine,
Sie plätſchern in des Teiches Rinne,
Erhaſchen die Phalän' am Ried,
Und freu'n ſich, wenn die Waſſerſpinne
Langbeinig in die Binſen flieht.
„Ihr Kinder, legt euch nicht in's Gras, —
Seht, wo noch grad' die Biene ſaß,
Wie weißer Rauch die Glocken füllt.
Scheu aus dem Buſche glotzt der Haas,
Der Haidemann ſchwillt! —“
Kaum hebt ihr ſchweres Haupt die Schmehle
Noch aus dem Dunſt, in ſeine Höhle
Schiebt ſich der Käfer und am Halme
Die träge Motte höher kreucht,
Sich flüchtend vor dem feuchten Qualme,
Der unter ihre Flügel ſteigt.
* Hier nicht das bekannte Geſpenſt, ſondern die Nebelſchicht, die ſich zur
Herbſt- und Frühlingszeit Abends über den Haidegrund legt.
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Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844, S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844/88>, abgerufen am 22.02.2025.
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