Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Krähen.
Heiß, heiß der Sonnenbrand
Drückt vom Zenith herunter,
Weit, weit der gelbe Sand
Zieht sein Gestäube drunter;
Nur wie ein grüner Strich
Am Horizont die Föhren;
Mich dünkt, man müßt' es hören,
Wenn nur ein Kranker schlich.
Der blasse Aether siecht,
Ein Ruhen rings, ein Schweigen,
Dem matt das Ohr erliegt;
Nur an der Düne steigen
Zwei Fichten, dürr, ergraut --
Wie Trauernde am Grabe --
Wo einsam sich ein Rabe
Die rupp'gen Federn kraut.
Da zieht's in Westen schwer
Wie eine Wetterwolke,
Kreis't um die Föhren her
Und fällt am Haidekolke;
Und wieder steigt es dann,
Es flattert und es ächzet,
Und immer näher krächzet
Das Galgenvolk heran.
Die Krähen.
Heiß, heiß der Sonnenbrand
Drückt vom Zenith herunter,
Weit, weit der gelbe Sand
Zieht ſein Geſtäube drunter;
Nur wie ein grüner Strich
Am Horizont die Föhren;
Mich dünkt, man müßt' es hören,
Wenn nur ein Kranker ſchlich.
Der blaſſe Aether ſiecht,
Ein Ruhen rings, ein Schweigen,
Dem matt das Ohr erliegt;
Nur an der Düne ſteigen
Zwei Fichten, dürr, ergraut —
Wie Trauernde am Grabe —
Wo einſam ſich ein Rabe
Die rupp'gen Federn kraut.
Da zieht's in Weſten ſchwer
Wie eine Wetterwolke,
Kreiſ't um die Föhren her
Und fällt am Haidekolke;
Und wieder ſteigt es dann,
Es flattert und es ächzet,
Und immer näher krächzet
Das Galgenvolk heran.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0078" n="64"/>
        </div>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Die Krähen.</hi><lb/>
          </head>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l>Heiß, heiß der Sonnenbrand</l><lb/>
              <l>Drückt vom Zenith herunter,</l><lb/>
              <l>Weit, weit der gelbe Sand</l><lb/>
              <l>Zieht &#x017F;ein Ge&#x017F;täube drunter;</l><lb/>
              <l>Nur wie ein grüner Strich</l><lb/>
              <l>Am Horizont die Föhren;</l><lb/>
              <l>Mich dünkt, man müßt' es hören,</l><lb/>
              <l>Wenn nur ein Kranker &#x017F;chlich.</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="2">
              <l>Der bla&#x017F;&#x017F;e Aether &#x017F;iecht,</l><lb/>
              <l>Ein Ruhen rings, ein Schweigen,</l><lb/>
              <l>Dem matt das Ohr erliegt;</l><lb/>
              <l>Nur an der Düne &#x017F;teigen</l><lb/>
              <l>Zwei Fichten, dürr, ergraut &#x2014;</l><lb/>
              <l>Wie Trauernde am Grabe &#x2014;</l><lb/>
              <l>Wo ein&#x017F;am &#x017F;ich ein Rabe</l><lb/>
              <l>Die rupp'gen Federn kraut.</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="3">
              <l>Da zieht's in We&#x017F;ten &#x017F;chwer</l><lb/>
              <l>Wie eine Wetterwolke,</l><lb/>
              <l>Krei&#x017F;'t um die Föhren her</l><lb/>
              <l>Und fällt am Haidekolke;</l><lb/>
              <l>Und wieder &#x017F;teigt es dann,</l><lb/>
              <l>Es flattert und es ächzet,</l><lb/>
              <l>Und immer näher krächzet</l><lb/>
              <l>Das Galgenvolk heran.</l><lb/>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[64/0078] Die Krähen. Heiß, heiß der Sonnenbrand Drückt vom Zenith herunter, Weit, weit der gelbe Sand Zieht ſein Geſtäube drunter; Nur wie ein grüner Strich Am Horizont die Föhren; Mich dünkt, man müßt' es hören, Wenn nur ein Kranker ſchlich. Der blaſſe Aether ſiecht, Ein Ruhen rings, ein Schweigen, Dem matt das Ohr erliegt; Nur an der Düne ſteigen Zwei Fichten, dürr, ergraut — Wie Trauernde am Grabe — Wo einſam ſich ein Rabe Die rupp'gen Federn kraut. Da zieht's in Weſten ſchwer Wie eine Wetterwolke, Kreiſ't um die Föhren her Und fällt am Haidekolke; Und wieder ſteigt es dann, Es flattert und es ächzet, Und immer näher krächzet Das Galgenvolk heran.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844/78
Zitationshilfe: Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844, S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844/78>, abgerufen am 21.12.2024.