Die Luft hat schlafen sich gelegt, Behaglich in das Moos gestreckt, Kein Rispeln, das die Kräuter regt, Kein Seufzer, der die Halme weckt. Nur eine Wolke träumt mitunter Am blassen Horizont hinunter, Dort, wo das Tannicht über'm Wall Die dunkeln Candelabern streckt. Da horch, ein Ruf, ein ferner Schall: "Halloh! hoho!" so lang gezogen, Man meint, die Klänge schlagen Wogen Im Ginsterfeld, und wieder dort: "Halloh! hoho!" -- am Dickicht fort Ein zögernd Echo, -- alles still! Man hört der Fliege Angstgeschrill Im Mettennetz, den Fall der Beere, Man hört im Kraut des Käfers Gang, Und dann wie zieh'nder Kranichheere Kling klang! von ihrer luft'gen Fähre, Wie ferner Unkenruf: Kling! klang! Ein Läuten das Gewäld entlang, Hui schlüpft der Fuchs den Wall hinab Er gleitet durch die Binsenspeere, Und zuckelt fürder seinen Trab: Und aus dem Dickicht, weiß wie Flocken, Nach stäuben die lebend'gen Glocken,
Die Jagd.
Die Luft hat ſchlafen ſich gelegt, Behaglich in das Moos geſtreckt, Kein Riſpeln, das die Kräuter regt, Kein Seufzer, der die Halme weckt. Nur eine Wolke träumt mitunter Am blaſſen Horizont hinunter, Dort, wo das Tannicht über'm Wall Die dunkeln Candelabern ſtreckt. Da horch, ein Ruf, ein ferner Schall: „Halloh! hoho!“ ſo lang gezogen, Man meint, die Klänge ſchlagen Wogen Im Ginſterfeld, und wieder dort: „Halloh! hoho!“ — am Dickicht fort Ein zögernd Echo, — alles ſtill! Man hört der Fliege Angſtgeſchrill Im Mettennetz, den Fall der Beere, Man hört im Kraut des Käfers Gang, Und dann wie zieh'nder Kranichheere Kling klang! von ihrer luft'gen Fähre, Wie ferner Unkenruf: Kling! klang! Ein Läuten das Gewäld entlang, Hui ſchlüpft der Fuchs den Wall hinab Er gleitet durch die Binſenſpeere, Und zuckelt fürder ſeinen Trab: Und aus dem Dickicht, weiß wie Flocken, Nach ſtäuben die lebend'gen Glocken,
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Die Jagd.
Die Luft hat ſchlafen ſich gelegt,
Behaglich in das Moos geſtreckt,
Kein Riſpeln, das die Kräuter regt,
Kein Seufzer, der die Halme weckt.
Nur eine Wolke träumt mitunter
Am blaſſen Horizont hinunter,
Dort, wo das Tannicht über'm Wall
Die dunkeln Candelabern ſtreckt.
Da horch, ein Ruf, ein ferner Schall:
„Halloh! hoho!“ ſo lang gezogen,
Man meint, die Klänge ſchlagen Wogen
Im Ginſterfeld, und wieder dort:
„Halloh! hoho!“ — am Dickicht fort
Ein zögernd Echo, — alles ſtill!
Man hört der Fliege Angſtgeſchrill
Im Mettennetz, den Fall der Beere,
Man hört im Kraut des Käfers Gang,
Und dann wie zieh'nder Kranichheere
Kling klang! von ihrer luft'gen Fähre,
Wie ferner Unkenruf: Kling! klang!
Ein Läuten das Gewäld entlang,
Hui ſchlüpft der Fuchs den Wall hinab
Er gleitet durch die Binſenſpeere,
Und zuckelt fürder ſeinen Trab:
Und aus dem Dickicht, weiß wie Flocken,
Nach ſtäuben die lebend'gen Glocken,
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Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844/55>, abgerufen am 21.12.2024.
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