'S ist Abend, und des Himmels Schein Spielt um Westphalens Eichenhain, Gibt jeder Blume Abschiedskuß, Und auch dem Weiher linden Gruß, Der ihm mit seinen blanken Wellen Will tausendfach entgegen schwellen. Am Ufer Wasserlilien stehn, Und durch das Schilf Gesäusel gehn, Wie Kinder, wenn sie, eingewiegt, Verfallen halb des Schlafes Macht, Noch einmal flüstern: "Gute Nacht!" Es ist so still; die Ebne liegt So fromm, in Abendduft gehüllt, Der Wittwe gleich in Trauer mild, Die um sich zieht den Schleier fein, So doch nicht birgt der Thränen Schein. Am Horizont das Wolkenbild, Ganz, wie ihr Sinnen, zuckend Licht, Das bald sich birgt, bald aufwärts bricht, Phantastisch, fremd, ein Traumgesicht.
Die Schlacht im Loener Bruch.
Erſter Geſang.
'S iſt Abend, und des Himmels Schein Spielt um Weſtphalens Eichenhain, Gibt jeder Blume Abſchiedskuß, Und auch dem Weiher linden Gruß, Der ihm mit ſeinen blanken Wellen Will tauſendfach entgegen ſchwellen. Am Ufer Waſſerlilien ſtehn, Und durch das Schilf Geſäuſel gehn, Wie Kinder, wenn ſie, eingewiegt, Verfallen halb des Schlafes Macht, Noch einmal flüſtern: „Gute Nacht!“ Es iſt ſo ſtill; die Ebne liegt So fromm, in Abendduft gehüllt, Der Wittwe gleich in Trauer mild, Die um ſich zieht den Schleier fein, So doch nicht birgt der Thränen Schein. Am Horizont das Wolkenbild, Ganz, wie ihr Sinnen, zuckend Licht, Das bald ſich birgt, bald aufwärts bricht, Phantaſtiſch, fremd, ein Traumgeſicht.
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[[491]/0505]
Die Schlacht im Loener Bruch.
Erſter Geſang.
'S iſt Abend, und des Himmels Schein
Spielt um Weſtphalens Eichenhain,
Gibt jeder Blume Abſchiedskuß,
Und auch dem Weiher linden Gruß,
Der ihm mit ſeinen blanken Wellen
Will tauſendfach entgegen ſchwellen.
Am Ufer Waſſerlilien ſtehn,
Und durch das Schilf Geſäuſel gehn,
Wie Kinder, wenn ſie, eingewiegt,
Verfallen halb des Schlafes Macht,
Noch einmal flüſtern: „Gute Nacht!“
Es iſt ſo ſtill; die Ebne liegt
So fromm, in Abendduft gehüllt,
Der Wittwe gleich in Trauer mild,
Die um ſich zieht den Schleier fein,
So doch nicht birgt der Thränen Schein.
Am Horizont das Wolkenbild,
Ganz, wie ihr Sinnen, zuckend Licht,
Das bald ſich birgt, bald aufwärts bricht,
Phantaſtiſch, fremd, ein Traumgeſicht.
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Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844, S. [491]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844/505>, abgerufen am 21.12.2024.
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