Wenn in den linden Vollmondnächten Die Nebel lagern über'm Rhein, Und graue Silberfäden flechten Ein Florgewand dem Heilgenschrein: Es träumt die Waldung, duftumsäumt, Es träumt die dunkle Fluthenschlange, Wie eine Robbe liegt am Hange Der Schürg' und träumt.
Tief zieht die Nacht den feuchten Odem, Des Walles Gräser zucken matt, Und ein zerhauchter Grabesbrodem Liegt über der entschlafnen Stadt: Sie hört das Schlummerlied der Well'n, Das leise murmelnde Geschäume, Und tiefer, tiefer sinkt in Träume Das alte Cöln.
Dort wo die graue Cathedrale, Ein riesenhafter Zeitentraum, Entsteigt dem düstern Trümmermale Der Macht, die auch zerrann wie Schaum -- Dort, in der Scheibe Purpurrund Hat taumelnd sich der Stral gegossen Und sinkt, und sinkt, in Traum zerflossen, Bis auf den Grund.
Meiſter Gerhard von Cöln.
Ein Notturno.
Wenn in den linden Vollmondnächten Die Nebel lagern über'm Rhein, Und graue Silberfäden flechten Ein Florgewand dem Heilgenſchrein: Es träumt die Waldung, duftumſäumt, Es träumt die dunkle Fluthenſchlange, Wie eine Robbe liegt am Hange Der Schürg' und träumt.
Tief zieht die Nacht den feuchten Odem, Des Walles Gräſer zucken matt, Und ein zerhauchter Grabesbrodem Liegt über der entſchlafnen Stadt: Sie hört das Schlummerlied der Well'n, Das leiſe murmelnde Geſchäume, Und tiefer, tiefer ſinkt in Träume Das alte Cöln.
Dort wo die graue Cathedrale, Ein rieſenhafter Zeitentraum, Entſteigt dem düſtern Trümmermale Der Macht, die auch zerrann wie Schaum — Dort, in der Scheibe Purpurrund Hat taumelnd ſich der Stral gegoſſen Und ſinkt, und ſinkt, in Traum zerfloſſen, Bis auf den Grund.
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Meiſter Gerhard von Cöln.
Ein Notturno.
Wenn in den linden Vollmondnächten
Die Nebel lagern über'm Rhein,
Und graue Silberfäden flechten
Ein Florgewand dem Heilgenſchrein:
Es träumt die Waldung, duftumſäumt,
Es träumt die dunkle Fluthenſchlange,
Wie eine Robbe liegt am Hange
Der Schürg' und träumt.
Tief zieht die Nacht den feuchten Odem,
Des Walles Gräſer zucken matt,
Und ein zerhauchter Grabesbrodem
Liegt über der entſchlafnen Stadt:
Sie hört das Schlummerlied der Well'n,
Das leiſe murmelnde Geſchäume,
Und tiefer, tiefer ſinkt in Träume
Das alte Cöln.
Dort wo die graue Cathedrale,
Ein rieſenhafter Zeitentraum,
Entſteigt dem düſtern Trümmermale
Der Macht, die auch zerrann wie Schaum —
Dort, in der Scheibe Purpurrund
Hat taumelnd ſich der Stral gegoſſen
Und ſinkt, und ſinkt, in Traum zerfloſſen,
Bis auf den Grund.
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Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844, S. 334. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844/348>, abgerufen am 21.12.2024.
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