'S giebt eine Sage, daß wenn plötzlich matt' Unheimlich Schaudern Einen übergleite, Daß dann ob seiner künft'gen Grabesstatt Der Todesengel schreite.
Ich hörte sie, und malte mir ein Bild Mit Trauerlocken, mondbeglänzter Stirne, So schaurig schön, wie's wohl zuweilen quillt Im schwimmenden Gehirne.
In seiner Hand sah ich den Ebenstab Mit leisem Strich des Bettes Lage messen, -- So weit das Haupt -- so weit der Fuß -- hinab! Verschüttet und vergessen!
Mich graute, doch ich sprach dem Grauen Hohn, Ich hielt das Bild in Reimes Netz gefangen, Und frevelnd wagt' ich aus der Todtenkron' Ein Lorbeerblatt zu langen.
O, manche Stunde denk ich jetzt daran, Fühl' ich mein Blut so matt und stockend schleichen, Schaut aus dem Spiegel mich ein Antlitz an -- Ich mag es nicht vergleichen; --
Der Todesengel.
'S giebt eine Sage, daß wenn plötzlich matt' Unheimlich Schaudern Einen übergleite, Daß dann ob ſeiner künft'gen Grabesſtatt Der Todesengel ſchreite.
Ich hörte ſie, und malte mir ein Bild Mit Trauerlocken, mondbeglänzter Stirne, So ſchaurig ſchön, wie's wohl zuweilen quillt Im ſchwimmenden Gehirne.
In ſeiner Hand ſah ich den Ebenſtab Mit leiſem Strich des Bettes Lage meſſen, — So weit das Haupt — ſo weit der Fuß — hinab! Verſchüttet und vergeſſen!
Mich graute, doch ich ſprach dem Grauen Hohn, Ich hielt das Bild in Reimes Netz gefangen, Und frevelnd wagt' ich aus der Todtenkron' Ein Lorbeerblatt zu langen.
O, manche Stunde denk ich jetzt daran, Fühl' ich mein Blut ſo matt und ſtockend ſchleichen, Schaut aus dem Spiegel mich ein Antlitz an — Ich mag es nicht vergleichen; —
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Der Todesengel.
'S giebt eine Sage, daß wenn plötzlich matt'
Unheimlich Schaudern Einen übergleite,
Daß dann ob ſeiner künft'gen Grabesſtatt
Der Todesengel ſchreite.
Ich hörte ſie, und malte mir ein Bild
Mit Trauerlocken, mondbeglänzter Stirne,
So ſchaurig ſchön, wie's wohl zuweilen quillt
Im ſchwimmenden Gehirne.
In ſeiner Hand ſah ich den Ebenſtab
Mit leiſem Strich des Bettes Lage meſſen,
— So weit das Haupt — ſo weit der Fuß — hinab!
Verſchüttet und vergeſſen!
Mich graute, doch ich ſprach dem Grauen Hohn,
Ich hielt das Bild in Reimes Netz gefangen,
Und frevelnd wagt' ich aus der Todtenkron'
Ein Lorbeerblatt zu langen.
O, manche Stunde denk ich jetzt daran,
Fühl' ich mein Blut ſo matt und ſtockend ſchleichen,
Schaut aus dem Spiegel mich ein Antlitz an —
Ich mag es nicht vergleichen; —
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Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844, S. 205. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844/219>, abgerufen am 30.12.2024.
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