Savoyen, Land beschnei'ter Höh'n, Wer hat dein kräftig Bild geseh'n, Wer trat in deiner Wälder Nacht, Sah auf zu deiner Wipfel Pracht, Wer stand an deinem Wasserfall, Wer lauschte deiner Ströme Hall, Und nannte dich nicht schön? Du Land des Volks, dem Reiche weihen Ruhmvoll den Namen des getreuen, Bist herrlich, wenn der Frühlingssturm Die Berggewässer schäumend führt, Und deiner Fichte schlanker Thurm Sich mit der jungen Nadel ziert; Bist reizend, wenn die Sommerglut Erzittert um den Mandelbaum; Doch in des Herbstes goldner Flut Du ruhst gleich dunkeln Auges Traum. Dann treibt der Wind kein rasselnd Laub Durch brauner Haiden Wirbelstaub; Wie halb bezwungne Seufzer wallen, Nur leis' die zarten Nadeln fallen, Als wagten sie zu flüstern kaum.
Der Tag bricht an; noch einsam steht Das Sonnenrund am Firmament; Am Strahl, der auf und nieder streicht,
Fragment.
Savoyen, Land beſchnei'ter Höh'n, Wer hat dein kräftig Bild geſeh'n, Wer trat in deiner Wälder Nacht, Sah auf zu deiner Wipfel Pracht, Wer ſtand an deinem Waſſerfall, Wer lauſchte deiner Ströme Hall, Und nannte dich nicht ſchön? Du Land des Volks, dem Reiche weihen Ruhmvoll den Namen des getreuen, Biſt herrlich, wenn der Frühlingsſturm Die Berggewäſſer ſchäumend führt, Und deiner Fichte ſchlanker Thurm Sich mit der jungen Nadel ziert; Biſt reizend, wenn die Sommerglut Erzittert um den Mandelbaum; Doch in des Herbſtes goldner Flut Du ruhſt gleich dunkeln Auges Traum. Dann treibt der Wind kein raſſelnd Laub Durch brauner Haiden Wirbelſtaub; Wie halb bezwungne Seufzer wallen, Nur leiſ' die zarten Nadeln fallen, Als wagten ſie zu flüſtern kaum.
Der Tag bricht an; noch einſam ſteht Das Sonnenrund am Firmament; Am Strahl, der auf und nieder ſtreicht,
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Fragment.
Savoyen, Land beſchnei'ter Höh'n,
Wer hat dein kräftig Bild geſeh'n,
Wer trat in deiner Wälder Nacht,
Sah auf zu deiner Wipfel Pracht,
Wer ſtand an deinem Waſſerfall,
Wer lauſchte deiner Ströme Hall,
Und nannte dich nicht ſchön?
Du Land des Volks, dem Reiche weihen
Ruhmvoll den Namen des getreuen,
Biſt herrlich, wenn der Frühlingsſturm
Die Berggewäſſer ſchäumend führt,
Und deiner Fichte ſchlanker Thurm
Sich mit der jungen Nadel ziert;
Biſt reizend, wenn die Sommerglut
Erzittert um den Mandelbaum;
Doch in des Herbſtes goldner Flut
Du ruhſt gleich dunkeln Auges Traum.
Dann treibt der Wind kein raſſelnd Laub
Durch brauner Haiden Wirbelſtaub;
Wie halb bezwungne Seufzer wallen,
Nur leiſ' die zarten Nadeln fallen,
Als wagten ſie zu flüſtern kaum.
Der Tag bricht an; noch einſam ſteht
Das Sonnenrund am Firmament;
Am Strahl, der auf und nieder ſtreicht,
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Droste-Hülshoff, Annette von: Gedichte. Stuttgart u. a., 1844, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/droste_gedichte_1844/125>, abgerufen am 30.12.2024.
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