So interessant diese Nachrichten sind, so verdienen sie doch noch mehr Aufklärung. Denn immer bleibt es sehr sonderbar, wie gemeine Bauern zu so richtigen, hellen Begriffen kommen konnten, als in den beyden Protocollen von ihnen dargelegt werden. Freylich sind sie mit einigen Sonderbarkeiten gemischt, aber ich wundere mich nur, daß dieser so wenige sind, und daß Menschen, in deren Kopfe Moses und der Hallische Buchdrucker so nahe bey einander Ue- gen, die großen Hauptwahrheiten der Vernunft, so rein abzutrennen wußten, und da sie in ihrem alten Glauben so eine Totalreforme vornahmen, ge- rade nicht mehr oder weniger wegwarfen und be- hielten, als geschehen ist. Ich gestehe, daß die Aussagen dieser Menschen, wenn sie ächt vorgetra- gen sind, und selbst ihre offene Simplicität mir Ach- tung für sie eingeflößt haben, und daß ich nichts in ihnen finde, was sie unfähig machte, treue Bürger und Unterthanen zu seyn. Was bedarf es hiezu mehr als das Daseyn und die Vorsehung Got- tes, Unsterblichkeit und Vergeltung des Gu- ten und Bösen zu glauben? Ist dieß nicht genug, um uns zu guten und rechtschaffenen Menschen zu machen? und kann -- muß es dem Staat nicht ge- nug seyn, uns diese zu wissen -- Freylich kön- nen, wie ich schon bemerkt ha[ - 2 Zeichen fehlen]e, Verhältnisse seyn, unter denen dieses nicht genug ist; Verhältnisse,
welche
So intereſſant dieſe Nachrichten ſind, ſo verdienen ſie doch noch mehr Aufklaͤrung. Denn immer bleibt es ſehr ſonderbar, wie gemeine Bauern zu ſo richtigen, hellen Begriffen kommen konnten, als in den beyden Protocollen von ihnen dargelegt werden. Freylich ſind ſie mit einigen Sonderbarkeiten gemiſcht, aber ich wundere mich nur, daß dieſer ſo wenige ſind, und daß Menſchen, in deren Kopfe Moſes und der Halliſche Buchdrucker ſo nahe bey einander Ue- gen, die großen Hauptwahrheiten der Vernunft, ſo rein abzutrennen wußten, und da ſie in ihrem alten Glauben ſo eine Totalreforme vornahmen, ge- rade nicht mehr oder weniger wegwarfen und be- hielten, als geſchehen iſt. Ich geſtehe, daß die Ausſagen dieſer Menſchen, wenn ſie aͤcht vorgetra- gen ſind, und ſelbſt ihre offene Simplicitaͤt mir Ach- tung fuͤr ſie eingefloͤßt haben, und daß ich nichts in ihnen finde, was ſie unfaͤhig machte, treue Buͤrger und Unterthanen zu ſeyn. Was bedarf es hiezu mehr als das Daſeyn und die Vorſehung Got- tes, Unſterblichkeit und Vergeltung des Gu- ten und Boͤſen zu glauben? Iſt dieß nicht genug, um uns zu guten und rechtſchaffenen Menſchen zu machen? und kann — muß es dem Staat nicht ge- nug ſeyn, uns dieſe zu wiſſen — Freylich koͤn- nen, wie ich ſchon bemerkt ha[ – 2 Zeichen fehlen]e, Verhaͤltniſſe ſeyn, unter denen dieſes nicht genug iſt; Verhaͤltniſſe,
welche
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0383"n="375"/><divn="3"><p>So intereſſant dieſe Nachrichten ſind, ſo verdienen<lb/>ſie doch noch mehr Aufklaͤrung. Denn immer bleibt<lb/>
es ſehr ſonderbar, wie gemeine Bauern zu ſo richtigen,<lb/>
hellen Begriffen kommen konnten, als in den beyden<lb/>
Protocollen von ihnen dargelegt werden. Freylich<lb/>ſind ſie mit einigen Sonderbarkeiten gemiſcht, aber<lb/>
ich wundere mich nur, daß dieſer ſo wenige ſind,<lb/>
und daß Menſchen, in deren Kopfe <hirendition="#fr">Moſes</hi> und der<lb/><hirendition="#fr">Halliſche Buchdrucker</hi>ſo nahe bey einander Ue-<lb/>
gen, die großen Hauptwahrheiten der Vernunft,<lb/>ſo rein abzutrennen wußten, und da ſie in ihrem<lb/>
alten Glauben ſo eine Totalreforme vornahmen, ge-<lb/>
rade nicht mehr oder weniger wegwarfen und be-<lb/>
hielten, als geſchehen iſt. Ich geſtehe, daß die<lb/>
Ausſagen dieſer Menſchen, wenn ſie aͤcht vorgetra-<lb/>
gen ſind, und ſelbſt ihre offene Simplicitaͤt mir Ach-<lb/>
tung fuͤr ſie eingefloͤßt haben, und daß ich nichts in<lb/>
ihnen finde, was ſie unfaͤhig machte, treue Buͤrger<lb/>
und Unterthanen zu ſeyn. Was bedarf es hiezu<lb/>
mehr als das <hirendition="#fr">Daſeyn und die Vorſehung Got-<lb/>
tes, Unſterblichkeit und Vergeltung des Gu-<lb/>
ten und Boͤſen</hi> zu glauben? Iſt dieß nicht genug,<lb/>
um uns zu guten und rechtſchaffenen Menſchen zu<lb/>
machen? und <hirendition="#fr">kann — muß</hi> es dem Staat nicht ge-<lb/>
nug ſeyn, uns <hirendition="#fr">dieſe zu wiſſen</hi>— Freylich koͤn-<lb/>
nen, wie ich ſchon bemerkt ha<gapunit="chars"quantity="2"/>e, Verhaͤltniſſe ſeyn,<lb/>
unter denen dieſes nicht genug iſt; Verhaͤltniſſe,<lb/><fwplace="bottom"type="catch">welche</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[375/0383]
So intereſſant dieſe Nachrichten ſind, ſo verdienen
ſie doch noch mehr Aufklaͤrung. Denn immer bleibt
es ſehr ſonderbar, wie gemeine Bauern zu ſo richtigen,
hellen Begriffen kommen konnten, als in den beyden
Protocollen von ihnen dargelegt werden. Freylich
ſind ſie mit einigen Sonderbarkeiten gemiſcht, aber
ich wundere mich nur, daß dieſer ſo wenige ſind,
und daß Menſchen, in deren Kopfe Moſes und der
Halliſche Buchdrucker ſo nahe bey einander Ue-
gen, die großen Hauptwahrheiten der Vernunft,
ſo rein abzutrennen wußten, und da ſie in ihrem
alten Glauben ſo eine Totalreforme vornahmen, ge-
rade nicht mehr oder weniger wegwarfen und be-
hielten, als geſchehen iſt. Ich geſtehe, daß die
Ausſagen dieſer Menſchen, wenn ſie aͤcht vorgetra-
gen ſind, und ſelbſt ihre offene Simplicitaͤt mir Ach-
tung fuͤr ſie eingefloͤßt haben, und daß ich nichts in
ihnen finde, was ſie unfaͤhig machte, treue Buͤrger
und Unterthanen zu ſeyn. Was bedarf es hiezu
mehr als das Daſeyn und die Vorſehung Got-
tes, Unſterblichkeit und Vergeltung des Gu-
ten und Boͤſen zu glauben? Iſt dieß nicht genug,
um uns zu guten und rechtſchaffenen Menſchen zu
machen? und kann — muß es dem Staat nicht ge-
nug ſeyn, uns dieſe zu wiſſen — Freylich koͤn-
nen, wie ich ſchon bemerkt ha__e, Verhaͤltniſſe ſeyn,
unter denen dieſes nicht genug iſt; Verhaͤltniſſe,
welche
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Dohm, Christian Conrad Wilhelm von: Über die bürgerliche Verbesserung der Juden. T. 2. Berlin u. a., 1783, S. 375. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_juden02_1783/383>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.