der volkreichsten und nahrhaftesten Oerter der Ge- gend, der hierinn manche der ehemals wegen In- düstrie und Reichthum berühmten Reichsstädte über- trifft. Vielleicht werden Sie in kurzem auch bey uns von einer eigenen Judenstadt hören, ich habe wirklich schon den Auftrag erhalten, eine solche Idee ins Werk zu setzen.
B. den 26. Oct. 1781.
S.
2.
-- Es muß schlechterdings mit den Juden noch da- hin kommen, daß ihnen erlaubt wird, das Juden- thum ganz zu verlaßen, ohne das Christenthum an- zunehmen, das heißt bey der natürlichen Religion, oder überhaupt bey einer Gottesverehrung, die den Juden wahr scheint und dem Staate nicht schadet, stehn zu bleiben.
S. 24. scheinen Sie zu sagen, daß ohne Re- ligion ein Staat durchaus nicht bestehen könne. Ich kann aber gar nicht einsehen, wie das Wohl des Staats und Bürgers damit nothwendig zusammenhängt? Einfluß haben Religion und Staat allerdings in einander, aber dieser kann sehr wohl ohne jene be-
stehen,
der volkreichſten und nahrhafteſten Oerter der Ge- gend, der hierinn manche der ehemals wegen In- duͤſtrie und Reichthum beruͤhmten Reichsſtaͤdte uͤber- trifft. Vielleicht werden Sie in kurzem auch bey uns von einer eigenen Judenſtadt hoͤren, ich habe wirklich ſchon den Auftrag erhalten, eine ſolche Idee ins Werk zu ſetzen.
B. den 26. Oct. 1781.
S.
2.
— Es muß ſchlechterdings mit den Juden noch da- hin kommen, daß ihnen erlaubt wird, das Juden- thum ganz zu verlaßen, ohne das Chriſtenthum an- zunehmen, das heißt bey der natuͤrlichen Religion, oder uͤberhaupt bey einer Gottesverehrung, die den Juden wahr ſcheint und dem Staate nicht ſchadet, ſtehn zu bleiben.
S. 24. ſcheinen Sie zu ſagen, daß ohne Re- ligion ein Staat durchaus nicht beſtehen koͤnne. Ich kann aber gar nicht einſehen, wie das Wohl des Staats und Buͤrgers damit nothwendig zuſammenhaͤngt? Einfluß haben Religion und Staat allerdings in einander, aber dieſer kann ſehr wohl ohne jene be-
ſtehen,
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0122"n="114"/>
der volkreichſten und nahrhafteſten Oerter der Ge-<lb/>
gend, der hierinn manche der ehemals wegen In-<lb/>
duͤſtrie und Reichthum beruͤhmten Reichsſtaͤdte uͤber-<lb/>
trifft. Vielleicht werden Sie in kurzem auch bey<lb/>
uns von einer eigenen Judenſtadt hoͤren, ich habe<lb/>
wirklich ſchon den Auftrag erhalten, eine ſolche Idee<lb/>
ins Werk zu ſetzen.</p><lb/><dateline><hirendition="#et">B. den 26. Oct. 1781.</hi></dateline><lb/><closer><salute><hirendition="#et"><hirendition="#fr">S.</hi></hi></salute></closer></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><divn="2"><head>2.</head><lb/><p>—<hirendition="#in">E</hi>s muß ſchlechterdings mit den Juden noch da-<lb/>
hin kommen, daß ihnen erlaubt wird, das Juden-<lb/>
thum ganz zu verlaßen, ohne das Chriſtenthum an-<lb/>
zunehmen, das heißt bey der natuͤrlichen Religion,<lb/>
oder uͤberhaupt bey einer Gottesverehrung, die den<lb/>
Juden wahr ſcheint und dem Staate nicht ſchadet,<lb/>ſtehn zu bleiben.</p><lb/><p>S. 24. <hirendition="#fr">ſcheinen</hi> Sie zu ſagen, <hirendition="#fr">daß ohne Re-<lb/>
ligion</hi> ein Staat durchaus nicht beſtehen koͤnne. Ich<lb/>
kann aber gar nicht einſehen, wie das Wohl des Staats<lb/>
und Buͤrgers damit nothwendig zuſammenhaͤngt?<lb/>
Einfluß haben Religion und Staat allerdings in<lb/>
einander, aber dieſer kann ſehr wohl ohne jene be-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">ſtehen,</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[114/0122]
der volkreichſten und nahrhafteſten Oerter der Ge-
gend, der hierinn manche der ehemals wegen In-
duͤſtrie und Reichthum beruͤhmten Reichsſtaͤdte uͤber-
trifft. Vielleicht werden Sie in kurzem auch bey
uns von einer eigenen Judenſtadt hoͤren, ich habe
wirklich ſchon den Auftrag erhalten, eine ſolche Idee
ins Werk zu ſetzen.
B. den 26. Oct. 1781.
S.
2.
— Es muß ſchlechterdings mit den Juden noch da-
hin kommen, daß ihnen erlaubt wird, das Juden-
thum ganz zu verlaßen, ohne das Chriſtenthum an-
zunehmen, das heißt bey der natuͤrlichen Religion,
oder uͤberhaupt bey einer Gottesverehrung, die den
Juden wahr ſcheint und dem Staate nicht ſchadet,
ſtehn zu bleiben.
S. 24. ſcheinen Sie zu ſagen, daß ohne Re-
ligion ein Staat durchaus nicht beſtehen koͤnne. Ich
kann aber gar nicht einſehen, wie das Wohl des Staats
und Buͤrgers damit nothwendig zuſammenhaͤngt?
Einfluß haben Religion und Staat allerdings in
einander, aber dieſer kann ſehr wohl ohne jene be-
ſtehen,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Dohm, Christian Conrad Wilhelm von: Über die bürgerliche Verbesserung der Juden. T. 2. Berlin u. a., 1783, S. 114. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_juden02_1783/122>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.