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Diefenbach, Johann: Reformation oder Revolution. Mainz, 1897.

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am 10. Juli, 1520 "den Brief des fränkischen Ritters Sil-
vester von Schauenburg. Und wollte wohl, daß in des Fürsten
Brief an den Cardinal St. Georgi daran gedacht würde, daß sie
wüßten, daß wenn sie mich gleich mit ihrem Bann von Wittenberg
verjagten, sie doch nichts ausrichten würden, als daß ihre böse
Sache noch schlimmer werde, weil nun nicht in Böhmen,
sondern mitten in Deutschland Leute sind, die mich, wenn ich
vertrieben, schützen können und wollen, ihnen zu Trotz wider
alle Donnerstrahlen. Da sie denn zu befahren haben, daß
ich unter solchen Beschützern sicher grimmiger auf die römischen
Leute losziehen werde, als wenn ich unter des Fürsten Herr-
schaft im öffentlichen Lehramte stritte. Welches unfehlbar,
wo Gott nicht wehret, geschehen wird. Den Fürsten1)
aber, den ich zeither, obschon heftig erbittert,
immer noch gescheuet habe, dürfte ich alsdann
nicht mehr scheuen
. Darum sollt ihr wissen, was ich
ihnen noch nicht angethan oder zugefügt, sei nicht meiner
Bescheidenheit, oder ihrer Tyrannei und Verdiensten, son-
dern der Ehrerbietung vor des Fürsten Namen
und Ansehen
und der gemeinen Sache der Studenten auf
der Universität zuzuschreiben2)."

Unmittelbar nach dem Reichstage zu Worms sollten die
Waffen ergriffen werden. "Der Kampf ist beschlossen," so
schreibt Hutten an Eoban Heß, "kann ich nicht Führer sein,
will ich Soldat sein. Jch werde fest bleiben, wenn auch hier
und da Freunde abfallen. Viel haben bisher meine Schriften
gewirkt, aber jetzt ist es Zeit, zu den Waffen zu greifen.
Schon erhalte ich sie. Und ich werde von dem Beginnen
nicht abstehen. Entweder will ich lebend dem Vaterland die

1) Kurfürst Friedrich von Sachsen.
2) Histor.-polit. Blätter. Bd IV, p. 483.

am 10. Juli, 1520 „den Brief des fränkiſchen Ritters Sil-
veſter von Schauenburg. Und wollte wohl, daß in des Fürſten
Brief an den Cardinal St. Georgi daran gedacht würde, daß ſie
wüßten, daß wenn ſie mich gleich mit ihrem Bann von Wittenberg
verjagten, ſie doch nichts ausrichten würden, als daß ihre böſe
Sache noch ſchlimmer werde, weil nun nicht in Böhmen,
ſondern mitten in Deutſchland Leute ſind, die mich, wenn ich
vertrieben, ſchützen können und wollen, ihnen zu Trotz wider
alle Donnerſtrahlen. Da ſie denn zu befahren haben, daß
ich unter ſolchen Beſchützern ſicher grimmiger auf die römiſchen
Leute losziehen werde, als wenn ich unter des Fürſten Herr-
ſchaft im öffentlichen Lehramte ſtritte. Welches unfehlbar,
wo Gott nicht wehret, geſchehen wird. Den Fürſten1)
aber, den ich zeither, obſchon heftig erbittert,
immer noch geſcheuet habe, dürfte ich alsdann
nicht mehr ſcheuen
. Darum ſollt ihr wiſſen, was ich
ihnen noch nicht angethan oder zugefügt, ſei nicht meiner
Beſcheidenheit, oder ihrer Tyrannei und Verdienſten, ſon-
dern der Ehrerbietung vor des Fürſten Namen
und Anſehen
und der gemeinen Sache der Studenten auf
der Univerſität zuzuſchreiben2).‟

Unmittelbar nach dem Reichstage zu Worms ſollten die
Waffen ergriffen werden. „Der Kampf iſt beſchloſſen,‟ ſo
ſchreibt Hutten an Eoban Heß, „kann ich nicht Führer ſein,
will ich Soldat ſein. Jch werde feſt bleiben, wenn auch hier
und da Freunde abfallen. Viel haben bisher meine Schriften
gewirkt, aber jetzt iſt es Zeit, zu den Waffen zu greifen.
Schon erhalte ich ſie. Und ich werde von dem Beginnen
nicht abſtehen. Entweder will ich lebend dem Vaterland die

1) Kurfürſt Friedrich von Sachſen.
2) Hiſtor.-polit. Blätter. Bd IV, p. 483.
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[14/0026] am 10. Juli, 1520 „den Brief des fränkiſchen Ritters Sil- veſter von Schauenburg. Und wollte wohl, daß in des Fürſten Brief an den Cardinal St. Georgi daran gedacht würde, daß ſie wüßten, daß wenn ſie mich gleich mit ihrem Bann von Wittenberg verjagten, ſie doch nichts ausrichten würden, als daß ihre böſe Sache noch ſchlimmer werde, weil nun nicht in Böhmen, ſondern mitten in Deutſchland Leute ſind, die mich, wenn ich vertrieben, ſchützen können und wollen, ihnen zu Trotz wider alle Donnerſtrahlen. Da ſie denn zu befahren haben, daß ich unter ſolchen Beſchützern ſicher grimmiger auf die römiſchen Leute losziehen werde, als wenn ich unter des Fürſten Herr- ſchaft im öffentlichen Lehramte ſtritte. Welches unfehlbar, wo Gott nicht wehret, geſchehen wird. Den Fürſten 1) aber, den ich zeither, obſchon heftig erbittert, immer noch geſcheuet habe, dürfte ich alsdann nicht mehr ſcheuen. Darum ſollt ihr wiſſen, was ich ihnen noch nicht angethan oder zugefügt, ſei nicht meiner Beſcheidenheit, oder ihrer Tyrannei und Verdienſten, ſon- dern der Ehrerbietung vor des Fürſten Namen und Anſehen und der gemeinen Sache der Studenten auf der Univerſität zuzuſchreiben 2).‟ Unmittelbar nach dem Reichstage zu Worms ſollten die Waffen ergriffen werden. „Der Kampf iſt beſchloſſen,‟ ſo ſchreibt Hutten an Eoban Heß, „kann ich nicht Führer ſein, will ich Soldat ſein. Jch werde feſt bleiben, wenn auch hier und da Freunde abfallen. Viel haben bisher meine Schriften gewirkt, aber jetzt iſt es Zeit, zu den Waffen zu greifen. Schon erhalte ich ſie. Und ich werde von dem Beginnen nicht abſtehen. Entweder will ich lebend dem Vaterland die 1) Kurfürſt Friedrich von Sachſen. 2) Hiſtor.-polit. Blätter. Bd IV, p. 483.

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Zitationshilfe: Diefenbach, Johann: Reformation oder Revolution. Mainz, 1897, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/diefenbach_reformation_1897/26>, abgerufen am 27.04.2024.