Jch spalte einen Saamen. Jch betrachte diesen soDieß wird bewiesen. genau, als es mir möglich ist, und ich muß zwey würk- lich von einander unterschiedene Materien in ihm un- terscheiden. Jn der Mitte ist eine glänzende, und diese ist mit einer schwammigten umgeben, die in mei- nem Munde, wenn ich sie mit den Zähnen zermalme einen Leim macht, den ich nur mit groser Mühe durch den Speichel ganz dünne machen und auflösen kann. Jch will es annehmen, daß jene der Kern in dem Saamen sey. Jch stekke den Saamen in die Erde. Er treibt unter sich eine Wurzel, und über sich ein Blatt. Jch nehme diesen Saamen sogleich aus der Erde, zerlege ihn, und ich finde in der schwammigten Materie eine Veränderung, aber den Kern noch unverändert. Jch lasse einen andern Saamen so lange in der Erde liegen, bis er einen Stengel treibet. Jch nehme ihn heraus, so bald ich dieses warnehme, und ich finde auch den Kern verändert. Er ist aufgeschwollen, und hat eine andere Gestallt wie vorher. Wer will es tadeln, wenn ich hieraus schlüsse, daß diese Materie das we- sentliche des Saamens sey, in welchem der Grund ent- halten, daß er ein Ding von einer bestimmten Art hervorbringen könne. Ein Gärsten Korn trägt keine andere Frucht als Gärste. Man mag die Erde in welche es gesäet wird, bald auf diese bald auf eine an- dere Art verändern. Jch nehme Gärsten Körner, die in ihrem Wachsthum nicht vollkommen geworden sind, oder, wie man sagt, die einen Brand habe. Jch spalte ein solches Korn, und ich finde den Kern, aber nicht so viel von der schwammigten Materie, wie in einem vollkommenem Kern. Jch stekke ein solches Korn, und es bringet entweder Gärstenkörner hervor, oder doch wenigstens eine Frucht die der Gärste sehr ähnlich ist. Sollte dieß nicht genug seyn, wo nicht mit Gewiß-
heit
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Beſchaffenheit derjenigen Dinge, in welche ꝛc.
§. 6.
Jch ſpalte einen Saamen. Jch betrachte dieſen ſoDieß wird bewieſen. genau, als es mir moͤglich iſt, und ich muß zwey wuͤrk- lich von einander unterſchiedene Materien in ihm un- terſcheiden. Jn der Mitte iſt eine glaͤnzende, und dieſe iſt mit einer ſchwammigten umgeben, die in mei- nem Munde, wenn ich ſie mit den Zaͤhnen zermalme einen Leim macht, den ich nur mit groſer Muͤhe durch den Speichel ganz duͤnne machen und aufloͤſen kann. Jch will es annehmen, daß jene der Kern in dem Saamen ſey. Jch ſtekke den Saamen in die Erde. Er treibt unter ſich eine Wurzel, und uͤber ſich ein Blatt. Jch nehme dieſen Saamen ſogleich aus der Erde, zerlege ihn, und ich finde in der ſchwammigten Materie eine Veraͤnderung, aber den Kern noch unveraͤndert. Jch laſſe einen andern Saamen ſo lange in der Erde liegen, bis er einen Stengel treibet. Jch nehme ihn heraus, ſo bald ich dieſes warnehme, und ich finde auch den Kern veraͤndert. Er iſt aufgeſchwollen, und hat eine andere Geſtallt wie vorher. Wer will es tadeln, wenn ich hieraus ſchluͤſſe, daß dieſe Materie das we- ſentliche des Saamens ſey, in welchem der Grund ent- halten, daß er ein Ding von einer beſtimmten Art hervorbringen koͤnne. Ein Gaͤrſten Korn traͤgt keine andere Frucht als Gaͤrſte. Man mag die Erde in welche es geſaͤet wird, bald auf dieſe bald auf eine an- dere Art veraͤndern. Jch nehme Gaͤrſten Koͤrner, die in ihrem Wachsthum nicht vollkommen geworden ſind, oder, wie man ſagt, die einen Brand habe. Jch ſpalte ein ſolches Korn, und ich finde den Kern, aber nicht ſo viel von der ſchwammigten Materie, wie in einem vollkommenem Kern. Jch ſtekke ein ſolches Korn, und es bringet entweder Gaͤrſtenkoͤrner hervor, oder doch wenigſtens eine Frucht die der Gaͤrſte ſehr aͤhnlich iſt. Sollte dieß nicht genug ſeyn, wo nicht mit Gewiß-
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Beſchaffenheit derjenigen Dinge, in welche ꝛc.
§. 6.
Jch ſpalte einen Saamen. Jch betrachte dieſen ſo
genau, als es mir moͤglich iſt, und ich muß zwey wuͤrk-
lich von einander unterſchiedene Materien in ihm un-
terſcheiden. Jn der Mitte iſt eine glaͤnzende, und
dieſe iſt mit einer ſchwammigten umgeben, die in mei-
nem Munde, wenn ich ſie mit den Zaͤhnen zermalme
einen Leim macht, den ich nur mit groſer Muͤhe durch
den Speichel ganz duͤnne machen und aufloͤſen kann.
Jch will es annehmen, daß jene der Kern in dem
Saamen ſey. Jch ſtekke den Saamen in die Erde.
Er treibt unter ſich eine Wurzel, und uͤber ſich ein Blatt.
Jch nehme dieſen Saamen ſogleich aus der Erde,
zerlege ihn, und ich finde in der ſchwammigten Materie
eine Veraͤnderung, aber den Kern noch unveraͤndert.
Jch laſſe einen andern Saamen ſo lange in der Erde
liegen, bis er einen Stengel treibet. Jch nehme ihn
heraus, ſo bald ich dieſes warnehme, und ich finde auch
den Kern veraͤndert. Er iſt aufgeſchwollen, und hat
eine andere Geſtallt wie vorher. Wer will es tadeln,
wenn ich hieraus ſchluͤſſe, daß dieſe Materie das we-
ſentliche des Saamens ſey, in welchem der Grund ent-
halten, daß er ein Ding von einer beſtimmten Art
hervorbringen koͤnne. Ein Gaͤrſten Korn traͤgt keine
andere Frucht als Gaͤrſte. Man mag die Erde in
welche es geſaͤet wird, bald auf dieſe bald auf eine an-
dere Art veraͤndern. Jch nehme Gaͤrſten Koͤrner, die
in ihrem Wachsthum nicht vollkommen geworden ſind,
oder, wie man ſagt, die einen Brand habe. Jch ſpalte
ein ſolches Korn, und ich finde den Kern, aber nicht
ſo viel von der ſchwammigten Materie, wie in einem
vollkommenem Kern. Jch ſtekke ein ſolches Korn,
und es bringet entweder Gaͤrſtenkoͤrner hervor, oder
doch wenigſtens eine Frucht die der Gaͤrſte ſehr aͤhnlich
iſt. Sollte dieß nicht genug ſeyn, wo nicht mit Gewiß-
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Darjes, Joachim Georg: Erste Gründe der Cameral-Wissenschaften. Jena, 1756, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/darjes_cameralwissenschaften_1756/57>, abgerufen am 13.11.2024.
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