diesen Vorschlag, die Policey solte es nicht leiden, daß die Kinder von andern Personen, als von den Müt- tern, gesäuget würden. Der Vorschlag hat einen Schein der Vollständigkeit, er ist aber nicht vollstän- dig. Die Milch einer ledigen Person ist öfters ge- sunder als die Milch der Mutter, und diese ist sehr oft mehreren Affekten unterworfen, als jene. Es ist demnach der sicherste Rath, es werde diese Bestim- mung dem Arzte überlassen, unter dessen Aufsicht das Hebe-Amt geführet wird.
Anmerk. Von unsern alten Vorfahren wur- den die Kinder gleich nach der Geburth in den näch- sten Fluß eingetaucht. Sie sahen das als ein Mittel an, eine dauerhafte Leibes-Constitution der Kinder zu würken. Die Aerzte mögen es unter- suchen, wie weit dieß in der Natur der Sache gegründet sey.
§. 140.
b) auf die Zeit, die zum Saugen be- stimmet.
Theils gründet es sich in der Zeit, die man zum Saugen bestimmet. Jch glaube, man kann auch in diesem Stükke der Sache zu wenig thun. Jch gründe mein Urtheil in der Aehnlichkeit mit den Thieren. Diese folgen in diesem Stükke dem Winke der Natur, und dieß ist der Grund der Vollkommenheit. Läst man die Jungen so lange saugen, bis sie durch ihren eigenen Trieb anderes Futter suchen, so bekommt man das gesundeste und stärkste Vieh. Jst es wahr, daß einerley folgen müsse, wo einerley Grund ist. So finde ich keine Ursache, in Ansehung dieser Regel, bey den Menschen eine Ausnahme zu machen.
§. 141.
c) auf die Wartung der Kinder.
Endlich gründet sich dieses in der Art und Weise, wie die Kinder in Ansehung der Wärme, der Klei-
dung,
Der Policey-Wiſſenſchaft 2 Abſchnitt,
dieſen Vorſchlag, die Policey ſolte es nicht leiden, daß die Kinder von andern Perſonen, als von den Muͤt- tern, geſaͤuget wuͤrden. Der Vorſchlag hat einen Schein der Vollſtaͤndigkeit, er iſt aber nicht vollſtaͤn- dig. Die Milch einer ledigen Perſon iſt oͤfters ge- ſunder als die Milch der Mutter, und dieſe iſt ſehr oft mehreren Affekten unterworfen, als jene. Es iſt demnach der ſicherſte Rath, es werde dieſe Beſtim- mung dem Arzte uͤberlaſſen, unter deſſen Aufſicht das Hebe-Amt gefuͤhret wird.
Anmerk. Von unſern alten Vorfahren wur- den die Kinder gleich nach der Geburth in den naͤch- ſten Fluß eingetaucht. Sie ſahen das als ein Mittel an, eine dauerhafte Leibes-Conſtitution der Kinder zu wuͤrken. Die Aerzte moͤgen es unter- ſuchen, wie weit dieß in der Natur der Sache gegruͤndet ſey.
§. 140.
b) auf die Zeit, die zum Saugen be- ſtimmet.
Theils gruͤndet es ſich in der Zeit, die man zum Saugen beſtimmet. Jch glaube, man kann auch in dieſem Stuͤkke der Sache zu wenig thun. Jch gruͤnde mein Urtheil in der Aehnlichkeit mit den Thieren. Dieſe folgen in dieſem Stuͤkke dem Winke der Natur, und dieß iſt der Grund der Vollkommenheit. Laͤſt man die Jungen ſo lange ſaugen, bis ſie durch ihren eigenen Trieb anderes Futter ſuchen, ſo bekommt man das geſundeſte und ſtaͤrkſte Vieh. Jſt es wahr, daß einerley folgen muͤſſe, wo einerley Grund iſt. So finde ich keine Urſache, in Anſehung dieſer Regel, bey den Menſchen eine Ausnahme zu machen.
§. 141.
c) auf die Wartung der Kinder.
Endlich gruͤndet ſich dieſes in der Art und Weiſe, wie die Kinder in Anſehung der Waͤrme, der Klei-
dung,
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Der Policey-Wiſſenſchaft 2 Abſchnitt,
dieſen Vorſchlag, die Policey ſolte es nicht leiden, daß
die Kinder von andern Perſonen, als von den Muͤt-
tern, geſaͤuget wuͤrden. Der Vorſchlag hat einen
Schein der Vollſtaͤndigkeit, er iſt aber nicht vollſtaͤn-
dig. Die Milch einer ledigen Perſon iſt oͤfters ge-
ſunder als die Milch der Mutter, und dieſe iſt ſehr
oft mehreren Affekten unterworfen, als jene. Es iſt
demnach der ſicherſte Rath, es werde dieſe Beſtim-
mung dem Arzte uͤberlaſſen, unter deſſen Aufſicht das
Hebe-Amt gefuͤhret wird.
Anmerk. Von unſern alten Vorfahren wur-
den die Kinder gleich nach der Geburth in den naͤch-
ſten Fluß eingetaucht. Sie ſahen das als ein
Mittel an, eine dauerhafte Leibes-Conſtitution der
Kinder zu wuͤrken. Die Aerzte moͤgen es unter-
ſuchen, wie weit dieß in der Natur der Sache
gegruͤndet ſey.
§. 140.
Theils gruͤndet es ſich in der Zeit, die man zum
Saugen beſtimmet. Jch glaube, man kann auch in
dieſem Stuͤkke der Sache zu wenig thun. Jch gruͤnde
mein Urtheil in der Aehnlichkeit mit den Thieren.
Dieſe folgen in dieſem Stuͤkke dem Winke der Natur,
und dieß iſt der Grund der Vollkommenheit. Laͤſt
man die Jungen ſo lange ſaugen, bis ſie durch ihren
eigenen Trieb anderes Futter ſuchen, ſo bekommt man
das geſundeſte und ſtaͤrkſte Vieh. Jſt es wahr, daß
einerley folgen muͤſſe, wo einerley Grund iſt. So
finde ich keine Urſache, in Anſehung dieſer Regel, bey
den Menſchen eine Ausnahme zu machen.
§. 141.
Endlich gruͤndet ſich dieſes in der Art und Weiſe,
wie die Kinder in Anſehung der Waͤrme, der Klei-
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Darjes, Joachim Georg: Erste Gründe der Cameral-Wissenschaften. Jena, 1756, S. 472. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/darjes_cameralwissenschaften_1756/492>, abgerufen am 13.11.2024.
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