aus dem Aeußerlichen beurtheilen, so kann man sich leicht betrügen. Man überlege die Lehre von dem Müßiggange (§. 348. folg. Sitten-Lehre) und man wird es bald merken, daß ein scheinbarer Müßiggang der gröste Fleiß, und der scheinbare Fleiß der gröste Müs- siggang seyn könne. Es bleibt demnach kein anderer Weg übrig, als dieser: Die Policey muß es unter- suchen, wie und wovon sich ein jeder im Staate ernähret.
§. 115.
Wie ist diese Untersuchung möglich? Jch glaubeDiese wird aufgelöset. nicht, daß ich fehle, wenn ich zu dieser Absicht das Gesetze vorschlage, was zu Catan in Persien ausge- übet wird, nach welchen ein jeder, der über sechs Jahr alt ist, sich bey der Obrigkeit angeben, und wovon er lebet, darthun muß. Jch werde die Anwendung die- ses Gesetzes also möglich machen. Das Policey-Col- legium muß ein Verzeichniß von allen Jnnwohnern des Staats haben. Es muß wissen, wer in einem jeden Hause wohnet *. Jst dieß, so kann es diese jährlich nach und nach vorfodern, und alle Umstände genau untersuchen, wovon sie sich ernähren. Es wer- den alsdenn bald diejenigen bekannt werden, welche Müßiggänger sind.
*Anmerk. Von diesem soll zu seiner Zeit bey der Einrichtung eines Policey-Collegii umständlicher geredet werden.
§. 116.Die andere. Wodurch können die Menschen zur Arbeit getrieben werden? 1) durch die Aufmunte- rung zur Arbeit.
Hat man einen Müßiggänger entdekket, was ist zu thun. Soll er das Land räumen? dieß ist wider die Policey (§. 39.). Er muß arbeitsam gemacht werden. Dieß kann entweder durch eine Aufmun- terung zur Arbeit bewerkstelliget werden, oder man
muß
F f 5
von der Aufmunterung zur Arbeit.
aus dem Aeußerlichen beurtheilen, ſo kann man ſich leicht betruͤgen. Man uͤberlege die Lehre von dem Muͤßiggange (§. 348. folg. Sitten-Lehre) und man wird es bald merken, daß ein ſcheinbarer Muͤßiggang der groͤſte Fleiß, und der ſcheinbare Fleiß der groͤſte Muͤſ- ſiggang ſeyn koͤnne. Es bleibt demnach kein anderer Weg uͤbrig, als dieſer: Die Policey muß es unter- ſuchen, wie und wovon ſich ein jeder im Staate ernaͤhret.
§. 115.
Wie iſt dieſe Unterſuchung moͤglich? Jch glaubeDieſe wird aufgeloͤſet. nicht, daß ich fehle, wenn ich zu dieſer Abſicht das Geſetze vorſchlage, was zu Catan in Perſien ausge- uͤbet wird, nach welchen ein jeder, der uͤber ſechs Jahr alt iſt, ſich bey der Obrigkeit angeben, und wovon er lebet, darthun muß. Jch werde die Anwendung die- ſes Geſetzes alſo moͤglich machen. Das Policey-Col- legium muß ein Verzeichniß von allen Jnnwohnern des Staats haben. Es muß wiſſen, wer in einem jeden Hauſe wohnet *. Jſt dieß, ſo kann es dieſe jaͤhrlich nach und nach vorfodern, und alle Umſtaͤnde genau unterſuchen, wovon ſie ſich ernaͤhren. Es wer- den alsdenn bald diejenigen bekannt werden, welche Muͤßiggaͤnger ſind.
*Anmerk. Von dieſem ſoll zu ſeiner Zeit bey der Einrichtung eines Policey-Collegii umſtaͤndlicher geredet werden.
§. 116.Die andere. Wodurch koͤnnen die Menſchen zur Arbeit getrieben werden? 1) durch die Aufmunte- rung zur Arbeit.
Hat man einen Muͤßiggaͤnger entdekket, was iſt zu thun. Soll er das Land raͤumen? dieß iſt wider die Policey (§. 39.). Er muß arbeitſam gemacht werden. Dieß kann entweder durch eine Aufmun- terung zur Arbeit bewerkſtelliget werden, oder man
muß
F f 5
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0477"n="457"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">von der Aufmunterung zur Arbeit.</hi></fw><lb/>
aus dem Aeußerlichen beurtheilen, ſo kann man ſich<lb/>
leicht betruͤgen. Man uͤberlege die Lehre von dem<lb/>
Muͤßiggange (§. 348. folg. Sitten-Lehre) und man wird<lb/>
es bald merken, daß ein ſcheinbarer Muͤßiggang der<lb/>
groͤſte Fleiß, und der ſcheinbare Fleiß der groͤſte Muͤſ-<lb/>ſiggang ſeyn koͤnne. Es bleibt demnach kein anderer<lb/>
Weg uͤbrig, als dieſer: <hirendition="#fr">Die Policey muß es unter-<lb/>ſuchen, wie und wovon ſich ein jeder im Staate<lb/>
ernaͤhret.</hi></p></div><lb/><divn="4"><head>§. 115.</head><lb/><p>Wie iſt dieſe Unterſuchung moͤglich? Jch glaube<noteplace="right">Dieſe wird<lb/>
aufgeloͤſet.</note><lb/>
nicht, daß ich fehle, wenn ich zu dieſer Abſicht das<lb/>
Geſetze vorſchlage, was zu Catan in Perſien ausge-<lb/>
uͤbet wird, nach welchen ein jeder, der uͤber ſechs Jahr<lb/>
alt iſt, ſich bey der Obrigkeit angeben, und wovon er<lb/>
lebet, darthun muß. Jch werde die Anwendung die-<lb/>ſes Geſetzes alſo moͤglich machen. Das Policey-Col-<lb/>
legium muß ein Verzeichniß von allen Jnnwohnern<lb/>
des Staats haben. Es muß wiſſen, wer in einem<lb/>
jeden Hauſe wohnet <notexml:id="e87"next="#e88"place="end"n="*"/>. Jſt dieß, ſo kann es dieſe<lb/>
jaͤhrlich nach und nach vorfodern, und alle Umſtaͤnde<lb/>
genau unterſuchen, wovon ſie ſich ernaͤhren. Es wer-<lb/>
den alsdenn bald diejenigen bekannt werden, welche<lb/>
Muͤßiggaͤnger ſind.</p><lb/><notexml:id="e88"prev="#e87"place="end"n="*"><hirendition="#et"><hirendition="#fr">Anmerk.</hi> Von dieſem ſoll zu ſeiner Zeit bey<lb/>
der Einrichtung eines Policey-Collegii umſtaͤndlicher<lb/>
geredet werden.</hi></note></div><lb/><divn="4"><head>§. 116.</head><noteplace="right">Die andere.<lb/>
Wodurch<lb/>
koͤnnen die<lb/>
Menſchen<lb/>
zur Arbeit<lb/>
getrieben<lb/>
werden?<lb/>
1) durch die<lb/>
Aufmunte-<lb/>
rung zur<lb/>
Arbeit.</note><lb/><p>Hat man einen Muͤßiggaͤnger entdekket, was iſt zu<lb/>
thun. Soll er das Land raͤumen? dieß iſt wider die<lb/>
Policey (§. 39.). Er muß arbeitſam gemacht<lb/>
werden. Dieß kann entweder durch eine Aufmun-<lb/>
terung zur Arbeit bewerkſtelliget werden, oder man<lb/><fwplace="bottom"type="sig">F f 5</fw><fwplace="bottom"type="catch">muß</fw><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[457/0477]
von der Aufmunterung zur Arbeit.
aus dem Aeußerlichen beurtheilen, ſo kann man ſich
leicht betruͤgen. Man uͤberlege die Lehre von dem
Muͤßiggange (§. 348. folg. Sitten-Lehre) und man wird
es bald merken, daß ein ſcheinbarer Muͤßiggang der
groͤſte Fleiß, und der ſcheinbare Fleiß der groͤſte Muͤſ-
ſiggang ſeyn koͤnne. Es bleibt demnach kein anderer
Weg uͤbrig, als dieſer: Die Policey muß es unter-
ſuchen, wie und wovon ſich ein jeder im Staate
ernaͤhret.
§. 115.
Wie iſt dieſe Unterſuchung moͤglich? Jch glaube
nicht, daß ich fehle, wenn ich zu dieſer Abſicht das
Geſetze vorſchlage, was zu Catan in Perſien ausge-
uͤbet wird, nach welchen ein jeder, der uͤber ſechs Jahr
alt iſt, ſich bey der Obrigkeit angeben, und wovon er
lebet, darthun muß. Jch werde die Anwendung die-
ſes Geſetzes alſo moͤglich machen. Das Policey-Col-
legium muß ein Verzeichniß von allen Jnnwohnern
des Staats haben. Es muß wiſſen, wer in einem
jeden Hauſe wohnet
*
. Jſt dieß, ſo kann es dieſe
jaͤhrlich nach und nach vorfodern, und alle Umſtaͤnde
genau unterſuchen, wovon ſie ſich ernaͤhren. Es wer-
den alsdenn bald diejenigen bekannt werden, welche
Muͤßiggaͤnger ſind.
Dieſe wird
aufgeloͤſet.
* Anmerk. Von dieſem ſoll zu ſeiner Zeit bey
der Einrichtung eines Policey-Collegii umſtaͤndlicher
geredet werden.
§. 116.
Hat man einen Muͤßiggaͤnger entdekket, was iſt zu
thun. Soll er das Land raͤumen? dieß iſt wider die
Policey (§. 39.). Er muß arbeitſam gemacht
werden. Dieß kann entweder durch eine Aufmun-
terung zur Arbeit bewerkſtelliget werden, oder man
muß
F f 5
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Darjes, Joachim Georg: Erste Gründe der Cameral-Wissenschaften. Jena, 1756, S. 457. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/darjes_cameralwissenschaften_1756/477>, abgerufen am 03.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.