mit Allmosen nicht viel zu erlangen ist, so finden sich aus Antrieb der Noth Arbeits-Leute genug, wel- che sich aber hernach bald wieder verlaufen, und wie sie sagen, sich auf ihre eigene Hand setzen. Man siehet es ferner klärlich daran, daß bey wohl- feilen Zeiten beständige Klagen über das Gesinde und Arbeits-Leute sind, und bey theuren Zeiten er- scheinet desfalls nirgend ein Mangel. Jch habe daher angemerkt, daß meistens an solchen Oertern, welche von der Gütigkeit der Natur wohl bedacht, recht träge Einwohner sich finden, weil sie sich dar- auf gar zu sehr verlassen. Dahingegen ich mich etlicher Orten entsinne, welche, weil ihnen die Natur keinen fruchtbaren Boden verliehen, sich mit Ge- walt zu andern Nahrungs-Mitteln haben anschik- ken müssen, wodurch sie in den treflichsten Flor und reichliche Nahrung gekommen. Siehet man ferner die Ursache hievon an, so lieget solche an Erziehung der Jugend, welche nicht zu rechter Zeit zum Fleiß angeführet wird.
*Jn der Addition zum zweyten Theil, achte Capitel §. 8. 9.
§. 114.
Die erste. Wie entdek- ket man die Müßiggän- ger?
Die erste Frage ist diese: Wie entdekket man die Müßiggänger im Staat? Viele werden glauben, die von uns §. 106. angegebene Regel könnte auch zur Erlangung dieser Absicht mit Nutzen angewendet wer- den. Allein, dieß ist nur ein Schein, der blendet. Die Policey würde ihre Absicht durch die Kirche schlecht erhalten, wenn sie dieses Mittel erwehlen wollte. Wo würde die Liebe gegen die Priester, wo würde die Hochach- tung bleiben, wenn diese den Zustand der Glieder der Kir- che verrathen solten? Beyde Stükke aber erfodert die Policey (§. 101.). Was ist zu thun? Will man dieß
aus
Der Policey-Wiſſenſchaft 2 Abſchnitt,
mit Allmoſen nicht viel zu erlangen iſt, ſo finden ſich aus Antrieb der Noth Arbeits-Leute genug, wel- che ſich aber hernach bald wieder verlaufen, und wie ſie ſagen, ſich auf ihre eigene Hand ſetzen. Man ſiehet es ferner klaͤrlich daran, daß bey wohl- feilen Zeiten beſtaͤndige Klagen uͤber das Geſinde und Arbeits-Leute ſind, und bey theuren Zeiten er- ſcheinet desfalls nirgend ein Mangel. Jch habe daher angemerkt, daß meiſtens an ſolchen Oertern, welche von der Guͤtigkeit der Natur wohl bedacht, recht traͤge Einwohner ſich finden, weil ſie ſich dar- auf gar zu ſehr verlaſſen. Dahingegen ich mich etlicher Orten entſinne, welche, weil ihnen die Natur keinen fruchtbaren Boden verliehen, ſich mit Ge- walt zu andern Nahrungs-Mitteln haben anſchik- ken muͤſſen, wodurch ſie in den treflichſten Flor und reichliche Nahrung gekommen. Siehet man ferner die Urſache hievon an, ſo lieget ſolche an Erziehung der Jugend, welche nicht zu rechter Zeit zum Fleiß angefuͤhret wird.
*Jn der Addition zum zweyten Theil, achte Capitel §. 8. 9.
§. 114.
Die erſte. Wie entdek- ket man die Muͤßiggaͤn- ger?
Die erſte Frage iſt dieſe: Wie entdekket man die Muͤßiggaͤnger im Staat? Viele werden glauben, die von uns §. 106. angegebene Regel koͤnnte auch zur Erlangung dieſer Abſicht mit Nutzen angewendet wer- den. Allein, dieß iſt nur ein Schein, der blendet. Die Policey wuͤrde ihre Abſicht durch die Kirche ſchlecht erhalten, wenn ſie dieſes Mittel erwehlen wollte. Wo wuͤrde die Liebe gegen die Prieſter, wo wuͤrde die Hochach- tung bleiben, wenn dieſe den Zuſtand der Glieder der Kir- che verrathen ſolten? Beyde Stuͤkke aber erfodert die Policey (§. 101.). Was iſt zu thun? Will man dieß
aus
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Der Policey-Wiſſenſchaft 2 Abſchnitt,
mit Allmoſen nicht viel zu erlangen iſt, ſo finden
ſich aus Antrieb der Noth Arbeits-Leute genug, wel-
che ſich aber hernach bald wieder verlaufen, und
wie ſie ſagen, ſich auf ihre eigene Hand ſetzen.
Man ſiehet es ferner klaͤrlich daran, daß bey wohl-
feilen Zeiten beſtaͤndige Klagen uͤber das Geſinde
und Arbeits-Leute ſind, und bey theuren Zeiten er-
ſcheinet desfalls nirgend ein Mangel. Jch habe
daher angemerkt, daß meiſtens an ſolchen Oertern,
welche von der Guͤtigkeit der Natur wohl bedacht,
recht traͤge Einwohner ſich finden, weil ſie ſich dar-
auf gar zu ſehr verlaſſen. Dahingegen ich mich
etlicher Orten entſinne, welche, weil ihnen die Natur
keinen fruchtbaren Boden verliehen, ſich mit Ge-
walt zu andern Nahrungs-Mitteln haben anſchik-
ken muͤſſen, wodurch ſie in den treflichſten Flor und
reichliche Nahrung gekommen. Siehet man ferner
die Urſache hievon an, ſo lieget ſolche an Erziehung
der Jugend, welche nicht zu rechter Zeit zum Fleiß
angefuͤhret wird.
* Jn der Addition zum zweyten Theil, achte Capitel
§. 8. 9.
§. 114.
Die erſte Frage iſt dieſe: Wie entdekket man die
Muͤßiggaͤnger im Staat? Viele werden glauben, die
von uns §. 106. angegebene Regel koͤnnte auch zur
Erlangung dieſer Abſicht mit Nutzen angewendet wer-
den. Allein, dieß iſt nur ein Schein, der blendet. Die
Policey wuͤrde ihre Abſicht durch die Kirche ſchlecht
erhalten, wenn ſie dieſes Mittel erwehlen wollte. Wo
wuͤrde die Liebe gegen die Prieſter, wo wuͤrde die Hochach-
tung bleiben, wenn dieſe den Zuſtand der Glieder der Kir-
che verrathen ſolten? Beyde Stuͤkke aber erfodert die
Policey (§. 101.). Was iſt zu thun? Will man dieß
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Darjes, Joachim Georg: Erste Gründe der Cameral-Wissenschaften. Jena, 1756, S. 456. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/darjes_cameralwissenschaften_1756/476>, abgerufen am 21.11.2024.
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