dieser Lehrer, wenn es mit den Gründen der Religion unterstützet wird, ein vorzügliches Mittel, die Glieder der Kirche zu bewegen, und von einreißenden Unord- nungen zurück zu halten (§. 95. 101.). Wer will es mir nun verargen, wenn ich behaupte, es sey nüzlich, wenn sich die Policey auch dieses Mittels bedienet. Wie können die Lehrer dieses bewerkstelligen, wenn sie nicht die häußlichen Umstände der Glieder der Kirche deutlich erkennen? Wie können sie diese deutlich er- kennen, wenn sie solche nicht fleißig untersuchen? Dieß ist genug, das zu beweisen, was wir haben be- weisen wollen.
§. 107.
Wie diefe anzuwenden.
Es ist demnach auch dieß eine Pflicht, welche die Policey von den Lehrern der Kirche erfodert, daß sie die Glieder der Kirche fleißig besuchen, in diesen ein auf Liebe gegründetes Zutrauen erwekken, und hiedurch nach den Regeln der Klugheit diejenigen Dinge ent- dekken, die bey ihnen eine Schwächung der Nahrung und so ferner würken können.
Anmerk. Die, welche sich noch weigern, meiner Lehre Beyfall zu geben, mögen diejenigen Oerter besuchen, wo noch diese Pflicht von den Lehrern beobachtet wird, und der Erfolg, den die Erfahrung darstellet, wird es ihnen lehren, daß diese Lehre von der Erfahrung unterstützet wird. Jch trage Be- denken, diese Oerter zu nennen, ich will aber doch die Sache mit einem allgemeinen Beyspiele erläu- tern. Man bilde sich eine häußliche Gesellschaft, wo der Haußherr die gröste Ursache hat, über sein Gesinde zu klagen. Es ist ungehorsam, es verdirbt vieles, und so ferner. Der Priester, welcher die zuvor angegebenen Eigenschaften hat, besuchet den Haußherrn. Dieser klaget jenem seine Noth. Der
Prie-
Der Policey-Wiſſenſchaft 2 Abſchnitt,
dieſer Lehrer, wenn es mit den Gruͤnden der Religion unterſtuͤtzet wird, ein vorzuͤgliches Mittel, die Glieder der Kirche zu bewegen, und von einreißenden Unord- nungen zuruͤck zu halten (§. 95. 101.). Wer will es mir nun verargen, wenn ich behaupte, es ſey nuͤzlich, wenn ſich die Policey auch dieſes Mittels bedienet. Wie koͤnnen die Lehrer dieſes bewerkſtelligen, wenn ſie nicht die haͤußlichen Umſtaͤnde der Glieder der Kirche deutlich erkennen? Wie koͤnnen ſie dieſe deutlich er- kennen, wenn ſie ſolche nicht fleißig unterſuchen? Dieß iſt genug, das zu beweiſen, was wir haben be- weiſen wollen.
§. 107.
Wie diefe anzuwenden.
Es iſt demnach auch dieß eine Pflicht, welche die Policey von den Lehrern der Kirche erfodert, daß ſie die Glieder der Kirche fleißig beſuchen, in dieſen ein auf Liebe gegruͤndetes Zutrauen erwekken, und hiedurch nach den Regeln der Klugheit diejenigen Dinge ent- dekken, die bey ihnen eine Schwaͤchung der Nahrung und ſo ferner wuͤrken koͤnnen.
Anmerk. Die, welche ſich noch weigern, meiner Lehre Beyfall zu geben, moͤgen diejenigen Oerter beſuchen, wo noch dieſe Pflicht von den Lehrern beobachtet wird, und der Erfolg, den die Erfahrung darſtellet, wird es ihnen lehren, daß dieſe Lehre von der Erfahrung unterſtuͤtzet wird. Jch trage Be- denken, dieſe Oerter zu nennen, ich will aber doch die Sache mit einem allgemeinen Beyſpiele erlaͤu- tern. Man bilde ſich eine haͤußliche Geſellſchaft, wo der Haußherr die groͤſte Urſache hat, uͤber ſein Geſinde zu klagen. Es iſt ungehorſam, es verdirbt vieles, und ſo ferner. Der Prieſter, welcher die zuvor angegebenen Eigenſchaften hat, beſuchet den Haußherrn. Dieſer klaget jenem ſeine Noth. Der
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Der Policey-Wiſſenſchaft 2 Abſchnitt,
dieſer Lehrer, wenn es mit den Gruͤnden der Religion
unterſtuͤtzet wird, ein vorzuͤgliches Mittel, die Glieder
der Kirche zu bewegen, und von einreißenden Unord-
nungen zuruͤck zu halten (§. 95. 101.). Wer will es
mir nun verargen, wenn ich behaupte, es ſey nuͤzlich,
wenn ſich die Policey auch dieſes Mittels bedienet.
Wie koͤnnen die Lehrer dieſes bewerkſtelligen, wenn ſie
nicht die haͤußlichen Umſtaͤnde der Glieder der Kirche
deutlich erkennen? Wie koͤnnen ſie dieſe deutlich er-
kennen, wenn ſie ſolche nicht fleißig unterſuchen?
Dieß iſt genug, das zu beweiſen, was wir haben be-
weiſen wollen.
§. 107.
Es iſt demnach auch dieß eine Pflicht, welche die
Policey von den Lehrern der Kirche erfodert, daß ſie
die Glieder der Kirche fleißig beſuchen, in dieſen ein
auf Liebe gegruͤndetes Zutrauen erwekken, und hiedurch
nach den Regeln der Klugheit diejenigen Dinge ent-
dekken, die bey ihnen eine Schwaͤchung der Nahrung
und ſo ferner wuͤrken koͤnnen.
Anmerk. Die, welche ſich noch weigern, meiner
Lehre Beyfall zu geben, moͤgen diejenigen Oerter
beſuchen, wo noch dieſe Pflicht von den Lehrern
beobachtet wird, und der Erfolg, den die Erfahrung
darſtellet, wird es ihnen lehren, daß dieſe Lehre von
der Erfahrung unterſtuͤtzet wird. Jch trage Be-
denken, dieſe Oerter zu nennen, ich will aber doch
die Sache mit einem allgemeinen Beyſpiele erlaͤu-
tern. Man bilde ſich eine haͤußliche Geſellſchaft,
wo der Haußherr die groͤſte Urſache hat, uͤber ſein
Geſinde zu klagen. Es iſt ungehorſam, es verdirbt
vieles, und ſo ferner. Der Prieſter, welcher die
zuvor angegebenen Eigenſchaften hat, beſuchet den
Haußherrn. Dieſer klaget jenem ſeine Noth. Der
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Darjes, Joachim Georg: Erste Gründe der Cameral-Wissenschaften. Jena, 1756, S. 452. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/darjes_cameralwissenschaften_1756/472>, abgerufen am 13.11.2024.
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