Einmahl: Die Policey muß auf Mittel denken, wodurch ein jeder im Lande völlige Nahrung gewinnen, und
Fürs andere: das Seinige mit Sicherheit ge- brauchen und anwenden könne.
Wie ist dieß zu bewerkstelligen, was diese Regeln erfordern? Die Sache ist zu wichtig, als daß wir ihr mit wenigen Worten Genüge thun können. Sie verdienet in der Folge eine besondere Abhandlung.
§. 44.
Das andere die Vermeh- rung der Jnnwohner, Einmahl durch das Kinderzeu- gen.
So weit von der Erhaltung der Jnnwohner. Es folget die Vergrösserung ihrer Anzahl. Das Mittel hiezu ist einmahl die Vermehrung der Einheimischen (§. 31.). Auch bey diesem Stükke kann die Policey weiter nichts thun, als daß sie die Hinderniße dieser Vermehrung aus dem Wege räumet. Was sind das für Hindernisse? und wie können sie aus dem Wege geräumet werden? Wer das Natur-und Völker- Recht verstehet, dem wird es leicht werden, beydes anzuzeigen. Jch will denen nicht beypflichten, die hieher das Verboth des Concubinats zehlen. Diese verstehen zwar die Kunst, ihrer Sache einen Schein der Wahrheit zu geben. Sie sprechen: dieses Verboth würke einen unzähligen Mißbrauch der Natur, und dieser verhindere das Daseyn unendlich vieler Kinder, die man zum Nutzen des Staats und der besonderen Herrschaften anwenden könne. Zum Nutzen des Staats könnten sie Soldaten und Werkzeuge der öffentlichen Fabriquen werden, und zum Nutzen der besondern Herrschaften könnten sie zur Bearbeitung wüster Felder und häußlichen Bedienungen gebraucht werden. Allein ein Weiser wird diesen Schein sehr bald entdekken. Jch will vielmehr mein Absehen nur auf die Gleichheit der Heyrathen richten. Soll ein jeder Vater seine Kinder standesmäßig erziehen, und
soll
Der Policey-Wiſſenſchaft 2 Abſchnitt,
Einmahl: Die Policey muß auf Mittel denken, wodurch ein jeder im Lande voͤllige Nahrung gewinnen, und
Fuͤrs andere: das Seinige mit Sicherheit ge- brauchen und anwenden koͤnne.
Wie iſt dieß zu bewerkſtelligen, was dieſe Regeln erfordern? Die Sache iſt zu wichtig, als daß wir ihr mit wenigen Worten Genuͤge thun koͤnnen. Sie verdienet in der Folge eine beſondere Abhandlung.
§. 44.
Das andere die Vermeh- rung der Jnnwohner, Einmahl durch das Kinderzeu- gen.
So weit von der Erhaltung der Jnnwohner. Es folget die Vergroͤſſerung ihrer Anzahl. Das Mittel hiezu iſt einmahl die Vermehrung der Einheimiſchen (§. 31.). Auch bey dieſem Stuͤkke kann die Policey weiter nichts thun, als daß ſie die Hinderniße dieſer Vermehrung aus dem Wege raͤumet. Was ſind das fuͤr Hinderniſſe? und wie koͤnnen ſie aus dem Wege geraͤumet werden? Wer das Natur-und Voͤlker- Recht verſtehet, dem wird es leicht werden, beydes anzuzeigen. Jch will denen nicht beypflichten, die hieher das Verboth des Concubinats zehlen. Dieſe verſtehen zwar die Kunſt, ihrer Sache einen Schein der Wahrheit zu geben. Sie ſprechen: dieſes Verboth wuͤrke einen unzaͤhligen Mißbrauch der Natur, und dieſer verhindere das Daſeyn unendlich vieler Kinder, die man zum Nutzen des Staats und der beſonderen Herrſchaften anwenden koͤnne. Zum Nutzen des Staats koͤnnten ſie Soldaten und Werkzeuge der oͤffentlichen Fabriquen werden, und zum Nutzen der beſondern Herrſchaften koͤnnten ſie zur Bearbeitung wuͤſter Felder und haͤußlichen Bedienungen gebraucht werden. Allein ein Weiſer wird dieſen Schein ſehr bald entdekken. Jch will vielmehr mein Abſehen nur auf die Gleichheit der Heyrathen richten. Soll ein jeder Vater ſeine Kinder ſtandesmaͤßig erziehen, und
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Der Policey-Wiſſenſchaft 2 Abſchnitt,
Einmahl: Die Policey muß auf Mittel denken,
wodurch ein jeder im Lande voͤllige Nahrung
gewinnen, und
Fuͤrs andere: das Seinige mit Sicherheit ge-
brauchen und anwenden koͤnne.
Wie iſt dieß zu bewerkſtelligen, was dieſe Regeln
erfordern? Die Sache iſt zu wichtig, als daß wir
ihr mit wenigen Worten Genuͤge thun koͤnnen. Sie
verdienet in der Folge eine beſondere Abhandlung.
§. 44.
So weit von der Erhaltung der Jnnwohner. Es
folget die Vergroͤſſerung ihrer Anzahl. Das Mittel
hiezu iſt einmahl die Vermehrung der Einheimiſchen
(§. 31.). Auch bey dieſem Stuͤkke kann die Policey
weiter nichts thun, als daß ſie die Hinderniße dieſer
Vermehrung aus dem Wege raͤumet. Was ſind das
fuͤr Hinderniſſe? und wie koͤnnen ſie aus dem Wege
geraͤumet werden? Wer das Natur-und Voͤlker-
Recht verſtehet, dem wird es leicht werden, beydes
anzuzeigen. Jch will denen nicht beypflichten, die
hieher das Verboth des Concubinats zehlen. Dieſe
verſtehen zwar die Kunſt, ihrer Sache einen Schein
der Wahrheit zu geben. Sie ſprechen: dieſes Verboth
wuͤrke einen unzaͤhligen Mißbrauch der Natur, und
dieſer verhindere das Daſeyn unendlich vieler Kinder,
die man zum Nutzen des Staats und der beſonderen
Herrſchaften anwenden koͤnne. Zum Nutzen des
Staats koͤnnten ſie Soldaten und Werkzeuge der
oͤffentlichen Fabriquen werden, und zum Nutzen der
beſondern Herrſchaften koͤnnten ſie zur Bearbeitung
wuͤſter Felder und haͤußlichen Bedienungen gebraucht
werden. Allein ein Weiſer wird dieſen Schein ſehr
bald entdekken. Jch will vielmehr mein Abſehen nur
auf die Gleichheit der Heyrathen richten. Soll ein
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Darjes, Joachim Georg: Erste Gründe der Cameral-Wissenschaften. Jena, 1756, S. 418. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/darjes_cameralwissenschaften_1756/438>, abgerufen am 21.11.2024.
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