Stükke beschreiben, auf welche es bey der Bereitung des Eßigs vornehmlich ankommt.
§. 429.
Zuerst müssen wir uns einen Begriff vom EßigWas der Eßig. machen. Wir wollen diesen so gut bilden, als es uns möglich ist. Die Säure ist zwar ein Merkmahl vom Eßig. Doch aber giebt sie keinen vollständigen Be- griff vom Eßig. Wir haben verschiedene säuerliche Safte, die doch den Nahmen eines Eßigs nicht ver- dienen, weil sie unvermögend sind, dasjenige zu wür- ken, was der Eßig würken soll. Den wahren Eßig würket die Natur durch den andern Grad der Gäh- rung, der die saure Gährung genennet wird. Wenn man nehmlich den Wein, den die geistige Gährung gewürket hat, mit einer Gähre, die ein Wein-Stein-Salz in sich hat, an einem warmen Or- te durch das öftere Umrühren oder Schütteln aufs neue in die Gährung setzet, so heist diese Gährung, die mit einer Hitze vergesellschaftet ist, die saure Gährung. Diese benimmt dem Weine seinen Ge- ruch. Er nimmt eine Säure an, die nach und nach stärker wird, bis die Gährung von sich selbst aufhört. Dieser durch die saure Gährung gewürkte Saft wird der Eßig genennet. Wenn man diesen Saft, der den andern Grad der Gährung gelitten hat, destilli- ret, so bekommt man keinen Brandwein, wie aus der Destillation des Weins, den die geistige Gährung ge- bohren hat, sondern eine saure Flüßigkeit, die nicht brennt, und die der destillirte Eßig genennet wird. Dieß ist genug, zu begreifen, wie der Eßig von dem Brandweine, und die saure Gährung von der geisti- gen in Ansehung der Würkung unterschieden sey.
§. 430.
T
von der Bereitung des Eßigs.
Stuͤkke beſchreiben, auf welche es bey der Bereitung des Eßigs vornehmlich ankommt.
§. 429.
Zuerſt muͤſſen wir uns einen Begriff vom EßigWas der Eßig. machen. Wir wollen dieſen ſo gut bilden, als es uns moͤglich iſt. Die Saͤure iſt zwar ein Merkmahl vom Eßig. Doch aber giebt ſie keinen vollſtaͤndigen Be- griff vom Eßig. Wir haben verſchiedene ſaͤuerliche Safte, die doch den Nahmen eines Eßigs nicht ver- dienen, weil ſie unvermoͤgend ſind, dasjenige zu wuͤr- ken, was der Eßig wuͤrken ſoll. Den wahren Eßig wuͤrket die Natur durch den andern Grad der Gaͤh- rung, der die ſaure Gaͤhrung genennet wird. Wenn man nehmlich den Wein, den die geiſtige Gaͤhrung gewuͤrket hat, mit einer Gaͤhre, die ein Wein-Stein-Salz in ſich hat, an einem warmen Or- te durch das oͤftere Umruͤhren oder Schuͤtteln aufs neue in die Gaͤhrung ſetzet, ſo heiſt dieſe Gaͤhrung, die mit einer Hitze vergeſellſchaftet iſt, die ſaure Gaͤhrung. Dieſe benimmt dem Weine ſeinen Ge- ruch. Er nimmt eine Saͤure an, die nach und nach ſtaͤrker wird, bis die Gaͤhrung von ſich ſelbſt aufhoͤrt. Dieſer durch die ſaure Gaͤhrung gewuͤrkte Saft wird der Eßig genennet. Wenn man dieſen Saft, der den andern Grad der Gaͤhrung gelitten hat, deſtilli- ret, ſo bekommt man keinen Brandwein, wie aus der Deſtillation des Weins, den die geiſtige Gaͤhrung ge- bohren hat, ſondern eine ſaure Fluͤßigkeit, die nicht brennt, und die der deſtillirte Eßig genennet wird. Dieß iſt genug, zu begreifen, wie der Eßig von dem Brandweine, und die ſaure Gaͤhrung von der geiſti- gen in Anſehung der Wuͤrkung unterſchieden ſey.
§. 430.
T
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0309"n="289"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">von der Bereitung des Eßigs.</hi></fw><lb/>
Stuͤkke beſchreiben, auf welche es bey der Bereitung<lb/>
des Eßigs vornehmlich ankommt.</p></div><lb/><divn="4"><head>§. 429.</head><lb/><p>Zuerſt muͤſſen wir uns einen Begriff vom Eßig<noteplace="right">Was der<lb/>
Eßig.</note><lb/>
machen. Wir wollen dieſen ſo gut bilden, als es uns<lb/>
moͤglich iſt. Die Saͤure iſt zwar ein Merkmahl vom<lb/>
Eßig. Doch aber giebt ſie keinen vollſtaͤndigen Be-<lb/>
griff vom Eßig. Wir haben verſchiedene ſaͤuerliche<lb/>
Safte, die doch den Nahmen eines Eßigs nicht ver-<lb/>
dienen, weil ſie unvermoͤgend ſind, dasjenige zu wuͤr-<lb/>
ken, was der Eßig wuͤrken ſoll. Den wahren Eßig<lb/>
wuͤrket die Natur durch den andern Grad der Gaͤh-<lb/>
rung, der die <hirendition="#fr">ſaure Gaͤhrung</hi> genennet wird.<lb/>
Wenn man nehmlich den Wein, den die geiſtige<lb/>
Gaͤhrung gewuͤrket hat, mit einer Gaͤhre, die ein<lb/>
Wein-Stein-Salz in ſich hat, an einem warmen Or-<lb/>
te durch das oͤftere Umruͤhren oder Schuͤtteln aufs<lb/>
neue in die Gaͤhrung ſetzet, ſo heiſt dieſe Gaͤhrung,<lb/>
die mit einer Hitze vergeſellſchaftet iſt, die <hirendition="#fr">ſaure<lb/>
Gaͤhrung.</hi> Dieſe benimmt dem Weine ſeinen Ge-<lb/>
ruch. Er nimmt eine Saͤure an, die nach und nach<lb/>ſtaͤrker wird, bis die Gaͤhrung von ſich ſelbſt aufhoͤrt.<lb/>
Dieſer durch die ſaure Gaͤhrung gewuͤrkte Saft wird<lb/>
der <hirendition="#fr">Eßig</hi> genennet. Wenn man dieſen Saft, der<lb/>
den andern Grad der Gaͤhrung gelitten hat, deſtilli-<lb/>
ret, ſo bekommt man keinen Brandwein, wie aus der<lb/>
Deſtillation des Weins, den die geiſtige Gaͤhrung ge-<lb/>
bohren hat, ſondern eine ſaure Fluͤßigkeit, die nicht<lb/>
brennt, und die der deſtillirte Eßig genennet wird.<lb/>
Dieß iſt genug, zu begreifen, wie der Eßig von dem<lb/>
Brandweine, und die ſaure Gaͤhrung von der geiſti-<lb/>
gen in Anſehung der Wuͤrkung unterſchieden ſey.</p></div><lb/><fwplace="bottom"type="sig">T</fw><fwplace="bottom"type="catch">§. 430.</fw><lb/></div></div></div></body></text></TEI>
[289/0309]
von der Bereitung des Eßigs.
Stuͤkke beſchreiben, auf welche es bey der Bereitung
des Eßigs vornehmlich ankommt.
§. 429.
Zuerſt muͤſſen wir uns einen Begriff vom Eßig
machen. Wir wollen dieſen ſo gut bilden, als es uns
moͤglich iſt. Die Saͤure iſt zwar ein Merkmahl vom
Eßig. Doch aber giebt ſie keinen vollſtaͤndigen Be-
griff vom Eßig. Wir haben verſchiedene ſaͤuerliche
Safte, die doch den Nahmen eines Eßigs nicht ver-
dienen, weil ſie unvermoͤgend ſind, dasjenige zu wuͤr-
ken, was der Eßig wuͤrken ſoll. Den wahren Eßig
wuͤrket die Natur durch den andern Grad der Gaͤh-
rung, der die ſaure Gaͤhrung genennet wird.
Wenn man nehmlich den Wein, den die geiſtige
Gaͤhrung gewuͤrket hat, mit einer Gaͤhre, die ein
Wein-Stein-Salz in ſich hat, an einem warmen Or-
te durch das oͤftere Umruͤhren oder Schuͤtteln aufs
neue in die Gaͤhrung ſetzet, ſo heiſt dieſe Gaͤhrung,
die mit einer Hitze vergeſellſchaftet iſt, die ſaure
Gaͤhrung. Dieſe benimmt dem Weine ſeinen Ge-
ruch. Er nimmt eine Saͤure an, die nach und nach
ſtaͤrker wird, bis die Gaͤhrung von ſich ſelbſt aufhoͤrt.
Dieſer durch die ſaure Gaͤhrung gewuͤrkte Saft wird
der Eßig genennet. Wenn man dieſen Saft, der
den andern Grad der Gaͤhrung gelitten hat, deſtilli-
ret, ſo bekommt man keinen Brandwein, wie aus der
Deſtillation des Weins, den die geiſtige Gaͤhrung ge-
bohren hat, ſondern eine ſaure Fluͤßigkeit, die nicht
brennt, und die der deſtillirte Eßig genennet wird.
Dieß iſt genug, zu begreifen, wie der Eßig von dem
Brandweine, und die ſaure Gaͤhrung von der geiſti-
gen in Anſehung der Wuͤrkung unterſchieden ſey.
Was der
Eßig.
§. 430.
T
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Darjes, Joachim Georg: Erste Gründe der Cameral-Wissenschaften. Jena, 1756, S. 289. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/darjes_cameralwissenschaften_1756/309>, abgerufen am 21.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.