Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Darjes, Joachim Georg: Erste Gründe der Cameral-Wissenschaften. Jena, 1756.

Bild:
<< vorherige Seite

Der Stadt-Wirthschaft 2 Abschnitt
tern. Sie giebt uns Gelegenheit, unsere Begriffe
genauer zu bestimmen, daß wir diese zum Nutzen der
Menschen anwenden können. Wenn wir es aber bey
dieser Entdekkung bewenden lassen, so wird unsre
Beschäftigung ein Handwerk. Wir können die ver-
schiedenen Stükke, die bey der Arbeit vorkommen,
nicht beurtheilen, und unsere Werke können nur
durch ein Schicksaal vollkommen werden. Es ist
vernünftiger und nützlicher, wenn wir uns zuvor von
dem Werke der Kunst einen deutlichen Begriff ma-
chen. Dieser wird uns diejenigen Hauptstükke leh-
ren, auf welche es bey Verfertigung desselben an-
kömmt. Dieser wird uns die Gründe von den ver-
schiedenen Beschäftigungen entdekken. Dieses wird
uns Gründe geben, aus den durch die Erfahrung
entdekten Handgriffen die besten zu erwählen, und
diese da, wo es fehlet, zu verbessern. Jst diese Be-
trachtung gegründet, so wird sie auch unser Verfah-
ren rechtfertigen, da wir diese, in dem wir die Wer-
ke der Kunst abhandeln wollen, zur Regel angenom-
men haben.

§. 328.
Was Bier.

Wir wollen Bier brauen. Was heist Bier? Was
heist brauen? Tacitus nennet das Bier einen Wein,
den die Teutschen aus dem verdorbenen Getraide ver-
fertiget. Verstehet Tacitus durch das verdorbene
Getraide dieß, was wir Malz nennen, so ist seine
von dem Bier gegebene Erklärung vollkommen.
Denn durch den Wein verstehet man in der Schei-
dekunst den Saft, oder das Getränke, das die gei-
stige Gährung hervorbringet.

Anmerk. Die Gedanken des Herrn Ma-
quer
*) bekräftigen diese Bedeutung des Worts.
Ob gleich, spricht er, dieser Name Wein ei-
gentlich nur für denjenigen Saft gehört, der

aus

Der Stadt-Wirthſchaft 2 Abſchnitt
tern. Sie giebt uns Gelegenheit, unſere Begriffe
genauer zu beſtimmen, daß wir dieſe zum Nutzen der
Menſchen anwenden koͤnnen. Wenn wir es aber bey
dieſer Entdekkung bewenden laſſen, ſo wird unſre
Beſchaͤftigung ein Handwerk. Wir koͤnnen die ver-
ſchiedenen Stuͤkke, die bey der Arbeit vorkommen,
nicht beurtheilen, und unſere Werke koͤnnen nur
durch ein Schickſaal vollkommen werden. Es iſt
vernuͤnftiger und nuͤtzlicher, wenn wir uns zuvor von
dem Werke der Kunſt einen deutlichen Begriff ma-
chen. Dieſer wird uns diejenigen Hauptſtuͤkke leh-
ren, auf welche es bey Verfertigung deſſelben an-
koͤmmt. Dieſer wird uns die Gruͤnde von den ver-
ſchiedenen Beſchaͤftigungen entdekken. Dieſes wird
uns Gruͤnde geben, aus den durch die Erfahrung
entdekten Handgriffen die beſten zu erwaͤhlen, und
dieſe da, wo es fehlet, zu verbeſſern. Jſt dieſe Be-
trachtung gegruͤndet, ſo wird ſie auch unſer Verfah-
ren rechtfertigen, da wir dieſe, in dem wir die Wer-
ke der Kunſt abhandeln wollen, zur Regel angenom-
men haben.

§. 328.
Was Bier.

Wir wollen Bier brauen. Was heiſt Bier? Was
heiſt brauen? Tacitus nennet das Bier einen Wein,
den die Teutſchen aus dem verdorbenen Getraide ver-
fertiget. Verſtehet Tacitus durch das verdorbene
Getraide dieß, was wir Malz nennen, ſo iſt ſeine
von dem Bier gegebene Erklaͤrung vollkommen.
Denn durch den Wein verſtehet man in der Schei-
dekunſt den Saft, oder das Getraͤnke, das die gei-
ſtige Gaͤhrung hervorbringet.

Anmerk. Die Gedanken des Herrn Ma-
quer
*) bekraͤftigen dieſe Bedeutung des Worts.
Ob gleich, ſpricht er, dieſer Name Wein ei-
gentlich nur fuͤr denjenigen Saft gehoͤrt, der

aus
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0256" n="236"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Der Stadt-Wirth&#x017F;chaft 2 Ab&#x017F;chnitt</hi></fw><lb/>
tern. Sie giebt uns Gelegenheit, un&#x017F;ere Begriffe<lb/>
genauer zu be&#x017F;timmen, daß wir die&#x017F;e zum Nutzen der<lb/>
Men&#x017F;chen anwenden ko&#x0364;nnen. Wenn wir es aber bey<lb/>
die&#x017F;er Entdekkung bewenden la&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;o wird un&#x017F;re<lb/>
Be&#x017F;cha&#x0364;ftigung ein Handwerk. Wir ko&#x0364;nnen die ver-<lb/>
&#x017F;chiedenen Stu&#x0364;kke, die bey der Arbeit vorkommen,<lb/>
nicht beurtheilen, und un&#x017F;ere Werke ko&#x0364;nnen nur<lb/>
durch ein Schick&#x017F;aal vollkommen werden. Es i&#x017F;t<lb/>
vernu&#x0364;nftiger und nu&#x0364;tzlicher, wenn wir uns zuvor von<lb/>
dem Werke der Kun&#x017F;t einen deutlichen Begriff ma-<lb/>
chen. Die&#x017F;er wird uns diejenigen Haupt&#x017F;tu&#x0364;kke leh-<lb/>
ren, auf welche es bey Verfertigung de&#x017F;&#x017F;elben an-<lb/>
ko&#x0364;mmt. Die&#x017F;er wird uns die Gru&#x0364;nde von den ver-<lb/>
&#x017F;chiedenen Be&#x017F;cha&#x0364;ftigungen entdekken. Die&#x017F;es wird<lb/>
uns Gru&#x0364;nde geben, aus den durch die Erfahrung<lb/>
entdekten Handgriffen die be&#x017F;ten zu erwa&#x0364;hlen, und<lb/>
die&#x017F;e da, wo es fehlet, zu verbe&#x017F;&#x017F;ern. J&#x017F;t die&#x017F;e Be-<lb/>
trachtung gegru&#x0364;ndet, &#x017F;o wird &#x017F;ie auch un&#x017F;er Verfah-<lb/>
ren rechtfertigen, da wir die&#x017F;e, in dem wir die Wer-<lb/>
ke der Kun&#x017F;t abhandeln wollen, zur Regel angenom-<lb/>
men haben.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 328.</head><lb/>
              <note place="left">Was Bier.</note>
              <p>Wir wollen Bier brauen. Was hei&#x017F;t Bier? Was<lb/>
hei&#x017F;t brauen? <hi rendition="#fr">Tacitus</hi> nennet das Bier einen Wein,<lb/>
den die Teut&#x017F;chen aus dem verdorbenen Getraide ver-<lb/>
fertiget. Ver&#x017F;tehet <hi rendition="#fr">Tacitus</hi> durch das verdorbene<lb/>
Getraide dieß, was wir Malz nennen, &#x017F;o i&#x017F;t &#x017F;eine<lb/>
von dem Bier gegebene Erkla&#x0364;rung vollkommen.<lb/>
Denn durch den Wein ver&#x017F;tehet man in der Schei-<lb/>
dekun&#x017F;t den Saft, oder das Getra&#x0364;nke, das die gei-<lb/>
&#x017F;tige Ga&#x0364;hrung hervorbringet.</p><lb/>
              <p> <hi rendition="#et"><hi rendition="#fr">Anmerk.</hi> Die Gedanken des Herrn <hi rendition="#fr">Ma-<lb/>
quer</hi> <note xml:id="e35" next="#e36" place="end" n="*)"/> bekra&#x0364;ftigen die&#x017F;e Bedeutung des Worts.<lb/><hi rendition="#fr">Ob gleich,</hi> &#x017F;pricht er, <hi rendition="#fr">die&#x017F;er Name Wein ei-<lb/>
gentlich nur fu&#x0364;r denjenigen Saft geho&#x0364;rt, der</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">aus</hi></fw><lb/></hi> </p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[236/0256] Der Stadt-Wirthſchaft 2 Abſchnitt tern. Sie giebt uns Gelegenheit, unſere Begriffe genauer zu beſtimmen, daß wir dieſe zum Nutzen der Menſchen anwenden koͤnnen. Wenn wir es aber bey dieſer Entdekkung bewenden laſſen, ſo wird unſre Beſchaͤftigung ein Handwerk. Wir koͤnnen die ver- ſchiedenen Stuͤkke, die bey der Arbeit vorkommen, nicht beurtheilen, und unſere Werke koͤnnen nur durch ein Schickſaal vollkommen werden. Es iſt vernuͤnftiger und nuͤtzlicher, wenn wir uns zuvor von dem Werke der Kunſt einen deutlichen Begriff ma- chen. Dieſer wird uns diejenigen Hauptſtuͤkke leh- ren, auf welche es bey Verfertigung deſſelben an- koͤmmt. Dieſer wird uns die Gruͤnde von den ver- ſchiedenen Beſchaͤftigungen entdekken. Dieſes wird uns Gruͤnde geben, aus den durch die Erfahrung entdekten Handgriffen die beſten zu erwaͤhlen, und dieſe da, wo es fehlet, zu verbeſſern. Jſt dieſe Be- trachtung gegruͤndet, ſo wird ſie auch unſer Verfah- ren rechtfertigen, da wir dieſe, in dem wir die Wer- ke der Kunſt abhandeln wollen, zur Regel angenom- men haben. §. 328. Wir wollen Bier brauen. Was heiſt Bier? Was heiſt brauen? Tacitus nennet das Bier einen Wein, den die Teutſchen aus dem verdorbenen Getraide ver- fertiget. Verſtehet Tacitus durch das verdorbene Getraide dieß, was wir Malz nennen, ſo iſt ſeine von dem Bier gegebene Erklaͤrung vollkommen. Denn durch den Wein verſtehet man in der Schei- dekunſt den Saft, oder das Getraͤnke, das die gei- ſtige Gaͤhrung hervorbringet. Anmerk. Die Gedanken des Herrn Ma- quer *⁾ bekraͤftigen dieſe Bedeutung des Worts. Ob gleich, ſpricht er, dieſer Name Wein ei- gentlich nur fuͤr denjenigen Saft gehoͤrt, der aus

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/darjes_cameralwissenschaften_1756
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/darjes_cameralwissenschaften_1756/256
Zitationshilfe: Darjes, Joachim Georg: Erste Gründe der Cameral-Wissenschaften. Jena, 1756, S. 236. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/darjes_cameralwissenschaften_1756/256>, abgerufen am 21.11.2024.