Ich habe stets den alten Ausspruch für weise gehal- ten, man müsse die menschlichen Dinge nicht bewei- nen, nicht belachen, man müsse sie zu verstehen trach- ten. Vielleicht ist er Mitursache, daß ich der kräf- tigen Aufforderung unserer Gegenwart, beachtet zu werden, nie auf die Dauer widerstanden habe. Es schien mir immer mehr, der Augenblick sey groß oder gemein, je nachdem man ihn behandelt und verbin- det, und der Unterschied der so genannten glücklichen und unglücklichen Zeitalter liege am Ende darin, daß die einen für sich selber etwas zu bedeuten scheinen, die andern aber im Zusammenhange mit dem Ganzen unserer Entwickelungen wirklich etwas um so Größe- res bedeuten. Der freiere Blick auf eine lange und immer zusammenhängendere Strecke von den Bahnen der Menschheit ist diesem Zeitalter zu Stab und Stütze gegeben. Weil ich diesem Gedanken folgte, und ich weiß selber nicht zu sagen ihn festhielt, oder er mich, so war ich, ohnehin wenig geneigt durch die Schrift zu reden, leicht entschlossen, allen Apparat,
Vorrede.
Ich habe ſtets den alten Ausſpruch fuͤr weiſe gehal- ten, man muͤſſe die menſchlichen Dinge nicht bewei- nen, nicht belachen, man muͤſſe ſie zu verſtehen trach- ten. Vielleicht iſt er Miturſache, daß ich der kraͤf- tigen Aufforderung unſerer Gegenwart, beachtet zu werden, nie auf die Dauer widerſtanden habe. Es ſchien mir immer mehr, der Augenblick ſey groß oder gemein, je nachdem man ihn behandelt und verbin- det, und der Unterſchied der ſo genannten gluͤcklichen und ungluͤcklichen Zeitalter liege am Ende darin, daß die einen fuͤr ſich ſelber etwas zu bedeuten ſcheinen, die andern aber im Zuſammenhange mit dem Ganzen unſerer Entwickelungen wirklich etwas um ſo Groͤße- res bedeuten. Der freiere Blick auf eine lange und immer zuſammenhaͤngendere Strecke von den Bahnen der Menſchheit iſt dieſem Zeitalter zu Stab und Stuͤtze gegeben. Weil ich dieſem Gedanken folgte, und ich weiß ſelber nicht zu ſagen ihn feſthielt, oder er mich, ſo war ich, ohnehin wenig geneigt durch die Schrift zu reden, leicht entſchloſſen, allen Apparat,
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[[III]/0009]
Vorrede.
Ich habe ſtets den alten Ausſpruch fuͤr weiſe gehal-
ten, man muͤſſe die menſchlichen Dinge nicht bewei-
nen, nicht belachen, man muͤſſe ſie zu verſtehen trach-
ten. Vielleicht iſt er Miturſache, daß ich der kraͤf-
tigen Aufforderung unſerer Gegenwart, beachtet zu
werden, nie auf die Dauer widerſtanden habe. Es
ſchien mir immer mehr, der Augenblick ſey groß oder
gemein, je nachdem man ihn behandelt und verbin-
det, und der Unterſchied der ſo genannten gluͤcklichen
und ungluͤcklichen Zeitalter liege am Ende darin, daß
die einen fuͤr ſich ſelber etwas zu bedeuten ſcheinen,
die andern aber im Zuſammenhange mit dem Ganzen
unſerer Entwickelungen wirklich etwas um ſo Groͤße-
res bedeuten. Der freiere Blick auf eine lange und
immer zuſammenhaͤngendere Strecke von den Bahnen
der Menſchheit iſt dieſem Zeitalter zu Stab und Stuͤtze
gegeben. Weil ich dieſem Gedanken folgte, und
ich weiß ſelber nicht zu ſagen ihn feſthielt, oder er
mich, ſo war ich, ohnehin wenig geneigt durch die
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Dahlmann, Friedrich Christoph: Die Politik, auf den Grund und das Maaß der gegebenen Zustände zurückgeführt. Bd. 1: Staatsverfassung. Volksbildung. Göttingen, 1835, S. [III]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_politik_1835/9>, abgerufen am 30.12.2024.
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