Corvinus, Gottlieb Siegmund: Nutzbares, galantes und curiöses Frauenzimmer-Lexicon. Leipzig, 1715.[Spaltenumbruch]
Schleyer Schleyer kommen ihnen sehr nahe,ausser daß sie oben hinaus spitziger zulauffen. Die so genannten Klag-Frauen in Ulm haben, wenn sie zur Leichen gehen, einen langen schmalen weissen hervor geschlage- nen Streiff und Flügel, so hinten an den Schleyer angemacht ist, und absonderlich der Schleyer mit Flügeln heisset. Die Straßbur- gischen Haupt-Schleyer sind sehr niedrig, und nicht höher als der Kopff, doch auf beyden Seiten sehr breit und länglicht hinaus gescho- ben und umgeschlagen. Schleyer-Frau, Ist ein gewisses Weibesbild, Schleyer-Haube, Ist eine insgemein von weissen Schleyer-Kappe, Ist ein von weissen Schwä- Schleyerschürtze, Ist ein von weissen Schwä- Schlickk Tuch, so das Frauenzimmer, wennsich selbiges bey der Leiche schleyern läst, darbey vorzubinden pfleget. Schlick-Kräpffgen, oder, Raviolen, Sind ein Gebackens, so aus ei- Schlick-Kräpffgen, oder Ra- violen von Karpffen- Milch, Siedet die Milch von einem fest, Frauenzimmer-Lexicon. I i i
[Spaltenumbruch]
Schleyer Schleyer kommen ihnen ſehr nahe,auſſer daß ſie oben hinaus ſpitziger zulauffen. Die ſo genannten Klag-Frauen in Ulm haben, wenn ſie zur Leichen gehen, einen langen ſchmalen weiſſen hervor geſchlage- nen Streiff und Fluͤgel, ſo hinten an den Schleyer angemacht iſt, und abſonderlich der Schleyer mit Fluͤgeln heiſſet. Die Straßbur- giſchen Haupt-Schleyer ſind ſehr niedrig, und nicht hoͤher als der Kopff, doch auf beyden Seiten ſehr breit und laͤnglicht hinaus geſcho- ben und umgeſchlagen. Schleyer-Frau, Iſt ein gewiſſes Weibesbild, Schleyer-Haube, Iſt eine insgemein von weiſſen Schleyer-Kappe, Iſt ein von weiſſen Schwaͤ- Schleyerſchuͤrtze, Iſt ein von weiſſen Schwaͤ- Schlickk Tuch, ſo das Frauenzimmer, wennſich ſelbiges bey der Leiche ſchleyern laͤſt, darbey vorzubinden pfleget. Schlick-Kraͤpffgen, oder, Raviolen, Sind ein Gebackens, ſo aus ei- Schlick-Kraͤpffgen, oder Ra- violen von Karpffen- Milch, Siedet die Milch von einem feſt, Frauenzimmer-Lexicon. I i i
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Schleyer
Schlickk
Schleyer kommen ihnen ſehr nahe,
auſſer daß ſie oben hinaus ſpitziger
zulauffen. Die ſo genannten
Klag-Frauen in Ulm haben, wenn
ſie zur Leichen gehen, einen langen
ſchmalen weiſſen hervor geſchlage-
nen Streiff und Fluͤgel, ſo hinten
an den Schleyer angemacht iſt,
und abſonderlich der Schleyer mit
Fluͤgeln heiſſet. Die Straßbur-
giſchen Haupt-Schleyer ſind ſehr
niedrig, und nicht hoͤher als der
Kopff, doch auf beyden Seiten ſehr
breit und laͤnglicht hinaus geſcho-
ben und umgeſchlagen.
Schleyer-Frau,
Iſt ein gewiſſes Weibesbild,
welches das zur Leichen gehende
Frauenzimmer im ſchleyern bedie-
net, ſie darein kleidet, und ihnen
ſelbigen gewoͤhnlicher maſſen an-
ſtecket.
Schleyer-Haube,
Iſt eine insgemein von weiſſen
Schwaͤbiſch verfertigte Trauer-
Haube, um die Backen herum, mit
Streiffen von Schwaͤbiſch, Neſtel-
Tuch oder Caton, ſtarck friſiret und
bekraͤuſelt.
Schleyer-Kappe,
Iſt ein von weiſſen Schwaͤ-
biſch, mit langen Zipffeln zuſam-
men gereyheter Trauer-Auffſatz,
wird vornher uͤberſchlagen, und
unter dem Halſe zuſammen ge-
ſchlungen.
Schleyerſchuͤrtze,
Iſt ein von weiſſen Schwaͤ-
biſch, Caton, oder auch Neſteltuch
gantz ſchlecht verfertigtes Vor-
Tuch, ſo das Frauenzimmer, wenn
ſich ſelbiges bey der Leiche ſchleyern
laͤſt, darbey vorzubinden pfleget.
Schlick-Kraͤpffgen, oder,
Raviolen,
Sind ein Gebackens, ſo aus ei-
ner gewiſſen farce, die in einen aus-
getriebenen Teig geſchlagen wird,
beſtehen. Hernach in Waſſer ge-
kochet, und aus Schmaltz geba-
cken werden, welches folgende Be-
ſchreibungen erlaͤutern: 1)
Schlickkraͤpffgen oder Raviolen
von Karpffenmilch; 2) dito von
Karpffen-Rogen; 3) dito von
friſchen Morgeln; 4) dito von
Hecht; 5) dito von Kalbs-Lunge;
6) von gehackten Kalbfleiſch; 7)
dito von Bratwuͤrſten-Gehaͤck;
8) dito von Spinat; 9) dito
von Krebſen.
Schlick-Kraͤpffgen, oder Ra-
violen von Karpffen-
Milch,
Siedet die Milch von einem
oder mehr Karpffen ab; hacket ſol-
che gantz klein, thut darzu Sem-
mel, ſo in Milch geweicht iſt, und
wuͤrtzet es mit Ingber und Mu-
ſcatenbluͤten. Hernach machet
3. geruͤhrte Eyer, die ihr unter de-
nen Eyern N. 17. beſchrieben fin-
det, thut dieſe auch darzu, und ruͤh-
ret es wohl unter einander. Den
Teig hierzu bereitet alſo: Schuͤt-
tet Mehl auf einen Tiſch, ſchuͤttet
3. Eyer drein, leget ein Stuͤckgen
Butter eines Eyes groß darzu,
feuchtet es noch mit ein Paar Eß-
Loͤffel voll Milch an, ſaltzet es ein
wenig, und machet einen ziemlich
feſten Teig an, doch nicht ſo gar
feſt,
Frauenzimmer-Lexicon. I i i
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