Corvinus, Gottlieb Siegmund: Nutzbares, galantes und curiöses Frauenzimmer-Lexicon. Leipzig, 1715.[Spaltenumbruch]
Latz Schlange, Python genannt, ihrzur steten Plage nachschickte, wel- che ihr auch keine Ruhe gönnte, und nicht einmahl ein Plätzgen zu ihrer heran nahenden Gebuhrt vor Schmertz aussuchen liesse; biß sie endlich nach langer Herumschweif- fung und ausgestandnen Marter zu ihrer Schwester der Asterie ge- kommen, und daselbst erstlich die Dianam, hernachmahls den Apol- lo gebahr, welcher letzterer, als er erwuchs, und an seiner Mutter Schmach annoch gedachte, die Schlange Python mit einem Pfeil erschoß. Latz zur Schnürbrust, Oder Vorstecke-Latz, heisset dem Latz zum Unterziehen, Heißt der allererste Uberzug, Latz Lauch Zeugen, und wird meistentheilsmit Hefften oder Schlingen zuge- macht; das Gesinde nennet auch solchen an etlichen Orten ein Mieder. Latz zum Vorstecken, Ist ein oben breit und unten Lauch, Porrum, Porreau, ist ein Gar- auf- N n 4
[Spaltenumbruch]
Latz Schlange, Python genannt, ihrzur ſteten Plage nachſchickte, wel- che ihr auch keine Ruhe goͤnnte, und nicht einmahl ein Plaͤtzgen zu ihrer heran nahenden Gebuhrt vor Schmertz ausſuchen lieſſe; biß ſie endlich nach langer Herumſchweif- fung und ausgeſtandnen Marter zu ihrer Schweſter der Aſterie ge- kommen, und daſelbſt erſtlich die Dianam, hernachmahls den Apol- lo gebahr, welcher letzterer, als er erwuchs, und an ſeiner Mutter Schmach annoch gedachte, die Schlange Python mit einem Pfeil erſchoß. Latz zur Schnuͤrbruſt, Oder Vorſtecke-Latz, heiſſet dem Latz zum Unterziehen, Heißt der allererſte Uberzug, Latz Lauch Zeugen, und wird meiſtentheilsmit Hefften oder Schlingen zuge- macht; das Geſinde nennet auch ſolchen an etlichen Orten ein Mieder. Latz zum Vorſtecken, Iſt ein oben breit und unten Lauch, Porrum, Porreau, iſt ein Gar- auf- N n 4
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Latz
Latz Lauch
Schlange, Python genannt, ihr
zur ſteten Plage nachſchickte, wel-
che ihr auch keine Ruhe goͤnnte, und
nicht einmahl ein Plaͤtzgen zu ihrer
heran nahenden Gebuhrt vor
Schmertz ausſuchen lieſſe; biß ſie
endlich nach langer Herumſchweif-
fung und ausgeſtandnen Marter
zu ihrer Schweſter der Aſterie ge-
kommen, und daſelbſt erſtlich die
Dianam, hernachmahls den Apol-
lo gebahr, welcher letzterer, als er
erwuchs, und an ſeiner Mutter
Schmach annoch gedachte, die
Schlange Python mit einem Pfeil
erſchoß.
Latz zur Schnuͤrbruſt,
Oder Vorſtecke-Latz, heiſſet dem
Frauenzimmer derjenige geſteiffte,
und nach dem Schnuͤr-Leib einge-
richtete Latz, uͤber welchen ſie die ſo
genannten Feſchken oder Carſette
vornher zuzuſchnuͤren pflegen; er
wird mit eben ſolchen Zeuge uͤber-
zogen, wie die Schnuͤr-Bruſt eſtaf-
firet iſt.
Latz zum Unterziehen,
Heißt der allererſte Uberzug,
den das Weibesvolck auf den Leib
ziehet, er iſt ohne Ermel, und hat
gantz kurtze und ſchmahle kleine
Schoͤslein, wird auch manchmahl
mit etlichen wenigen Stuͤcken
Fiſchbein unterſteiffet, bey den ga-
lanten Frauenzimmer iſt er insge-
mein von Damaſt, Eſtoff, Atlas
und Taffet, und wird insgemein
von vornher zugeſchnuͤret, oder
auch mit goͤldnen oder ſilbernen
Knoͤpfflein zugeknoͤpffet, bey denen
gemeinen Weibesbildern aber iſt
er nur von wollenen und ſchlechten
Zeugen, und wird meiſtentheils
mit Hefften oder Schlingen zuge-
macht; das Geſinde nennet auch
ſolchen an etlichen Orten ein
Mieder.
Latz zum Vorſtecken,
Iſt ein oben breit und unten
ſcharff ſpitzig zu lauffendes geſteiff-
tes und unterpapptes, und am En-
de mit Schupen oder Schoͤßlein
beſetztes Bruſtſtuͤcke, von Gold
oder Silber, auch mit bunter Sei-
de auf vielerley façon geſtickt, ge-
wuͤrckt, gekloͤppelt oder genehet, ſo
das Frauenzim̃er uͤber die Schnuͤr-
bruſt von vornher zu ſtecken pfle-
get; wird oͤffters mit gold- oder
ſilbernen Spitzlein an denen Sei-
ten und Rand herum friſiret und
eingefaßt. Bißweilen werden ſie
auch aus weiſſen Flohr mit gold-
oder ſilbernen Muſcheln, und aller-
hand ſeidnen Chenellen ſtaffiret
und gebraͤhmet, oͤffters auch aus
eitel gold- oder ſilbernen Frantzen
oder Schleiffenband zuſammen
geſetzt. Siehe Baͤnder-Latz.
Lauch,
Porrum, Porreau, iſt ein Gar-
ten-Gewaͤchs, faſt wie die gemei-
nen Zwiebeln, an Geſchmack aber
etwas lieblicher und milder als je-
ne. Rohe genoſſen, iſt er dem
Magen ſchaͤdlich, und ob er gleich
durch den Eßig in etwas verbeſſert
wird, machet er doch ein ſchleimich-
tes Gebluͤte, daher er denen Poda-
gricis und Veneriſchen, ſo bloͤde
Augen haben, todt ungeſund. In-
zwiſchen wollen ihn an etlichen Or-
ten die Haußmuͤtter mit Eßig ab-
gerieben, dennoch ſtatt einer Salſe
auf-
N n 4
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