Corvinus, Gottlieb Siegmund: Nutzbares, galantes und curiöses Frauenzimmer-Lexicon. Leipzig, 1715.[Spaltenumbruch]
Johanna sich daher in männlichen Habitund begab sich in das berühmte Klo- ster Fulda, allwo sie nach erlangter Erudition von einer Ehren-Stelle zur andern, und endlich gar zur Päbstl. Dignitaet, unter dem Nah- men Johannes VIII. gelangte. In solcher Würde hielte sie mit einem gewissen Cardinal eine fehr vertrau- te und heimliche Congregation, daß sie einige Zeit darauff die Benedi- ction, die sie als Pabst andern er- theilen solte, an ihrem eignen Leibe selbst empfande, und, weil sie auff öffentlichen Marckte in einer solen- nen Procession, nahe bey dem Am- phitheatro zu Rom, diesen schönen Segen verschüttete, den Päbstl. Stuhl also zu einem Kindermutter Stuhl, das Vatican aber zur Wo- chenstube machte. Wiewohl sie zu keinem glücklichen und vollständi- gen Kirchgange gelangen konte, in- dem dieser wunderliche Paroxis- mus den vermeynten heiligen Va- ter gar darauff über den Hauffen warff. Zwar wollen einige solche Begebenheit in Zweiffel ziehen, der- gleichen Natalis Alexander in seiner Hist. Ecclesiast. Tom. VI. p. 230. David. Blondellus in seiner Anacri- si de Johanna Papissa, Rupertus in seiner Histor. Univers. p. 636. Stru- vius in Dissertat. d. Pyrrhonismo Histor. Herm. Dietr. Meibomius in seiner Oration d. genuinis Germ. Histor. Fontibus und andere mehr gethan. Allein diesen alle opponi- ren sich gar sehr Samuel Maresius in Johanna Papissa restituta, Fride- ricus Spanhemius in Disquisitione Historica d. Papa foemina (dessen excerpta in Actis Erudit. Lib. Anno 1691. p. 390. zu finden) Wagen- [Spaltenumbruch] Joan Joh seilius in seiner Disputation de Pon-tificibus Rom. ex Germanorum gente creatis. p. 7. Uberdieß thut auch Anastasius Bibliothecarius in denjenigen exemplarien, so noch nicht corrumpiret seynd, Meldung von dieser Johanna Papissa; derglei- chen Radulphus Flaviacensis, Ma- rianus Scotus, Sigebertus Gembla- censis, Martinus Polonus und an- dere mehr bezeugen. Und endlich kan der Päbstliche so genannte Vi- sitations-Stuhl, worauff sich ihr Successor Benedictus III. vorher nieder setzen und als einen Mann le- gitimiren müssen, und dieser heili- gen Kindbetterin auffgerichtete Seule ein grosses Zeugnüß beytra- gen. Nach des Balaei Bericht soll diese gelehrte Johanna ein gewisses Buch de Necromantia geschrieben haben. Joannetta, Gebohrne Gräfin von Seyn Johannis-Beer, Ribes, Grosseilles, werden in zum
[Spaltenumbruch]
Johanna ſich daher in maͤnnlichen Habitund begab ſich in das beruͤhmte Klo- ſter Fulda, allwo ſie nach erlangter Erudition von einer Ehren-Stelle zur andern, und endlich gar zur Paͤbſtl. Dignitæt, unter dem Nah- men Johannes VIII. gelangte. In ſolcher Wuͤrde hielte ſie mit einem gewiſſen Cardinal eine fehr veꝛtrau- te und heimliche Congregation, daß ſie einige Zeit darauff die Benedi- ction, die ſie als Pabſt andern er- theilen ſolte, an ihrem eignen Leibe ſelbſt empfande, und, weil ſie auff oͤffentlichen Marckte in einer ſolen- nen Procesſion, nahe bey dem Am- phitheatro zu Rom, dieſen ſchoͤnen Segen verſchuͤttete, den Paͤbſtl. Stuhl alſo zu einem Kindermutter Stuhl, das Vatican aber zur Wo- chenſtube machte. Wiewohl ſie zu keinem gluͤcklichen und vollſtaͤndi- gen Kirchgange gelangen konte, in- dem dieſer wunderliche Paroxiſ- mus den vermeynten heiligen Va- ter gar darauff uͤber den Hauffen warff. Zwar wollen einige ſolche Begebenheit in Zweiffel ziehen, der- gleichen Natalis Alexander in ſeiner Hiſt. Eccleſiaſt. Tom. VI. p. 230. David. Blondellus in ſeiner Anacri- ſi de Johanna Papiſſa, Rupertus in ſeiner Hiſtor. Univerſ. p. 636. Stru- vius in Diſſertat. d. Pyrrhonismo Hiſtor. Herm. Dietr. Meibomius in ſeiner Oration d. genuinis Germ. Hiſtor. Fontibus und andere mehr gethan. Allein dieſen alle opponi- ren ſich gar ſehr Samuel Mareſius in Johanna Papiſſa reſtituta, Fride- ricus Spanhemius in Disquiſitione Hiſtorica d. Papa fœmina (deſſen excerpta in Actis Erudit. Lib. Anno 1691. p. 390. zu finden) Wagen- [Spaltenumbruch] Joan Joh ſeilius in ſeiner Disputation de Pon-tificibus Rom. ex Germanorum gente creatis. p. 7. Uberdieß thut auch Anaſtaſius Bibliothecarius in denjenigen exemplarien, ſo noch nicht corrumpiret ſeynd, Meldung von dieſer Johanna Papiſſa; derglei- chen Radulphus Flaviacenſis, Ma- rianus Scotus, Sigebertus Gembla- cenſis, Martinus Polonus und an- dere mehr bezeugen. Und endlich kan der Paͤbſtliche ſo genannte Vi- ſitations-Stuhl, worauff ſich ihr Succeſſor Benedictus III. vorher nieder ſetzen und als einen Mañ le- gitimiren muͤſſen, und dieſer heili- gen Kindbetterin auffgerichtete Seule ein groſſes Zeugnuͤß beytra- gen. Nach des Balæi Bericht ſoll dieſe gelehrte Johanna ein gewiſſes Buch de Necromantia geſchrieben haben. Joannetta, Gebohrne Graͤfin von Seyn Johannis-Beer, Ribes, Groſſeilles, werden in zum
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Johanna
Joan Joh
ſich daher in maͤnnlichen Habit
und begab ſich in das beruͤhmte Klo-
ſter Fulda, allwo ſie nach erlangter
Erudition von einer Ehren-Stelle
zur andern, und endlich gar zur
Paͤbſtl. Dignitæt, unter dem Nah-
men Johannes VIII. gelangte. In
ſolcher Wuͤrde hielte ſie mit einem
gewiſſen Cardinal eine fehr veꝛtrau-
te und heimliche Congregation, daß
ſie einige Zeit darauff die Benedi-
ction, die ſie als Pabſt andern er-
theilen ſolte, an ihrem eignen Leibe
ſelbſt empfande, und, weil ſie auff
oͤffentlichen Marckte in einer ſolen-
nen Procesſion, nahe bey dem Am-
phitheatro zu Rom, dieſen ſchoͤnen
Segen verſchuͤttete, den Paͤbſtl.
Stuhl alſo zu einem Kindermutter
Stuhl, das Vatican aber zur Wo-
chenſtube machte. Wiewohl ſie zu
keinem gluͤcklichen und vollſtaͤndi-
gen Kirchgange gelangen konte, in-
dem dieſer wunderliche Paroxiſ-
mus den vermeynten heiligen Va-
ter gar darauff uͤber den Hauffen
warff. Zwar wollen einige ſolche
Begebenheit in Zweiffel ziehen, der-
gleichen Natalis Alexander in ſeiner
Hiſt. Eccleſiaſt. Tom. VI. p. 230.
David. Blondellus in ſeiner Anacri-
ſi de Johanna Papiſſa, Rupertus in
ſeiner Hiſtor. Univerſ. p. 636. Stru-
vius in Diſſertat. d. Pyrrhonismo
Hiſtor. Herm. Dietr. Meibomius in
ſeiner Oration d. genuinis Germ.
Hiſtor. Fontibus und andere mehr
gethan. Allein dieſen alle opponi-
ren ſich gar ſehr Samuel Mareſius
in Johanna Papiſſa reſtituta, Fride-
ricus Spanhemius in Disquiſitione
Hiſtorica d. Papa fœmina (deſſen
excerpta in Actis Erudit. Lib. Anno
1691. p. 390. zu finden) Wagen-
ſeilius in ſeiner Disputation de Pon-
tificibus Rom. ex Germanorum
gente creatis. p. 7. Uberdieß thut
auch Anaſtaſius Bibliothecarius in
denjenigen exemplarien, ſo noch
nicht corrumpiret ſeynd, Meldung
von dieſer Johanna Papiſſa; derglei-
chen Radulphus Flaviacenſis, Ma-
rianus Scotus, Sigebertus Gembla-
cenſis, Martinus Polonus und an-
dere mehr bezeugen. Und endlich
kan der Paͤbſtliche ſo genannte Vi-
ſitations-Stuhl, worauff ſich ihr
Succeſſor Benedictus III. vorher
nieder ſetzen und als einen Mañ le-
gitimiren muͤſſen, und dieſer heili-
gen Kindbetterin auffgerichtete
Seule ein groſſes Zeugnuͤß beytra-
gen. Nach des Balæi Bericht ſoll
dieſe gelehrte Johanna ein gewiſſes
Buch de Necromantia geſchrieben
haben.
Joannetta,
Gebohrne Graͤfin von Seyn
und Witgenſtein, Hertzogs Johañ
George von Sachſen Eiſenach hin-
terlaſſene Gemahlin und gelehrte
Wittbe, war eine in der Medicin
wohlerfahrne Fuͤrſtin.
Johannis-Beer,
Ribes, Groſſeilles, werden in
weiſſe und rothe eingetheilet, ha-
ben, wie alle ſauerliche Fruͤchte, eine
kuͤhlende Krafft und pflegen die A-
pothecker ſelbige in Zucker einzu-
machen; die hernach in hitzigen
Kranckheiten einiges Labſal geben.
In der Kuͤche braucht man ſie gar
ſelten, ohne daß ſie bißweilen an
etliche Eſſen oder in die Torten und
ander Gebackens gethan, auch, weñ
ſie eingemacht, an ſtatt der Tuͤtſche
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