Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Corvinus, Gottlieb Siegmund: Nutzbares, galantes und curiöses Frauenzimmer-Lexicon. Leipzig, 1715.

Bild:
<< vorherige Seite
[Spaltenumbruch]
Hüner
Hüner-Hauß,

Ist ein kleines, im Hofe ver-
schlagenes Behältnüß, worauff
die Hüner des Abends zu fliegen
pflegen.

An das Hüner-Hauß klopf-
pfen,

Ist ein weibisches, abergläubi-
sches Wesen, wenn nehmlich eine
Jungfer oder Magd, so gerne wis-
sen will, ob sie in diesem Jahre ei-
nen Mann bekommen werde, in
der Christ-Nacht zwischen 11. und
12. Uhr an das Hüner-Hauß po-
chet; gackert der Hahn, so kriegt
sie einen Mann, gackert die Henne,
so kriegt sie keinen.

Hüner setzen,

Ist ein Amt der häußlichen
Weiber, die da, so bald sie mercken,
daß eine Henne zu glucken anfängt,
selbiger frische und tüchtige Eyer
untersetzen, und auf selbige fleißig
Acht haben, damit sie die Eyer nicht
wieder verläst. Wann die Hüner
ausgebrütet sind, heisset die alte, so
sie führet, die Glucke, die jungen
aber Küchlein.

Hüner setzen, wenn die Leu-
te aus der Kirchen ge-
hen,

Ist ein alter Aberglaube einiger
wunderlicher Weiber, so in denen
Gedancken stehen, daß, wenn sie
brütende Hüner über Eyer, gleich
zu der jenigen Zeit, wenn die Leute
aus der Kirchen gehen, setzten, viel
Hünlein und Küchlein, aus denen
Eyerngehen müsten.

[Spaltenumbruch]
Hüner Huth
Hünersteige,

Ist eine von höltzernen kleinen
Stäben und Sprossen, viereckigt
zusammen geschlagenes Behält-
nüß, worinnen die auf dem Marckt
eingekaufften Hüner, ehe man sel-
bige abschneidet, auf etliche Tage
lang gefüttert und verpfleget wer-
den.

Hüner zäumen. siehe. Zäu-
men, oder, spannen Hü-
ner.
Hunger, ausserordentlicher,
schwangerer Weiber,

Oder Malacia genannt, ist ein
ungewöhnlicher appetit; zwar nach
ordentlichen Speisen, doch in un-
geziemender Maße, wenn sie, z. E.
gantze Pfund Heringe, oder Obst
und andere Sachen zu sich nehmen.
Es ereignet sich solcher Hunger ins-
gemein, in dem andern und dritten
Monat der Schwangerschafft.

Hure. siehe. Huhre.
Hussecke,

Ist ein langer Mantel von
schwartzen Tuch, worinnen die
Handwercks-Weiber in Augspurg
zur Leichen gehen, und selbigen über
den Rücken hinunter schlagen.

Huth oder, Spitz-Huth, auch
Filtz-Huth,

Ist ein dem Augspurgischen und
Saltzburgischen Frauenzimmer
von zarten Filtz spitzig und hoch zu-
bereiteter gebräuchlicher Huth, den
sie zu Sommers-Zeit über ihre

Gestri-
[Spaltenumbruch]
Huͤner
Huͤner-Hauß,

Iſt ein kleines, im Hofe ver-
ſchlagenes Behaͤltnuͤß, worauff
die Huͤner des Abends zu fliegen
pflegen.

An das Huͤner-Hauß klopf-
pfen,

Iſt ein weibiſches, aberglaͤubi-
ſches Weſen, wenn nehmlich eine
Jungfer oder Magd, ſo gerne wiſ-
ſen will, ob ſie in dieſem Jahre ei-
nen Mann bekommen werde, in
der Chriſt-Nacht zwiſchen 11. und
12. Uhr an das Huͤner-Hauß po-
chet; gackert der Hahn, ſo kriegt
ſie einen Mann, gackert die Henne,
ſo kriegt ſie keinen.

Huͤner ſetzen,

Iſt ein Amt der haͤußlichen
Weiber, die da, ſo bald ſie mercken,
daß eine Henne zu glucken anfaͤngt,
ſelbiger friſche und tuͤchtige Eyer
unterſetzen, und auf ſelbige fleißig
Acht haben, damit ſie die Eyer nicht
wieder verlaͤſt. Wann die Huͤner
ausgebruͤtet ſind, heiſſet die alte, ſo
ſie fuͤhret, die Glucke, die jungen
aber Kuͤchlein.

Huͤner ſetzen, wenn die Leu-
te aus der Kirchen ge-
hen,

Iſt ein alter Aberglaube einiger
wunderlicher Weiber, ſo in denen
Gedancken ſtehen, daß, wenn ſie
bruͤtende Huͤner uͤber Eyer, gleich
zu der jenigen Zeit, wenn die Leute
aus der Kirchen gehen, ſetzten, viel
Huͤnlein und Kuͤchlein, aus denen
Eyerngehen muͤſten.

[Spaltenumbruch]
Huͤner Huth
Huͤnerſteige,

Iſt eine von hoͤltzernen kleinen
Staͤben und Sproſſen, viereckigt
zuſammen geſchlagenes Behaͤlt-
nuͤß, worinnen die auf dem Marckt
eingekaufften Huͤner, ehe man ſel-
bige abſchneidet, auf etliche Tage
lang gefuͤttert und verpfleget wer-
den.

Huͤner zaͤumen. ſiehe. Zaͤu-
men, oder, ſpannen Huͤ-
ner.
Hunger, auſſerordentlicher,
ſchwangerer Weiber,

Oder Malacia genannt, iſt ein
ungewoͤhnlicher appetit; zwar nach
ordentlichen Speiſen, doch in un-
geziemender Maße, wenn ſie, z. E.
gantze Pfund Heringe, oder Obſt
und andere Sachen zu ſich nehmen.
Es ereignet ſich ſolcher Hunger ins-
gemein, in dem andern und dritten
Monat der Schwangerſchafft.

Hure. ſiehe. Huhre.
Huſſecke,

Iſt ein langer Mantel von
ſchwartzen Tuch, worinnen die
Handwercks-Weiber in Augſpurg
zur Leichen gehen, und ſelbigen uͤber
den Ruͤcken hinunter ſchlagen.

Huth oder, Spitz-Huth, auch
Filtz-Huth,

Iſt ein dem Augſpurgiſchen und
Saltzburgiſchen Frauenzimmer
von zarten Filtz ſpitzig und hoch zu-
bereiteter gebraͤuchlicher Huth, den
ſie zu Sommers-Zeit uͤber ihre

Geſtri-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0476"/>
          <cb n="907"/>
        </div><lb/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#g">Hu&#x0364;ner</hi> </fw><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Hu&#x0364;ner-Hauß,</hi> </head><lb/>
          <p>I&#x017F;t ein kleines, im Hofe ver-<lb/>
&#x017F;chlagenes Beha&#x0364;ltnu&#x0364;ß, worauff<lb/>
die Hu&#x0364;ner des Abends zu fliegen<lb/>
pflegen.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>An das <hi rendition="#b">Hu&#x0364;ner-Hauß klopf-<lb/>
pfen,</hi></head><lb/>
          <p>I&#x017F;t ein weibi&#x017F;ches, abergla&#x0364;ubi-<lb/>
&#x017F;ches We&#x017F;en, wenn nehmlich eine<lb/>
Jungfer oder Magd, &#x017F;o gerne wi&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en will, ob &#x017F;ie in die&#x017F;em Jahre ei-<lb/>
nen Mann bekommen werde, in<lb/>
der Chri&#x017F;t-Nacht zwi&#x017F;chen 11. und<lb/>
12. Uhr an das Hu&#x0364;ner-Hauß po-<lb/>
chet; gackert der Hahn, &#x017F;o kriegt<lb/>
&#x017F;ie einen Mann, gackert die Henne,<lb/>
&#x017F;o kriegt &#x017F;ie keinen.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Hu&#x0364;ner &#x017F;etzen,</hi> </head><lb/>
          <p>I&#x017F;t ein Amt der ha&#x0364;ußlichen<lb/>
Weiber, die da, &#x017F;o bald &#x017F;ie mercken,<lb/>
daß eine Henne zu glucken anfa&#x0364;ngt,<lb/>
&#x017F;elbiger fri&#x017F;che und tu&#x0364;chtige Eyer<lb/>
unter&#x017F;etzen, und auf &#x017F;elbige fleißig<lb/>
Acht haben, damit &#x017F;ie die Eyer nicht<lb/>
wieder verla&#x0364;&#x017F;t. Wann die Hu&#x0364;ner<lb/>
ausgebru&#x0364;tet &#x017F;ind, hei&#x017F;&#x017F;et die alte, &#x017F;o<lb/>
&#x017F;ie fu&#x0364;hret, die Glucke, die jungen<lb/>
aber Ku&#x0364;chlein.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Hu&#x0364;ner &#x017F;etzen, wenn die Leu-<lb/>
te aus der Kirchen ge-<lb/>
hen,</hi> </head><lb/>
          <p>I&#x017F;t ein alter Aberglaube einiger<lb/>
wunderlicher Weiber, &#x017F;o in denen<lb/>
Gedancken &#x017F;tehen, daß, wenn &#x017F;ie<lb/>
bru&#x0364;tende Hu&#x0364;ner u&#x0364;ber Eyer, gleich<lb/>
zu der jenigen Zeit, wenn die Leute<lb/>
aus der Kirchen gehen, &#x017F;etzten, viel<lb/>
Hu&#x0364;nlein und Ku&#x0364;chlein, aus denen<lb/>
Eyerngehen mu&#x0364;&#x017F;ten.</p><lb/>
          <cb n="908"/>
        </div><lb/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#g">Hu&#x0364;ner Huth</hi> </fw><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Hu&#x0364;ner&#x017F;teige,</hi> </head><lb/>
          <p>I&#x017F;t eine von ho&#x0364;ltzernen kleinen<lb/>
Sta&#x0364;ben und Spro&#x017F;&#x017F;en, viereckigt<lb/>
zu&#x017F;ammen ge&#x017F;chlagenes Beha&#x0364;lt-<lb/>
nu&#x0364;ß, worinnen die auf dem Marckt<lb/>
eingekaufften Hu&#x0364;ner, ehe man &#x017F;el-<lb/>
bige ab&#x017F;chneidet, auf etliche Tage<lb/>
lang gefu&#x0364;ttert und verpfleget wer-<lb/>
den.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Hu&#x0364;ner za&#x0364;umen. &#x017F;iehe. Za&#x0364;u-<lb/>
men, oder, &#x017F;pannen Hu&#x0364;-<lb/>
ner.</hi> </head>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Hunger, au&#x017F;&#x017F;erordentlicher,<lb/>
&#x017F;chwangerer Weiber,</hi> </head><lb/>
          <p>Oder <hi rendition="#aq">Malacia</hi> genannt, i&#x017F;t ein<lb/>
ungewo&#x0364;hnlicher <hi rendition="#aq">appetit;</hi> zwar nach<lb/>
ordentlichen Spei&#x017F;en, doch in un-<lb/>
geziemender Maße, wenn &#x017F;ie, z. E.<lb/>
gantze Pfund Heringe, oder Ob&#x017F;t<lb/>
und andere Sachen zu &#x017F;ich nehmen.<lb/>
Es ereignet &#x017F;ich &#x017F;olcher Hunger ins-<lb/>
gemein, in dem andern und dritten<lb/>
Monat der Schwanger&#x017F;chafft.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Hure. &#x017F;iehe. Huhre.</hi> </head>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#aq">Hu&#x017F;&#x017F;ecke,</hi> </head><lb/>
          <p>I&#x017F;t ein langer Mantel von<lb/>
&#x017F;chwartzen Tuch, worinnen die<lb/>
Handwercks-Weiber in Aug&#x017F;purg<lb/>
zur Leichen gehen, und &#x017F;elbigen u&#x0364;ber<lb/>
den Ru&#x0364;cken hinunter &#x017F;chlagen.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Huth oder, Spitz-Huth, auch<lb/>
Filtz-Huth,</hi> </head><lb/>
          <p>I&#x017F;t ein dem Aug&#x017F;purgi&#x017F;chen und<lb/>
Saltzburgi&#x017F;chen Frauenzimmer<lb/>
von zarten Filtz &#x017F;pitzig und hoch zu-<lb/>
bereiteter gebra&#x0364;uchlicher Huth, den<lb/>
&#x017F;ie zu Sommers-Zeit u&#x0364;ber ihre<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Ge&#x017F;tri-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0476] Huͤner Huͤner Huth Huͤner-Hauß, Iſt ein kleines, im Hofe ver- ſchlagenes Behaͤltnuͤß, worauff die Huͤner des Abends zu fliegen pflegen. An das Huͤner-Hauß klopf- pfen, Iſt ein weibiſches, aberglaͤubi- ſches Weſen, wenn nehmlich eine Jungfer oder Magd, ſo gerne wiſ- ſen will, ob ſie in dieſem Jahre ei- nen Mann bekommen werde, in der Chriſt-Nacht zwiſchen 11. und 12. Uhr an das Huͤner-Hauß po- chet; gackert der Hahn, ſo kriegt ſie einen Mann, gackert die Henne, ſo kriegt ſie keinen. Huͤner ſetzen, Iſt ein Amt der haͤußlichen Weiber, die da, ſo bald ſie mercken, daß eine Henne zu glucken anfaͤngt, ſelbiger friſche und tuͤchtige Eyer unterſetzen, und auf ſelbige fleißig Acht haben, damit ſie die Eyer nicht wieder verlaͤſt. Wann die Huͤner ausgebruͤtet ſind, heiſſet die alte, ſo ſie fuͤhret, die Glucke, die jungen aber Kuͤchlein. Huͤner ſetzen, wenn die Leu- te aus der Kirchen ge- hen, Iſt ein alter Aberglaube einiger wunderlicher Weiber, ſo in denen Gedancken ſtehen, daß, wenn ſie bruͤtende Huͤner uͤber Eyer, gleich zu der jenigen Zeit, wenn die Leute aus der Kirchen gehen, ſetzten, viel Huͤnlein und Kuͤchlein, aus denen Eyerngehen muͤſten. Huͤnerſteige, Iſt eine von hoͤltzernen kleinen Staͤben und Sproſſen, viereckigt zuſammen geſchlagenes Behaͤlt- nuͤß, worinnen die auf dem Marckt eingekaufften Huͤner, ehe man ſel- bige abſchneidet, auf etliche Tage lang gefuͤttert und verpfleget wer- den. Huͤner zaͤumen. ſiehe. Zaͤu- men, oder, ſpannen Huͤ- ner. Hunger, auſſerordentlicher, ſchwangerer Weiber, Oder Malacia genannt, iſt ein ungewoͤhnlicher appetit; zwar nach ordentlichen Speiſen, doch in un- geziemender Maße, wenn ſie, z. E. gantze Pfund Heringe, oder Obſt und andere Sachen zu ſich nehmen. Es ereignet ſich ſolcher Hunger ins- gemein, in dem andern und dritten Monat der Schwangerſchafft. Hure. ſiehe. Huhre. Huſſecke, Iſt ein langer Mantel von ſchwartzen Tuch, worinnen die Handwercks-Weiber in Augſpurg zur Leichen gehen, und ſelbigen uͤber den Ruͤcken hinunter ſchlagen. Huth oder, Spitz-Huth, auch Filtz-Huth, Iſt ein dem Augſpurgiſchen und Saltzburgiſchen Frauenzimmer von zarten Filtz ſpitzig und hoch zu- bereiteter gebraͤuchlicher Huth, den ſie zu Sommers-Zeit uͤber ihre Geſtri-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/corvinus_frauenzimmer_1715
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/corvinus_frauenzimmer_1715/476
Zitationshilfe: Corvinus, Gottlieb Siegmund: Nutzbares, galantes und curiöses Frauenzimmer-Lexicon. Leipzig, 1715, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/corvinus_frauenzimmer_1715/476>, abgerufen am 21.12.2024.