Corvinus, Gottlieb Siegmund: Nutzbares, galantes und curiöses Frauenzimmer-Lexicon. Leipzig, 1715.[Spaltenumbruch]
Gürtel werffet sie in ein kaltes Wasser, wa-schet sie sauber wieder heraus, und lasset sie trocken werden. Darnach nehmet ein Geschirr, es sey ein Faß oder grosse Töpffe, leget erstlich un- ten auf den Boden Tillscheibe und Blätter von schwartz sauren Kir- schen; hernach die Gurcken, damit ihr Wechselsweise continuiren müsset, bis das Geschirr voll ist. Ferner vermischet frisch Brunnen- Wasser, so viel dessen nöthig, mit Saltz, giessets auf die Gurcken; thut ein Bret oder Teller drauf, und beschweret sie mit Gewicht oder Steinen. Wenn solche nun an- fangen zu gähren, so könnet ihr die Brühe kosten, ob sie gnug gesaltzen; wo nicht, so thut mehr Saltz dran, wiewohl es besser ist zu wenig, als zu viel Saltz, denn sie halten sich desto länger, nur daß solche an ein warmes Ort gesetzet werden. Sind sie nun sauer und recht, denn setzet selbe ins Kühle, da halten sie sich ei- ne gute Weile. Gürtel, Oder Leib-Gürtel, ist ein aus Gurt Gynäc woran eine silberne blinde Messer-scheide gehefftet; dergleichen auch in Saltzburg und Regenspurg dem Frauenzimmer gebräuchlich ist, woran aber insgemein ein gantz sil- bern gegossenes Messer-Besteck herab henget. In Ulm bedienet man sich ebenfalls dergleichen, ausser daß der vornehmen Weibesbilder allda ihre Gürtel, so sonder Gesteck sind, sehr lang von vorne herunter hen- gen, auch öfters mit einer Schleiffe Band zurücke wieder hinauf ange- stecket werden. Gurt, Heisset denen Augspurgischen de Guzmann, Feliciana Henriquez ein gelehr- Gynaeceum, Oder Frauenzimmer Gemach, ber Frauenzimmer-Lexicon. Z
[Spaltenumbruch]
Guͤrtel werffet ſie in ein kaltes Waſſer, wa-ſchet ſie ſauber wieder heraus, und laſſet ſie trocken werden. Darnach nehmet ein Geſchirr, es ſey ein Faß oder groſſe Toͤpffe, leget erſtlich un- ten auf den Boden Tillſcheibe und Blaͤtter von ſchwartz ſauren Kir- ſchen; hernach die Gurcken, damit ihr Wechſelsweiſe continuiren muͤſſet, bis das Geſchirr voll iſt. Ferner vermiſchet friſch Brunnen- Waſſer, ſo viel deſſen noͤthig, mit Saltz, gieſſets auf die Gurcken; thut ein Bret oder Teller drauf, und beſchweret ſie mit Gewicht oder Steinen. Wenn ſolche nun an- fangen zu gaͤhren, ſo koͤnnet ihr die Bruͤhe koſten, ob ſie gnug geſaltzen; wo nicht, ſo thut mehr Saltz dran, wiewohl es beſſer iſt zu wenig, als zu viel Saltz, denn ſie halten ſich deſto laͤnger, nur daß ſolche an ein warmes Ort geſetzet werden. Sind ſie nun ſauer und recht, denn ſetzet ſelbe ins Kuͤhle, da halten ſie ſich ei- ne gute Weile. Guͤrtel, Oder Leib-Guͤrtel, iſt ein aus Gurt Gynaͤc woran eine ſilberne blinde Meſſer-ſcheide gehefftet; dergleichen auch in Saltzburg und Regenſpurg dem Frauenzimmer gebraͤuchlich iſt, woran aber insgemein ein gantz ſil- bern gegoſſenes Meſſer-Beſteck heꝛab henget. In Ulm bedienet man ſich ebenfalls dergleichen, auſſeꝛ daß der vornehmen Weibesbilder allda ihre Guͤrtel, ſo ſonder Geſteck ſind, ſehr lang von vorne herunter hen- gen, auch oͤfters mit einer Schleiffe Band zuruͤcke wieder hinauf ange- ſtecket werden. Gurt, Heiſſet denen Augſpurgiſchen de Guzmann, Feliciana Henriquez ein gelehr- Gynæceum, Oder Frauenzimmer Gemach, ber Frauenzim̃er-Lexicon. Z
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Guͤrtel
Gurt Gynaͤc
werffet ſie in ein kaltes Waſſer, wa-
ſchet ſie ſauber wieder heraus, und
laſſet ſie trocken werden. Darnach
nehmet ein Geſchirr, es ſey ein Faß
oder groſſe Toͤpffe, leget erſtlich un-
ten auf den Boden Tillſcheibe und
Blaͤtter von ſchwartz ſauren Kir-
ſchen; hernach die Gurcken, damit
ihr Wechſelsweiſe continuiren
muͤſſet, bis das Geſchirr voll iſt.
Ferner vermiſchet friſch Brunnen-
Waſſer, ſo viel deſſen noͤthig, mit
Saltz, gieſſets auf die Gurcken;
thut ein Bret oder Teller drauf, und
beſchweret ſie mit Gewicht oder
Steinen. Wenn ſolche nun an-
fangen zu gaͤhren, ſo koͤnnet ihr die
Bruͤhe koſten, ob ſie gnug geſaltzen;
wo nicht, ſo thut mehr Saltz dran,
wiewohl es beſſer iſt zu wenig, als
zu viel Saltz, denn ſie halten ſich
deſto laͤnger, nur daß ſolche an ein
warmes Ort geſetzet werden. Sind
ſie nun ſauer und recht, denn ſetzet
ſelbe ins Kuͤhle, da halten ſie ſich ei-
ne gute Weile.
Guͤrtel,
Oder Leib-Guͤrtel, iſt ein aus
gold- oder ſilbernen Gelencken ge-
goſſener und zuſam̃en geſetzter Um-
fang um den Leib, den das Frau-
enzimmer zur Zierrath umle-
leget. In Augſpurg wird ſol-
cher nicht allein um den Leib, ſondern
auch um den gantzen Schnabel der
ſo genannten Schnabel-Bruͤſtlein
geleget, bey den geringen Weibes-
bildern iſt er um den Leib herum
nur von ſchwartzen Sammet ver-
fertiget, an der rechten Seiten aber
hengen ſilberne Kettlein, ſo ein
Beſchlaͤg-Guͤrtel benennet wird,
faſt uͤber den halben Rock herab,
woran eine ſilberne blinde Meſſer-
ſcheide gehefftet; dergleichen auch
in Saltzburg und Regenſpurg dem
Frauenzimmer gebraͤuchlich iſt,
woran aber insgemein ein gantz ſil-
bern gegoſſenes Meſſer-Beſteck
heꝛab henget. In Ulm bedienet man
ſich ebenfalls dergleichen, auſſeꝛ daß
der vornehmen Weibesbilder allda
ihre Guͤrtel, ſo ſonder Geſteck ſind,
ſehr lang von vorne herunter hen-
gen, auch oͤfters mit einer Schleiffe
Band zuruͤcke wieder hinauf ange-
ſtecket werden.
Gurt,
Heiſſet denen Augſpurgiſchen
Weibes-Bildern ſo viel, als eine
Windelſchnur. Siehe Windel-
ſchnur.
de Guzmann,
Feliciana Henriquez ein gelehr-
tes Frauenzimmer von Sevilien,
lebte zu Anfang des 17. Seculi und
ſchrieb in Spaniſcher Sprache ei-
ne ſehr ſchoͤne Tragicomædia.
Gynæceum,
Oder Frauenzimmer Gemach,
heiſt dasjenige Theil des Hauſes, wo
ſich die Weiber vor Zeiten bey den
Griechen und Roͤmern aufhielten.
Dahero heiſt noch heutiges Tages
dasjenige Gebaͤude ein Gynæceum
oder Frauenzimmer Gemach, wo
eine Anzahl von jungen Frauen-
zimmer beyſammen wohnet, und in
allerhand dem weiblichen Geſchlech-
te anſtehenden Kuͤnſten und Wiſ-
ſenſchaften erzogen wird. In der
Heil. Schrifft wird auch des Frau-
enzimmers, das iſt, des Orts, in
welchem die Weiber und Kebs-Wei-
ber
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