Corvinus, Gottlieb Siegmund: Nutzbares, galantes und curiöses Frauenzimmer-Lexicon. Leipzig, 1715.[Spaltenumbruch]
Carthau Cassan Carthauterin, Margaretha, eine Nürnbergische Carycae, siehe Feigen. Caschet, siehe Courset. Cascodille machen, Heisset im L' Ombre-Spiel Cassandra Fidelis Veneta, Eine gelehrte Venetianerin, Cassandra ist sie ein recht Miracul, und in denEpisteln hat sie nicht ihres gleichen, wovon sie viel Proben an den Tag geleget, und worüber die berühmte- sten Männer, als Politianus, Fulgo- sius, Barbarus und Picus Sannaza- rius, wie auch andere ihre Elogia von sich gestellet. Hiernechst ver- stand sie auch die Griechische Spra- che, Theologie, Philosophie, Histo- rie und Oratorie sehr wohl. Diese vortrefflichen Qualitäten zogen deß- wegen viele Gelehrte nach Vene- dig, um nur dieselbige zu sehen und mit ihr zu conversiren. Ja die höchsten Häupter der Welt, nem- lich Pabst Julius II. und Leo X. Lu- dovicus XII. König von Franck- reich, Ferdinandus König von Ar- ragonien und andere mehr, erzeig- ten ihr die gröste Gnade und Ehre. Sie hat ein Buch de literarum laudibus, wie auch ein anderes de Scientiarum ordine geschrieben, von welchen letztern der Autor del- le Cose notabile della Citta di Ve- netia, einen grossen Staat machet. Sie soll viel Lateinische Verse ex tempore gemacht, auch zu Padua auf öffentlichen Catheder mit de- nen gelehrtesten Männer disputi- ret haben, so gar, daß man ihr end- lich den Doctor-Hut aufgesetzet. Die Oration, welche sie bey einer von Bertrucio Lamberto, gehalte- nen Disputation öffentlich recitiret hat, soll eine ausbündige schöne Rede gewesen seyn. Sie ist zu Modena A. 1487. von Dominico Roconciolo durch den Druck be- kannt gemacht worden. Ihr Mann war Mario Marpellio, ein Medicus von Vicenz, nach dessen Tode sie verwittibt geblieben. Ihr Todt L 3
[Spaltenumbruch]
Carthau Caſſan Carthauterin, Margaretha, eine Nuͤrnbergiſche Carycæ, ſiehe Feigen. Caſchet, ſiehe Courſet. Cascodille machen, Heiſſet im L’ Ombre-Spiel Caſſandra Fidelis Veneta, Eine gelehrte Venetianerin, Caſſandra iſt ſie ein recht Miracul, und in denEpiſteln hat ſie nicht ihres gleichen, wovon ſie viel Proben an den Tag geleget, und woruͤber die beruͤhmte- ſten Maͤnner, als Politianus, Fulgo- ſius, Barbarus und Picus Sannaza- rius, wie auch andere ihre Elogia von ſich geſtellet. Hiernechſt ver- ſtand ſie auch die Griechiſche Spra- che, Theologie, Philoſophie, Hiſto- rie und Oratorie ſehr wohl. Dieſe vortrefflichẽ Qualitaͤten zogen deß- wegen viele Gelehrte nach Vene- dig, um nur dieſelbige zu ſehen und mit ihr zu converſiren. Ja die hoͤchſten Haͤupter der Welt, nem- lich Pabſt Julius II. und Leo X. Lu- dovicus XII. Koͤnig von Franck- reich, Ferdinandus Koͤnig von Ar- ragonien und andere mehr, erzeig- ten ihr die groͤſte Gnade und Ehre. Sie hat ein Buch de literarum laudibus, wie auch ein anderes de Scientiarum ordine geſchrieben, von welchen letztern der Autor del- le Coſe notabile della Citta di Ve- netia, einen groſſen Staat machet. Sie ſoll viel Lateiniſche Verſe ex tempore gemacht, auch zu Padua auf oͤffentlichen Catheder mit de- nen gelehrteſten Maͤnner diſputi- ret haben, ſo gar, daß man ihr end- lich den Doctor-Hut aufgeſetzet. Die Oration, welche ſie bey einer von Bertrucio Lamberto, gehalte- nen Diſputation oͤffentlich recitiret hat, ſoll eine ausbuͤndige ſchoͤne Rede geweſen ſeyn. Sie iſt zu Modena A. 1487. von Dominico Roconciolo durch den Druck be- kannt gemacht worden. Ihr Mann war Mario Marpellio, ein Medicus von Vicenz, nach deſſen Tode ſie verwittibt geblieben. Ihr Todt L 3
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Caſſandra
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Margaretha, eine Nuͤrnbergiſche
Nonne im Cloſter zu St. Catharina,
ſo im XV. Seculo gelebet, und in der
Muſic wohl erfahren geweſen, im-
maſſen ſie vor ungefehr 242. Jah-
ren acht muſicaliſche Choral-Buͤ-
cher geſchrieben, ſo noch in Manu
ſcripto in der Stadt-Bibliothec zu
Nuͤrnberg gezeiget werden. Der
Titul davon heiſſet: Nach Chriſti
Geburt cIↄ CCCC. in dem 48. Jah-
re hat geſchrieben dieß Buch Mar-
garetha Cartheuſerin zu Nutz ihrem
Cloſter zu St. Catharina in Nuͤrn-
berg, Prediger-Ordens. Vid. Sau-
bert. Orat. II. de Biblioth. Norimb.
p 95. Sie hat auch eine Lateini-
ſche gantze Bibel vortrefflich ſchoͤn
abgeſchrieben, ſo auch noch heute
denen Liebhabern gezeuget wird.
Vid Hallervord. Biblioth. Curioſ.
p. 259. & 60.
Carycæ, ſiehe Feigen.
Caſchet, ſiehe Courſet.
Cascodille machen,
Heiſſet im L’ Ombre-Spiel
ehe man die Farbe nennet, worin-
nen man ſpielen will, das erſte
Blatt von der Kauff-Karte auff-
ſchlagen, und nach ſelbiger ſein En
tro einrichten.
Caſſandra Fidelis Veneta,
Eine gelehrte Venetianerin,
deren Vor-Eltern ſich aus Mey-
land auf dieſe weltberuͤhmte Inſul
geſetzet. Dieſe vortreffliche Frau
und Zierde iſt A. 1465. gebohren
worden. Ihr Vater hieß Angelo
Fidelis. In der Lateiniſchen Poeſie
iſt ſie ein recht Miracul, und in den
Epiſteln hat ſie nicht ihres gleichen,
wovon ſie viel Proben an den Tag
geleget, und woruͤber die beruͤhmte-
ſten Maͤnner, als Politianus, Fulgo-
ſius, Barbarus und Picus Sannaza-
rius, wie auch andere ihre Elogia
von ſich geſtellet. Hiernechſt ver-
ſtand ſie auch die Griechiſche Spra-
che, Theologie, Philoſophie, Hiſto-
rie und Oratorie ſehr wohl. Dieſe
vortrefflichẽ Qualitaͤten zogen deß-
wegen viele Gelehrte nach Vene-
dig, um nur dieſelbige zu ſehen und
mit ihr zu converſiren. Ja die
hoͤchſten Haͤupter der Welt, nem-
lich Pabſt Julius II. und Leo X. Lu-
dovicus XII. Koͤnig von Franck-
reich, Ferdinandus Koͤnig von Ar-
ragonien und andere mehr, erzeig-
ten ihr die groͤſte Gnade und Ehre.
Sie hat ein Buch de literarum
laudibus, wie auch ein anderes de
Scientiarum ordine geſchrieben,
von welchen letztern der Autor del-
le Coſe notabile della Citta di Ve-
netia, einen groſſen Staat machet.
Sie ſoll viel Lateiniſche Verſe ex
tempore gemacht, auch zu Padua
auf oͤffentlichen Catheder mit de-
nen gelehrteſten Maͤnner diſputi-
ret haben, ſo gar, daß man ihr end-
lich den Doctor-Hut aufgeſetzet.
Die Oration, welche ſie bey einer
von Bertrucio Lamberto, gehalte-
nen Diſputation oͤffentlich recitiret
hat, ſoll eine ausbuͤndige ſchoͤne
Rede geweſen ſeyn. Sie iſt zu
Modena A. 1487. von Dominico
Roconciolo durch den Druck be-
kannt gemacht worden. Ihr
Mann war Mario Marpellio, ein
Medicus von Vicenz, nach deſſen
Tode ſie verwittibt geblieben. Ihr
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