Corvinus, Gottlieb Siegmund: Nutzbares, galantes und curiöses Frauenzimmer-Lexicon. Leipzig, 1715.[Spaltenumbruch]
Tütsch wuste, wolte sie eine Probe ihrerUnschuld ablegen nahm dahero ein löcherichtes Sieb, gienge damit zum Tyber-Fluß, schöpffte daraus mit dem Sieb Wasser, und sagte: O du heilige Göttin Vesta, wofern ich noch rein und keusch bin, so will ich ohnfehlbar dieses Wasser in ge- genwärtigen Sieb unverschüttet zu deinem Tempel bringen, welches sie auch in der That praestiret und gethan. Tütschen, Heissen den Weibern und Köchin- Tütsch-Mütter, Heissen diejenigen Weiber und Tutti Tyro Tutti, oder, Totos machen, Heisset im L'Ombre Spiel, Tutulina, War eine sehr alte Göttin, so Tyro, Eine Jungfer aus Thessalien, V. U. T t t 2
[Spaltenumbruch]
Tuͤtſch wuſte, wolte ſie eine Probe ihrerUnſchuld ablegen nahm dahero ein loͤcherichtes Sieb, gienge damit zum Tyber-Fluß, ſchoͤpffte daraus mit dem Sieb Waſſer, und ſagte: O du heilige Goͤttin Veſta, wofern ich noch rein und keuſch bin, ſo will ich ohnfehlbar dieſes Waſſer in ge- genwaͤrtigen Sieb unverſchuͤttet zu deinem Tempel bringen, welches ſie auch in der That præſtiret und gethan. Tuͤtſchen, Heiſſen den Weibern und Koͤchin- Tuͤtſch-Muͤtter, Heiſſen diejenigen Weiber und Tutti Tyro Tutti, oder, Totos machen, Heiſſet im L’Ombre Spiel, Tutulina, War eine ſehr alte Goͤttin, ſo Tyro, Eine Jungfer aus Theſſalien, V. U. T t t 2
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Tuͤtſch
Tutti Tyro
wuſte, wolte ſie eine Probe ihrer
Unſchuld ablegen nahm dahero ein
loͤcherichtes Sieb, gienge damit
zum Tyber-Fluß, ſchoͤpffte daraus
mit dem Sieb Waſſer, und ſagte:
O du heilige Goͤttin Veſta, wofern
ich noch rein und keuſch bin, ſo will
ich ohnfehlbar dieſes Waſſer in ge-
genwaͤrtigen Sieb unverſchuͤttet
zu deinem Tempel bringen, welches
ſie auch in der That præſtiret und
gethan.
Tuͤtſchen,
Heiſſen den Weibern und Koͤchin-
nen zweyerley: einmahl bedeutet es
diejenigen abgewuͤrtzten, uñ mit al-
lerhand Sachen ſchmackbar ange-
machte Bruͤhen, ſo uͤber das gekoch-
te Fleiſch, oder geſottene Fiſchwerck
angerichtet werden; das andere
mahl heiſſet es alles dasjenige, was
man an ſtatt des Sallats in einem
abſonderlichen Commentlein zum
kalten oder warmen Gebratens
zum tuͤtſchen und eintuncken auff-
zuſetzen pfleget, es ſey nun ſolches
gleich etwas ſauers, oder ſuͤß ange-
machtes: als z.E. Kirſch-Tuͤtſche,
Kirſch-Eßig, u. d. g. m.
Tuͤtſch-Muͤtter,
Heiſſen diejenigen Weiber und
guten Bekandten, von einer Braut
oder Sechswoͤchnerin, ſo in die
Kuchen-Kammer geſtellet werden,
um die Geſchenck-Kuchen, oder bey
Kindtauffen die Pfannen-Kuchen
darinnen auszutheilen, ſuͤſſe Kan-
nen anzumachen, und die Gevat-
tern mit bedienen zu helffen.
Tutti, oder, Totos machen,
Heiſſet im L’Ombre Spiel,
wenn der Spieler alle neun Sti-
che oder Leſten bekoͤmmt, und ſich
ſelbiges von denen Gegenſpielern
abſonderlich bezahlen laͤſt, es muß
ſich aber ſelbiger vor Ausſpielung
der ſechſten Leſte entſchlieſſen, ob
er hinaus ſpielen will oder nicht,
ſpiehlt er hinaus, und verliehrt ei-
ne von dieſen neunen, muß er ſol-
ches Totos ſeinen contra-Spielern
ſelbſt bezahlen, doch hebet er die
bete darbey.
Tutulina,
War eine ſehr alte Goͤttin, ſo
dem in die Scheunen gebrachten
und abgemeyeten Getraydig vor-
geſetzet ward, damit ſelbiges dar-
innen ſicher beygeleget und auffge-
hoben bliebe; wovon ſie auch die-
ſen Nahmen bekommen.
Tyro,
Eine Jungfer aus Theſſalien,
des Salmonei, und der Alcides
Tochter, welche von ihrer Stieff-
Mutter Sidero genannt, ſehr uͤbel
gehalten ward. Sie ward von
dem Neptunus, ſo die Geſtalt ih-
res rechten Liebhabers des Epinei,
an ſich genommen hatte, geſchwaͤ-
chet, und gebahr 2. Zwillinge, de-
ren einer Pelias, der andere aber
Neleus benennet ward. Der er-
ſtere als er erwachſen war, raͤchete
ſich an der Stieff-Mutter Sidero,
die ſeiner Mutter, der Tyro, viel
Verdruß angethan, und erſtach
ſie vor dem Altar, in dem Tempel
der Junonis.
V. U.
T t t 2
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