Als Adam erwachte, lag die Sonne in breiten Licht- und Wärmemassen im Zimmer. Die Luft war schwül, schweißdurchdünstet. Adam hob den Kopf aus den Kissen und sah sich um. Allmählich kehrte ihm die Erinnerung zurück, er entsann sich, wie es gekommen war, daß Emmy da im Sessel, kaum einen Schritt von ihm entfernt, saß und schlief. Ach ja! Das war gestern ein böser Tag ge- wesen und ein wüster Abend. Aber nun war der Spuk verflogen, das kleine Weib da hatte seine letzten schwarzen Schatten zu verscheuchen gewußt. Adam fühlte sich heute wohler, im Ganzen gestärkt und gekräftigt, wenn er auch noch eine träge Schwere und Mattigkeit in den Gliedern verspürte und einen heftigen Schmerz im Hinterkopf. Auch das Genick war steif geworden, jede Bewegung zuckte stechend in den Schläfen nach. Adam beschloß, leise aufzu- stehen. Die Zeit lief auf Neun, es war also schon spät genug. Aber Emmy konnte noch ruhig weiter schlafen. Ihr Athem ging tief und langsam. Der Kopf ruhte in halber Wendung nach links zwanglos an der Lehne, auf der Stirn standen ein paar kleine
XIX.
Als Adam erwachte, lag die Sonne in breiten Licht- und Wärmemaſſen im Zimmer. Die Luft war ſchwül, ſchweißdurchdünſtet. Adam hob den Kopf aus den Kiſſen und ſah ſich um. Allmählich kehrte ihm die Erinnerung zurück, er entſann ſich, wie es gekommen war, daß Emmy da im Seſſel, kaum einen Schritt von ihm entfernt, ſaß und ſchlief. Ach ja! Das war geſtern ein böſer Tag ge- weſen und ein wüſter Abend. Aber nun war der Spuk verflogen, das kleine Weib da hatte ſeine letzten ſchwarzen Schatten zu verſcheuchen gewußt. Adam fühlte ſich heute wohler, im Ganzen geſtärkt und gekräftigt, wenn er auch noch eine träge Schwere und Mattigkeit in den Gliedern verſpürte und einen heftigen Schmerz im Hinterkopf. Auch das Genick war ſteif geworden, jede Bewegung zuckte ſtechend in den Schläfen nach. Adam beſchloß, leiſe aufzu- ſtehen. Die Zeit lief auf Neun, es war alſo ſchon ſpät genug. Aber Emmy konnte noch ruhig weiter ſchlafen. Ihr Athem ging tief und langſam. Der Kopf ruhte in halber Wendung nach links zwanglos an der Lehne, auf der Stirn ſtanden ein paar kleine
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XIX.
Als Adam erwachte, lag die Sonne in breiten
Licht- und Wärmemaſſen im Zimmer. Die Luft
war ſchwül, ſchweißdurchdünſtet. Adam hob den
Kopf aus den Kiſſen und ſah ſich um. Allmählich
kehrte ihm die Erinnerung zurück, er entſann ſich,
wie es gekommen war, daß Emmy da im Seſſel,
kaum einen Schritt von ihm entfernt, ſaß und ſchlief.
Ach ja! Das war geſtern ein böſer Tag ge-
weſen und ein wüſter Abend. Aber nun war der
Spuk verflogen, das kleine Weib da hatte ſeine
letzten ſchwarzen Schatten zu verſcheuchen gewußt.
Adam fühlte ſich heute wohler, im Ganzen geſtärkt
und gekräftigt, wenn er auch noch eine träge Schwere
und Mattigkeit in den Gliedern verſpürte und einen
heftigen Schmerz im Hinterkopf. Auch das Genick
war ſteif geworden, jede Bewegung zuckte ſtechend
in den Schläfen nach. Adam beſchloß, leiſe aufzu-
ſtehen. Die Zeit lief auf Neun, es war alſo ſchon
ſpät genug. Aber Emmy konnte noch ruhig weiter
ſchlafen. Ihr Athem ging tief und langſam. Der
Kopf ruhte in halber Wendung nach links zwanglos
an der Lehne, auf der Stirn ſtanden ein paar kleine
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Conradi, Hermann: Adam Mensch. Leipzig, [1889], S. [427]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/conradi_adam_1889/435>, abgerufen am 21.11.2024.
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