Conradi, Hermann: Adam Mensch. Leipzig, [1889].XVII. Am anderen Morgen erhielt Adam einen Brief "Lieber Adam! Warum bist Du heute Abend XVII. Am anderen Morgen erhielt Adam einen Brief „Lieber Adam! Warum biſt Du heute Abend <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0372" n="[364]"/> <div n="1"> <head> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#aq">XVII.</hi> </hi> </head><lb/> <p>Am anderen Morgen erhielt Adam einen Brief<lb/> von Hedwig. Irmers Mädchen hatte ihn ſchon<lb/> ſehr früh in ſeiner Wohnung abgegeben. Hedwig<lb/> ſchrieb:</p><lb/> <p>„Lieber Adam! Warum biſt Du heute Abend<lb/> nicht gekommen, wie Du verſprochen hatteſt? Ich<lb/> habe Dich ſo ſehnſüchtig erwartet. Bis gegen Zehn.<lb/> Nun iſt es faſt Elf. Ich bin ganz allein, Papa iſt ſchon<lb/> zu Bett — ich kann nicht anders: ich muß Dir<lb/> noch ſchreiben. Es iſt mir ſo ſchwer, ſo ſchwer<lb/> ums Herz. Bitte komme morgen früh beſtimmt.<lb/> Ach Adam! Ich habe ja nur Dich noch — und<lb/> wenn Du mich verläßt, wäre es mein Tod. Aber<lb/> nein! — nicht wahr? — Du bleibſt Deiner Hedwig<lb/> gut? Papa iſt ſehr unglücklich. Das hätten wir<lb/> doch nicht thun ſollen. Er hat mich freundlich auf-<lb/> genommen, er weinte, als ich kam, und hat mir<lb/> gar keine Vorwürfe gemacht. Er hat aber den ganzen<lb/> Nachmittag faſt kein Wort weiter geſprochen. Nur<lb/> einen Brief hat er mir gezeigt, der heute früh an-<lb/> gekommen war. Es iſt zu ſchrecklich. Mir will das<lb/> Herz brechen, wenn ich daran denke, was für Schreck-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [[364]/0372]
XVII.
Am anderen Morgen erhielt Adam einen Brief
von Hedwig. Irmers Mädchen hatte ihn ſchon
ſehr früh in ſeiner Wohnung abgegeben. Hedwig
ſchrieb:
„Lieber Adam! Warum biſt Du heute Abend
nicht gekommen, wie Du verſprochen hatteſt? Ich
habe Dich ſo ſehnſüchtig erwartet. Bis gegen Zehn.
Nun iſt es faſt Elf. Ich bin ganz allein, Papa iſt ſchon
zu Bett — ich kann nicht anders: ich muß Dir
noch ſchreiben. Es iſt mir ſo ſchwer, ſo ſchwer
ums Herz. Bitte komme morgen früh beſtimmt.
Ach Adam! Ich habe ja nur Dich noch — und
wenn Du mich verläßt, wäre es mein Tod. Aber
nein! — nicht wahr? — Du bleibſt Deiner Hedwig
gut? Papa iſt ſehr unglücklich. Das hätten wir
doch nicht thun ſollen. Er hat mich freundlich auf-
genommen, er weinte, als ich kam, und hat mir
gar keine Vorwürfe gemacht. Er hat aber den ganzen
Nachmittag faſt kein Wort weiter geſprochen. Nur
einen Brief hat er mir gezeigt, der heute früh an-
gekommen war. Es iſt zu ſchrecklich. Mir will das
Herz brechen, wenn ich daran denke, was für Schreck-
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