Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Clausewitz, Carl von: Vom Kriege. Bd. 3. Berlin, 1834.

Bild:
<< vorherige Seite

Entwurf
der
dem Herrn General von Gaudi vorgelegt wurde.

Bei der Ansicht daß es nur eine vorläufige Kenntniß
sein soll welche Se. Königliche Hoheit der Kronprinz
durch mich von der Kriegskunst erhalten werden, und
daß Höchstdieselben dadurch in den Stand gesetzt werden
sollen die neuere Kriegsgeschichte zu verstehen, kommt es
mir vorzüglich darauf an dem Prinzen eine deutliche Vor-
stellung vom Kriege zu geben, und zwar auf einem Wege
der nicht zu weitläuftig ist und des Prinzen Kräfte nicht
zu sehr in Anspruch nimmt.

Denn bei dem Studio einer Wissenschaft die man
aus dem Grunde erlernen will, wird erfordert daß man
derselben seine Kräfte und Zeit eine Zeit lang vorzugs-
weise widmet, und dies scheint beim Kronprinzen noch zu
früh zu sein.

Ich habe aus diesen Rücksichten den folgenden Weg
gewählt, der mir der natürlichen Ideenreihe eines jungen
Menschen am nächsten zu liegen schien.

Mein höchstes Bestreben wird dabei sein: einmal,
dem Prinzen immer verständlich zu bleiben, weil sonst bei
dem aufmerksamsten Schüler sehr bald Langeweile, Zer-
streuung und Ekel vor dem Gegenstande eintritt; zweitens,
ihm keine falschen Vorstellungen in irgend einer Sache zu


Entwurf
der
dem Herrn General von Gaudi vorgelegt wurde.

Bei der Anſicht daß es nur eine vorlaͤufige Kenntniß
ſein ſoll welche Se. Koͤnigliche Hoheit der Kronprinz
durch mich von der Kriegskunſt erhalten werden, und
daß Hoͤchſtdieſelben dadurch in den Stand geſetzt werden
ſollen die neuere Kriegsgeſchichte zu verſtehen, kommt es
mir vorzuͤglich darauf an dem Prinzen eine deutliche Vor-
ſtellung vom Kriege zu geben, und zwar auf einem Wege
der nicht zu weitlaͤuftig iſt und des Prinzen Kraͤfte nicht
zu ſehr in Anſpruch nimmt.

Denn bei dem Studio einer Wiſſenſchaft die man
aus dem Grunde erlernen will, wird erfordert daß man
derſelben ſeine Kraͤfte und Zeit eine Zeit lang vorzugs-
weiſe widmet, und dies ſcheint beim Kronprinzen noch zu
fruͤh zu ſein.

Ich habe aus dieſen Ruͤckſichten den folgenden Weg
gewaͤhlt, der mir der natuͤrlichen Ideenreihe eines jungen
Menſchen am naͤchſten zu liegen ſchien.

Mein hoͤchſtes Beſtreben wird dabei ſein: einmal,
dem Prinzen immer verſtaͤndlich zu bleiben, weil ſonſt bei
dem aufmerkſamſten Schuͤler ſehr bald Langeweile, Zer-
ſtreuung und Ekel vor dem Gegenſtande eintritt; zweitens,
ihm keine falſchen Vorſtellungen in irgend einer Sache zu

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0219" n="[205]"/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#g">Entwurf</hi><lb/>
der<lb/>
dem Herrn General von Gaudi vorgelegt wurde.</head><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          <p><hi rendition="#in">B</hi>ei der An&#x017F;icht daß es nur eine vorla&#x0364;ufige Kenntniß<lb/>
&#x017F;ein &#x017F;oll welche Se. Ko&#x0364;nigliche Hoheit der Kronprinz<lb/>
durch mich von der Kriegskun&#x017F;t erhalten werden, und<lb/>
daß Ho&#x0364;ch&#x017F;tdie&#x017F;elben dadurch in den Stand ge&#x017F;etzt werden<lb/>
&#x017F;ollen die neuere Kriegsge&#x017F;chichte zu ver&#x017F;tehen, kommt es<lb/>
mir vorzu&#x0364;glich darauf an dem Prinzen eine deutliche Vor-<lb/>
&#x017F;tellung vom Kriege zu geben, und zwar auf einem Wege<lb/>
der nicht zu weitla&#x0364;uftig i&#x017F;t und des Prinzen Kra&#x0364;fte nicht<lb/>
zu &#x017F;ehr in An&#x017F;pruch nimmt.</p><lb/>
          <p>Denn bei dem Studio einer Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaft die man<lb/>
aus dem Grunde erlernen will, wird erfordert daß man<lb/>
der&#x017F;elben &#x017F;eine Kra&#x0364;fte und Zeit eine Zeit lang vorzugs-<lb/>
wei&#x017F;e widmet, und dies &#x017F;cheint beim Kronprinzen noch zu<lb/>
fru&#x0364;h zu &#x017F;ein.</p><lb/>
          <p>Ich habe aus die&#x017F;en Ru&#x0364;ck&#x017F;ichten den folgenden Weg<lb/>
gewa&#x0364;hlt, der mir der natu&#x0364;rlichen Ideenreihe eines jungen<lb/>
Men&#x017F;chen am na&#x0364;ch&#x017F;ten zu liegen &#x017F;chien.</p><lb/>
          <p>Mein ho&#x0364;ch&#x017F;tes Be&#x017F;treben wird dabei &#x017F;ein: einmal,<lb/>
dem Prinzen immer ver&#x017F;ta&#x0364;ndlich zu bleiben, weil &#x017F;on&#x017F;t bei<lb/>
dem aufmerk&#x017F;am&#x017F;ten Schu&#x0364;ler &#x017F;ehr bald Langeweile, Zer-<lb/>
&#x017F;treuung und Ekel vor dem Gegen&#x017F;tande eintritt; zweitens,<lb/>
ihm keine fal&#x017F;chen Vor&#x017F;tellungen in irgend einer Sache zu<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[205]/0219] Entwurf der dem Herrn General von Gaudi vorgelegt wurde. Bei der Anſicht daß es nur eine vorlaͤufige Kenntniß ſein ſoll welche Se. Koͤnigliche Hoheit der Kronprinz durch mich von der Kriegskunſt erhalten werden, und daß Hoͤchſtdieſelben dadurch in den Stand geſetzt werden ſollen die neuere Kriegsgeſchichte zu verſtehen, kommt es mir vorzuͤglich darauf an dem Prinzen eine deutliche Vor- ſtellung vom Kriege zu geben, und zwar auf einem Wege der nicht zu weitlaͤuftig iſt und des Prinzen Kraͤfte nicht zu ſehr in Anſpruch nimmt. Denn bei dem Studio einer Wiſſenſchaft die man aus dem Grunde erlernen will, wird erfordert daß man derſelben ſeine Kraͤfte und Zeit eine Zeit lang vorzugs- weiſe widmet, und dies ſcheint beim Kronprinzen noch zu fruͤh zu ſein. Ich habe aus dieſen Ruͤckſichten den folgenden Weg gewaͤhlt, der mir der natuͤrlichen Ideenreihe eines jungen Menſchen am naͤchſten zu liegen ſchien. Mein hoͤchſtes Beſtreben wird dabei ſein: einmal, dem Prinzen immer verſtaͤndlich zu bleiben, weil ſonſt bei dem aufmerkſamſten Schuͤler ſehr bald Langeweile, Zer- ſtreuung und Ekel vor dem Gegenſtande eintritt; zweitens, ihm keine falſchen Vorſtellungen in irgend einer Sache zu

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Clausewitz' "Vom Kriege" erschien zu Lebzeiten de… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/clausewitz_krieg03_1834
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/clausewitz_krieg03_1834/219
Zitationshilfe: Clausewitz, Carl von: Vom Kriege. Bd. 3. Berlin, 1834, S. [205]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clausewitz_krieg03_1834/219>, abgerufen am 20.11.2024.